"Eismayer"-Star Gerhard Liebmann
"Es tut mir leid, ich war Zivildiener"

Böse Miene zum guten Spiel: Eismayer (Liebmann) verlangt seinen Soldaten schonungslos alles ab. | Foto: Golden Girls Film
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Der nächste "Glücks-Treffer" ist Gerhard Liebmann: In unserem neuen Format gibt sich der Schauspieler aus Graz hautnah und erzählt, wie er für den Film "Eismayer" (erobert gerade die heimischen Kinos) zu Österreichs berühmt-berüchtigten Bundesheer-Ausbilder wurde. Ein Mann, der sein Herz an einen jungen Soldaten verlor und dieses Geheimnis um jeden Preis hüten wollte. Die wahre Story berührt - auch Liebmann, wie er im amüsant-spannenden Talk mit viel steirischem Schmäh verrät. 

ÖSTERREICH. Gerhard Liebmann ist der Mann mit den vielen Gesichtern. Im neuen Kinokracher wird er zu Charles "Eismayer" (Regie: David Wagner), dem knallharten Bundesheer-Ausbilder, der mit einer geheimen Liebe und seinem Outing strauchelte. Weniger strauchelnd, dafür sehr wortgewandt präsentiert sich der 1970 in Graz geborene Schauspieler, der bereits in Filmen wie „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“, „Atmen“ oder „Bad Fucking“ gewerkt hatte. 

Im "Glücks-Treffer"-Interview verrät er, welche Drohungen von Eismayer ihm anfangs die Sprache verschlugen, warum Heimat für ihn schier undefinierbar ist - und wo sich seine hochkarätigen Schauspielpreise tummeln. 

Langsam kommen sich die beiden beim Bundesheer näher. | Foto: Golden Girls Film
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"Dafür töte ich dich"

RegionalMedien Austria: Was bedeutet Glück für dich?
Gerhard Liebmann: (lacht) Eine supergroße Frage zum Einstieg! Glück ist leider nicht auf ewig haltbar. Das sind einzelne Momente, die man erlebt oder erlebt hat. Festhalten kann man Glück leider nicht. Das Glück ist ein Vogerl - dieses Sprichwort bewahrheitet sich immer wieder. Man muss es genießen, wenn es kommt.

Wie viel Gefühl braucht es, den wohl härtesten Ausbilders des Heers zu spielen?
Gefühl ist eine Eigenschaft, die man als Schauspieler immer haben sollte. Egal, welche Rolle man spielt. Die Empathiefähigkeit ist etwas Wesentliches, um einen anderen Menschen zu spüren und zu erspüren. In dem Fall kommt dazu, dass unser Film "Eismayer" auf einer realen Geschichte basiert. Eismayer ist aus Fleisch und Blut. Ich hatte tatsächlich ein Vorbild, den ich so auch darstellen wollte. Ihn kennen ja viele Leute vom Bundesheer. Er ist eine Legende - ob gut oder schlecht, lasse ich dahingestellt. Ich wollte ihn so spielen, dass er für die Leute wiedererkennbar ist.

Wie hat denn der echte Charles Eismayer auf deine Darstellung reagiert?
Sehr positiv. Er war anfangs skeptisch, ob das auch wirklich was wird. Am letzten Tag in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien meinte er zu mir: "Burschi, wenn du willst: Ich geh bald in Pension, da kannst du als Ausbilder weiterarbeiten und auch mein Namensschild tragen." (lacht) Da habe ich mir gedacht: Scheinbar hat es gepasst, wie ich ihn gespielt habe.

Hat auch bei eurer ersten Begegnung alles gepasst?
Diese Geschichte unseres Kennenlernens ist so lustig, die erzähle ich gerne. Ich habe Eismayer gut ein Jahr vor Drehbeginn angerufen, um mich vorzustellen. Ich bin ja gut erzogen.  

"Er hat natürlich sofort gefragt: 'Und, wo warst?' Er meinte damit, wo ich eingerückt war. Ich habe geantwortet: 'Es tut mir leid, ich war Zivildiener.' Daraufhin folgte am Telefon ein langes Schweigen, Eismayer sagte dann: 'Dafür töte ich dich.'"

So habe ich ihn kennengelernt (lacht). Damals wusste ich noch nicht, wie ich das einordnen soll. Ich habe bald gemerkt, dass seine Sprache sehr hart ist, also konnte ich das relativieren. Aber am Anfang habe ich mich geschreckt.

