Experte zu Afghanistan
"Abschiebungen juristisch nicht möglich"
Frankreich, Deutschland, die Niederlande oder Dänemark, immer mehr Staaten wollen keine Abschiebungen mehr nach Afghanistan durchführen. Österreich aber bleibt hart: Rückführungen in das Krisengebiet finden weiter statt. Doch ein Völkerrechtsexperte sagt, es gebe bereits einen de facto Abschiebestopp.
ÖSTERREICH. Die ÖVP will partout von einem Abschiebestopp nichts wissen, doch Experten und der Koalitionspartner widersprechen. „Auch wenn es viele nicht hören wollen“, seien Abschiebungen nach Afghanistan rechtlich derzeit nicht machbar, sagt etwa der Völkerrechtsexperte Ralph Janik im ORF. erklärt.
Folterverbot
Juristisch bestehe ein absolutes Verbot von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, das sei verankert in der Europäischen Menschenrechtskonvention, die wiederum Bestandteil der Österreichischen Verfassung ist. Genauer erklärt: Die Konvention besagt, dass niemand in ein Land abgeschoben werden darf, das Folterungen durchführt, diese nicht aktivverhindert und dieses der abgeschobenen Person drohen könnte.
Im @oe1journale zu Mittag hat @KatjaArthofer einen wichtigen Punkt aufgeworfen, der in der Afghanistandebatte untergegangen ist: Abgesehen von den Gefahren für die involvierten Beamten steigen bei Abschiebungen ohne Partner die ohnehin hohen Kosten für Abschiebungen zusätzlich an
— Ralph Janík (@RalphJanik) August 12, 2021
Sicherheitslage entscheidet
Nachdem die Taliban Afghanistan in Angst und Schrecken versetzten und immer mehr Gebiete erobern, sagt Janik es sei ein „No-Brainer“, dass Abschiebungen aktuell dorthin nicht möglich seien. Der Experte verweist auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das besagt, dass wegen der allgemeinen Sicherheitslage eine Abschiebung derzeit nicht möglich sei. Bis Ende August habe Österreich nun Zeit, die entsprechenden Fragen des Gerichtshofs dazu zu beantworten.
Grüne widersprechen ÖVP
Übrigens ist auch der Koalitionspartner Die Grünen der Meinung, dass es keine Abschiebungen nach Afghanistan geben könne, wie meinbezirk.at berichtet. „Wie es in Afghanistan zugeht, ist richtig schlimm. Das hat auch Konsequenzen. Auch wenn die eine oder andere Stimme aus dem Innenministerium anderes sagt: Abschiebungen gibt es derzeit nicht nach Afghanistan“, so Vizekanzler Werner Kogler: „Abschiebungen sind aktuell faktisch nicht möglich, weil es für die Flieger gar keine Landeerlaubnis in Afghanistan gibt“.
Abschiebestopp gilt auch für Straftäter
Dieses Menschenrecht gelte auch für straffällige Asylwerber: ES sei laut Experten die Aufgabe des Staates zu überlegen, wie man mit diesen Straftätern umgehen wolle, Stichwort Sozial- und Präventionsarbeit.
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