St. Anna am Aigen
Die Männer von Sichauf beherrschen noch das Kalkbrennen
Die alte Kunst des Kalkbrennens wurde in Sichauf bei St. Anna am Aigen von den Männern des Dorfes beherrscht – und nun in Verbindung mit einem Fest der Bevölkerung gezeigt.
SICHAUF. Das Kalkbrennen in Sichauf wurde mit einem über mehrere Tage dauernden Fest gefeiert. „Der dabei erzielte finanzielle Reingewinn wird für die Renovierung der Dorfkapelle verwendet“, gab der Obmann der Kapellengemeinschaft, Josef Pfeiler, bekannt.
Der Bau des Kalkbrennofens
Nur noch die ältesten Männer des Dorfes erinnern sich an den Bau eines Kalkbrennofens und die Kunst des Brennens der aus dem Boden gegrabenen, mehrere Millionen Jahre alten Kalkblöcke.
Dafür musste in Sichauf vorerst ein Brennofen gebaut werden. „Der runde Ofen wird mit Ziegeln für die bessere Isolierung in eine Böschung rund eineinhalb Meter hoch, nach oben hin offen gelassen, gemauert. An der unteren Vorderseite bleiben am Boden das Zugloch und darüber das Heizloch offen, und innen am Boden wird ein Ziegelkranz gemauert, auf dem die ersten zu brennenden Kalksteinreihen aufgesetzt werden können", erklärt Ernst Hackl, der diese Arbeit von seinem Vater Gottfried gelernt hat. Die größeren Kalkstücke werden wie ein Gewölbe in den Ofen gesetzt, und der Oberteil wird mit Lehm verschmiert.
Kalkbrennen ist gefährlich
Rund 1,5 m3 Holz sind für den Brand notwendig, der etwa 40 Stunden ohne Unterbrechung dauert. Tag und Nacht, rund um die Uhr wird gefeuert. Der Kalk wird auf 900 bis 1.300 Grad Celsius erhitzt, sodass die Steine zu glühen beginnen und an den Kuppelspalten die Flammen herausschlagen.
Nach Brandende kühlt der Ofen innerhalb von 50 Stunden ab, wonach die gebrannten Kalksteine aus dem Ofen geräumt werden. Der gebrannte Kalk wird in Wasser eingelöscht, damit er nicht zerbröselt. Auch das Einlöschen erfordert Können und Vorsicht. Der Kalk wird kochend heiß und spritzt gefährlich bis in Augenhöhe. Dabei verwandelt sich der Kalk in eine weiße Creme, die in einer in die Erde gegrabenen Kalkgrube oder in einem Blechfass mehrere Monate gelagert werden muss.
Kalkgruben bestanden noch bis nach 1960 bei fast allen Bauernhöfen und bei den Werkstätten der Maler und Baumeister. Der Altbauer Gottfried Hackl erinnert sich: „In den frisch eingelöschten Kalk hat man Sand geschüttet und dieses ,Gmalter', also den Mörtel, für das Mauern von Ziegelgewölben in Kellern oder in Kirchen verwendet. War das Gewölbe aufgebaut, wurden die Ziegelzwischenräume mit heißem Gmalter vergossen. Es wurde derart hart, dass es vom Ziegel nicht mehr abzuschlagen war.“
Mit Kalk seien auch alle Wände des Hauses und der Stallungen gestrichen worden. War ein Hausbewohner schwer erkrankt, habe man nach dessen Genesung oder Tod die Zimmerwände mit Kalkmilch überstrichen. Denn: Kalk wirke desinfizierend und sei deshalb auch auf die Felder gestreut worden.
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