Du warst also Zivildiener und nicht beim Heer. Wie groß ist dein Respekt gegenüber dem Bundesheer?
Ich habe ein gutes und entspanntes Verhältnis. Ich finde die Institution wichtig, sie hat eine  Funktion in unserer Gesellschaft und gehört mit finanziellen Mitteln ausgestattet. Wie ich jünger war, hatte ich diese Sichtweise noch nicht. Ich bin aus Überzeugung Zivildiener. Nicht, weil ich mich vor etwas drücken wollte. Aber ich habe für mich gespürt, dass das nicht mein Ding ist. Ich kann mit Waffen und Strukturen nicht umgehen. Allerdings braucht man sich nur anschauen, was gerade seit Monaten um uns herum passiert. Der Mensch ist so gestrickt, dass er so viele Ideale haben kann, wie er will, aber wenn es hart auf hart kommt, es an Ressourcen, Essen, usw. fehlt, dann fährt er den Ellbogen aus. Dann ist man vor nichts geschützt. Und deswegen ist es wichtig, dass jemand an unserer Grenze steht. 

Eismayer kämpft dagegen an, seine Liebe zu Mario öffentlich zu machen. | Foto: Golden Girls Film
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"Diese Geschichte bricht unsere Vorurteile und Vorstellungen von vermeintlicher Männlichkeit und Stärke und setzt sie neu zusammen", meinte das Produzenten-Duo Arash T. Riahi und Sabine Gruber über "Eismayer". Wie siehst du das?
Männlichkeit ist ein großes Thema. Da brauchst du nur in eine Kaserne zu gehen - es herrscht ist ein eigenes Gefühl. Das hat viel mit Männlichkeit zu tun - oder besser gesagt von einem Bild von Männlichkeit, das sehr stark traditionelle Rollenmuster bedient. Ich glaube, dass unser Film diesbezüglich sehr wichtig ist. So eine Liebesgeschichte in so einem Umfeld zu sehen, macht was mit den Leuten. Der Mensch denkt in eingefahrenen Bahnen. Und wenn man etwas sieht, dass diese Denkmuster aufbricht, löst das vielleicht einen Nachdenkprozess aus. Das Sehen einer anderen Möglichkeit kann andere Gedanken befeuern: Muss es denn immer so sein, wie es bis jetzt war? Oder kann es vielleicht auch anders und besser sein? Man sollte jetzt nicht die großen Erwartungen haben, dass sich jetzt alles verändert diesbezüglich wegen unseres Films. Aber wird liefern damit vielleicht ein Baustein, mit dem man irgendwann einen offenen Umgang erreicht. Die offizielle Haltung beim Bundesheer ist ja die, dass sie offen sind. Die Realität ist oft noch eine andere. Vielleicht trägt "Eismayer" dazu bei, dass es wirklich so wird.

Du meinst damit auch das Thema Homosexualität, denn Eismayer verliebt sich in den Soldaten Mario ...  
Da gab es Zeiten, da musste man diese Liebe verstecken, sonst wurde man ausgestoßen. Das hat auch Eismayer zu mir gesagt, der noch einer anderen Generation angehört: Hätte er sich als junger Soldat geoutet, hätte er seine Job an den Nagel hängen können. Er hätte in dem Umfeld des Bundesheers keine Karriere machen können - und das glaube ich auch. Das hat sich mittlerweile verändert: Mario ist jünger und schon lange geoutet - ihm hat das nicht geschadet. Aber ich glaube schon, dass er es von unterschiedlichen Seiten zu spüren kriegt. Es hat sich da aber definitiv etwas verändert in den letzten 30 Jahren, als Eismayer eben noch jung war. Da haben wir Fortschritte gemacht.

Wie wichtig ist die Tatsache, dass der Film eine echte Liebesgeschichte zweier Männer porträtiert? 
Sehr wichtig. Wenn es eine erfundene Story wäre, würden die Leute den Film als lieb abtun, so in die Richtung: "Da ist ihnen aber eine nette Liebesgeschichte beim Bundesheer eingefallen". Es bleibt aber fiktional. Da unser Film auf etwas Wahrem beruht, hat er eine ganze andere Kraft. 

In herausfordernden, krisenhaften Zeiten wie diesen: Wie wichtig empfindest du Geschichten mit Happy End - wie etwa die von Eismayer und Mario?
Ich denke, dass das Happy End immer wichtig ist, aber speziell in krisenhaften Zeiten. Wenn alles unsicher ist, kann das Happy End für einen kurzen Moment bestätigen, dass eh alles gut wird. Es geht gut aus. Wenn rundherum nichts in Ordnung ist, bieten Happy Ends einen kurzen Moment der Flucht, wo man durchschnaufen kann und fühlt, dass das Gute siegt. Das Bedürfnis nach solchen Geschichten ist in schwierigen Zeiten größer. Sie können einem auch einen Halt geben - dass man nicht den Mut verliert und den Glauben daran, dass alles gut ausgeht.

Wie bleibst du in Balance?

Ganz allgemein gesagt: Mit einer ausgewogenen Ernährung, viel Schlaf, viel Bewegung an der frischen Luft und guten Sozialkontakte. Das sind meine Bausteine.

