30 Prozent mehr Trennungen
Das Corona-Jahr wird zum Scheidungsjahr

Das Coronavirus wird zur Belastungsprobe der Partnerschaft. Viele zerbrechen daran. | Foto: MEV
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  • Das Coronavirus wird zur Belastungsprobe der Partnerschaft. Viele zerbrechen daran.
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Vier von zehn Ehen wurden 2019 geschieden. Damit liegt die Rate auf dem Vorjahresniveau. Besonders in Niederösterreich gehen Ehen in die Brüche. Für das aktuelle Jahr befürchten Rechtsanwälte eine wahre Explosion dieser Zahlen, denn das Coronavirus wird zur Belastungsprobe der Partnerschaft.

ÖSTERREICH. Insgesamt wurden 6.319 Ehen im Vorjahr in Österreich geschieden. "Etwa vier von zehn Ehen in Österreich landen früher oder später vor dem Scheidungsrichter", erläuterte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Österreichweit lag die Gesamtscheidungsrate 2019 mit 40,7 Prozent nur leicht unter dem Niveau der beiden Vorjahre (41,0 Prozent) uns deutlich unter dem bisherigen Höchstwert von 49,5 Prozent im Jahr 2007, berichtete Thomas. Außerdem wurden im Vorjahr 121 eingetragene Partnerschaften aufgelöst, 23,5 Prozent mehr als 2018. Zum ersten Mal enthält die Statistik acht Scheidungen gleichgeschlechtlicher Ehen. Dabei handelte es sich um Trennungen von vier männlichen und vier weiblichen Ehepaaren. Bei den eingetragenen Partnerschaften gab es zwei Auflösungen von verschiedengeschlechtlichen Partnern.

Scheidungen in den Bundesländern

Am meisten gehen Ehen in Niederösterreich in die Brüche (44,4 Prozent), womit Wien auf Platz zwei abrutscht (44,1 Prozent). Dahinter folgen Vorarlberg und das Burgenland (je 42,9 Prozent) und Kärnten (41,2 Prozent). In Salzburg (38,3 Prozent), Oberösterreich (37,8 Prozent) und der Steiermark (37,3 Prozent) lag die Gesamtscheidungsrate unter dem Österreichschnitt. In Tirol war die Gesamtscheidungsrate mit 34,9 Prozent, wie schon seit 2017, am niedrigsten.

2019: Meiste Scheidungen in Niederösterreich und Wien. | Foto: statista
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Rund 2 Prozent im ersten Jahr

86,3 Prozent aller Scheidungen im Vorjahr verliefen in beiderseitigem Einvernehmen. Dort, wo es gröbere Schwierigkeiten gab, war zu 49,9 Prozent der Mann Träger des Verschuldens, zu 9,9 Prozent die Frau, zu 28,3 Prozent beide sowie in 12,0 Prozent der Fälle keiner von beiden. Das Durchschnittsalter bei der Scheidung lag bei Männern mit 10,5 Jahren etwas unter dem Niveau von 2018 (10,6 Jahre). 1,9 Prozent der Scheidungen fanden bereits innerhalb des ersten Ehejahres, weitere 4,5 Prozent im Lauf des zweiten Ehejahres statt. Etwa jede siebente Scheidung (13,5 Prozent) erfolgte nach der Silberhochzeit (25. Hochzeitstag), darunter sogar 44 amtliche Trennungen nach der Goldenen Hochzeit (50. Hochzeitstag).

Lockdown sorgt für mehr Scheidungen

Für das aktuelle Jahr gibt es noch keine validen Daten, aber so viel lässt sich schon sagen: 2020 könnte zum Scheidungsjahr werden. „Wir haben diesen Sommer einen Anstieg der Scheidungsrate um noch einmal 30 Prozent registriert“, sagt Clemens Gärner, Partner der Familienrechts-Kanzlei Gärner Perl. Der Lockdown war wohl für viele Paare eine zu große Her­ausforderung. Zwar gebe es immer im Sommer bereits viele Scheidungen, heuer habe man aber nochmal einen Anstieg um 30 Prozent registriert. Darunter seien jedoch auch jetzt in die Wege geleitete Scheidungen von Personen, die das bereits vor der Krise vorhatten. „Andere wiederum sind aufgrund des geballten Zusammenseins erst draufgekommen, dass sie diese Ehe keinesfalls weiterführen wollen“, so der Anwalt.

Das sind Bilder aus glücklicheren Tagen: Während die Scheidungsrate für das Jahr 2019 auf einem ähnlichen Niveau wie in den vergangenen Jahren lag, könnte 2020 ein neuer negativer Rekord aufgestellt werden. | Foto: Pixabay
  • Das sind Bilder aus glücklicheren Tagen: Während die Scheidungsrate für das Jahr 2019 auf einem ähnlichen Niveau wie in den vergangenen Jahren lag, könnte 2020 ein neuer negativer Rekord aufgestellt werden.
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Handy lag unversperrt herum

Für die Trennungen seien auch die gestiegenen Fälle von Gewalt in Familien verantwortlich. Zudem lassen soziale Isolation auch Affären schneller aufliegen. „Wie sich gezeigt hat, fliegen Affären während der gemeinsamen sozialen Isolation schnell auf. Denn heute sind viele Beweise digital – beispielsweise Fotos am Handy oder WhatsApp-Botschaften. Während der Corona-Zeit ist so mancher unvorsichtig geworden, ist praktisch unter den Augen des Partners fremdgegangen und hat dann das eigene Handy unversperrt herumliegenlassen“, analysiert Gärner. Und die eingeschränkte Reisemöglichkeit im Sommer zwang viele Paare erneut die Zeit gemeinsam zuhause zu verbringen. "Die, die weggefahren sind, hatten zum Teil sehr viel Stress an den Grenzen. Dadurch wird so manche Beziehung abermals belastet“, sagt der Experte.

Scheidung oder Baby

Gleichzeitig gingen viele Experten vom gegenteiligen Phänomen aus: Der Lockdown würde die Zahl der Schwangerschaften in die Höhe treiben. Grund dafür sei die gewonnene Zeit für mehr Zuneigung. Mediziner berichteten von einem Anstieg von Schwangerschaften in ihren Praxen.  Konkrete Zahlen wird es freilich erst im nächsten Jahr geben.

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