Corona-Pandemie
Ein Fest der Unschärfe

- hochgeladen von martin krusche
Der Pfingstsonntag hat für Gläubige als 50. Tag der Osterzeit besonderen Rang. Gott sandte einst den heiligen Geist zu den Menschen. Das Banner über dem Gleisdorfer Kirchenportal nennt das Ziel. Er „stiftet Gemeinschaft und Frieden“.
Am Platz vor dem Kirchriegel schien dieser Effekt noch zu wackeln. Eine der Tafeln aus dem Kreis Protestierender forderte „Schluß mit dem Affen-Theater“. Ein Banner am muskulösen Lautsprecherwagen verkündete: „Nein zum Impfzwang“, der ohnehin nicht in Sicht ist.
Die Nummer ist ein Klassiker. Man behauptet ein Problem, als dessen Lösung man sich anbietet. Man gibt seine Partikularinteressen als allgemeines Interesse aus, egal wie klein dieses „Wir“ gerade ist und wie tief die konkreten Interessen dieses Grüppchens im Nebel der Unschärfe verbleiben.
Das Fest der Unschärfe formierte sich zu einer profanen Prozession, die am Gastgarten der Laurenzibräu vorbeizog. Winkend. Von den Tischen wurde zurückgewinkt. Da saßen immerhin zwei Stadtpolitiker, mit denen man ein Gespräch hätte suchen können, falls man ein konkretes politisches Anliegen hat.
Meine bevorzugte Annahme lautet: Wenn wir nicht dafür sorgen können, daß Menschen aus Politik und Zivilgesellschaft sich wieder tauglich verständigen, um schließlich zu kooperieren, ebnen wir Wege zu einem autoritären Staat. Das macht nun Arbeit auf beiden Seiten.
Was Gleisdorf angeht, Kulturreferent Karl Bauer und Gemeinderat Josef Tschida sind umgängliche Männer, kommunikativ und mit oststeirischen Belangen gut vertraut. Wie leicht wäre es, mit ihnen eine Gesprächs- und Arbeitssituation herbeizuführen. Aber offenkundig geht es nicht um politisches Engagement, sondern um Spannungsabfuhr, Geselligkeit und etwas Spaß unter Polizeigeleit.
Die Mühen der konkreten politischen Arbeit sind ja auch wirklich vergleichsweise sauer, wenn man stattdessen winkend durch die Stadt ziehen kann, dabei via Lautsprecher einen Vortrag abspult, der das ganze Geschehen zur holpernden Wanderkonferenz macht, bei der sich die bewegten Seelen sehr rebellisch fühlen können, weil sie mit der Polizei zu tun haben, ohne daß ihnen Unbill droht. Es hat schon was, daß die frische Pfingstvision dieser Leute auf dem oben genannten Schild genau so formuliert wurde: „Schluß mit dem Affen-Theater“.




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