Apropos frische Luft: Du bist in der Steiermark geboren, hast aber in deinem Leben in anderen Bundesländern, aber auch in anderen Staaten gelebt. Was bedeutet Heimat für dich und wo fühlst du dich zuhause?
Der Heimatbegriff ist grundsätzlich ein schwieriger für mich. Die geografische Heimat ist da, wo ich geboren bin. Aber wenn ich gefragt werde, wo ich mich zuhause fühle, dann würde ich nicht unbedingt die Heimat nennen. Das Gefühl von Zuhause geht eher mit Menschen einher: Menschen, die mir wichtig sind, wie Familie und Freunde. Das hat aber auch wieder etwas mit Heimat zu tun, ist aber jetzt nicht die Heimat, wie ich sie vorher gerade gemeint habe. Denn in der Heimat fühle ich mich oft nicht zuhause, da kann ich mich auch einsam fühlen. Ich bin dann zwar in der Heimat, aber nicht daheim (lacht).

Du hast einige prestigeträchtige Schauspielpreise wie etwa den Österreichischen Schauspielpreis (Bester männlicher Darsteller für "Blutgletscher") ergattert. Wo stehen die denn herum - etwa in der Heimat? 
(lacht) Die stehen in der Wohnung herum oder an verschiedenen Orten. Ein Preis steht bei meiner Tochter. Ich habe sie aufgeteilt, kreuz und quer - ohne großen Aufwand.

Was lieben die Menschen denn an dir und deinen Rollen?
Ich bin eigentlich die falsche Ansprechperson für diese Frage! Ich kann nur sagen, was mir wichtig ist: Dass ich die Menschen, die ich darstelle, so ehrlich wie möglich und nach meinem besten Wissen und Gewissen verkörpere. Ich möchte eine Wertschätzung gegenüber dieser Figur bewahren. Ich mag es nicht, mich über einen Menschen, den ich darstelle, zu erheben. Das würde ich völlig fehl am Platz finden. Respekt an der Darstellung ist etwas ganz Wesentliches. Ich mache meinen Job, so ehrlich wie ich es kann und so gut, wie ich es handwerklich zusammenbringe.

Du hast dir in unterschiedlichen Genres einen Namen gemacht. Welches bevorzugst du privat - auf deiner Couch, vor dem Fernseher? 
Tatsächlich habe ich den Fernseher sehr selten eingeschaltet. Wenn, dann schaue ich mir gezielt Sachen an, aber genretechnisch bin ich nicht festgefahren. Es gibt in jedem Genre Meisterwerke und interessante Sachen zu sehen. Ich bin kein Genre-Fanatiker, schaue mir Sachen quer durch das Gemüsebeet an. Der Fernseher an sich als Berieselungsmittel ist bei mir nicht der Fall. 

An dieser Stelle schließen wir den Kreis zum Liebespaar Eismayer und Mario: Was nimmst du mit - und was  beeindruckt dich an diesem Paar?
Ihre Strahlkraft von außen, die sich sehr positiv auf die Community auswirken kann. Sie tragen ihre Liebe sehr offen nach außen und gehen damit sehr normal um, ohne großartig herumzukünsteln. Das kann für die Schwulen-Community ein wichtiges Zeichen sein. 
Wenn ich an die Begegnung mit ihnen denke, erinnere ich mich, dass die harte Sprache mit anfangs sehr erschreckt hat. Das Militärische schlägt sich auch in ihrem Privatleben nieder (lacht). Diese harte Sprache bin ich nicht gewohnt. Dass sie teilweise so miteinander reden, ist für sie normal. Wenn man sie einmal kennt, weiß man, dass das für sie einfach dazugehört. Sie leben ihre Liebe offen, aber ohne etwas zu forcieren oder zu provozieren. Etwa nach dem Motto: Ist doch egal, oder, was wir im Schlafzimmer machen - wenn wir beide damit einverstanden sind. Ich finde den Umgang miteinander sehr schön.

Das Kinoplakat zum Movie "Eismayer": ab sofort auf der Leinwand! | Foto: Golden Girls Film
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Eine echte Liebe

Und darum geht's im Film: "Eismayer" ist die wahre Story von Vizeleutnant Charles Eismayer, der härteste Ausbilder beim österreichischen Bundesheer. Er schreit, schikaniert und schindet, aber hält sein großes Geheimnis verborgen: Er ist schwul. Als er sich in den Rekruten Mario verliebt, gerät sein heteronormativ konstruiertes Leben ins Wanken. Das traditionelle Rollenbild des Soldaten ist für einen Mann wie Eismayer mit einer schwulen Beziehung nicht vereinbar. Wird er seinem Image des knochenharten Machos treu bleiben oder dem Ruf seines Herzens folgen? Nach einer wahren Begebenheit.

Soldat Mario Falak (Luka Dimić) legt sich mit Eismayer an - und durchschaut die harte Schale des Ausbilders. | Foto: Golden Girls Film
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