Taxi, Restaurant und Lieferservice
In Österreich geht das Trinkgeld aus

In der Gastronomie gibt es immer weniger Trinkgeld. Bei den Fahrtdienstleistern sind die Fahrgäste spendabler. | Foto: Lara Hocek
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  • In der Gastronomie gibt es immer weniger Trinkgeld. Bei den Fahrtdienstleistern sind die Fahrgäste spendabler.
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Die steigenden Lebenskosten führen dazu, dass weniger konsumiert wird. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gastronomie gibt es daher auch immer weniger Trinkgeld. Das betrifft auch Fahrdienstleister und Lieferservice-Boten. Viele sind wegen der niedrigen Löhne aber auf die zusätzlichen Einnahmen angewiesen. Die RegionalMedien Austria haben sich in der Branche umgehört.

ÖSTERREICH. Zehn Prozent Trinkgeld im Restaurant gibt es seit Beginn der Corona-Pandemie nur mehr selten. In Anbetracht der derzeitigen Teuerung wird sich die Lage für Servicepersonal und Gastronomen auch in Zukunft nicht bessern. Wir haben mit Mario Pulker von der Wirtschaftskammer Österreich und der ehemaligen Lieferservice-Botin Sarah Piskur über ihre Erfahrungen gesprochen.

Je höher die Rechnung, desto geringer das Trinkgeld

Den Österreicherinnen und Österreichern geht das Geld aus. Naheliegend, dass man dann beim Restaurantbesuch beim Trinkgeld spart. Wird weniger konsumiert, fällt das Trinkgeld in Relation zur Endsumme höher aus, sagt Pulker im Interview mit den RegionalMedien. Je höher die Kosten, desto weiter entfernen sich die Kundinnen und Kunden von den früher üblichen zehn Prozent Trinkgeld. Die Faktoren Freundlichkeit des Servicepersonals, Qualität der Speisen oder Zubereitungsdauer spielen schon länger keine Rolle mehr beim Trinkgeld. Dennoch gibt es laut Pulker in gehobenen Lokalen tendenziell mehr Trinkgeld als im Wirtshaus ums Eck.

Je höher die Konsumationskosten, desto niedriger fällt oft das Trinkgeld aus, weiß Martin Pulker von der WKO. | Foto: Mjam
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Laufkundschaft fehlt

Ein großes Problem ist der Rückgang an Touristinnen und Touristen. Sie sind spendabel und deshalb gern gesehene Gäste im Lokal. Durch den Rückgang aufgrund von Pandemie und Teuerung fallen die Gastronomen um das Laufkundengeschäft um, weiß Pulker, der selbst Besitzer eines Restaurants ist. Wer mit Familie und Auto einen Ausflug macht, kommt um die horrenden Spritpreise nicht herum. Somit wird an anderer Stelle eingespart und das ist oftmals beim Trinkgeld. Die Preise im Restaurant sind fixiert, das Trinkgeld wird als Zeichen der Anerkennung freiwillig dazu addiert. In Summe gibt es im Moment generell weniger Gäste und jene, die kommen, sparen beim Trinkgeld, erklärt der WKO-Obmann.

Verlass ist jedoch auf Stammgäste. Sie geben nach wie vor gutes Trinkgeld und verbringen gerne und viel Zeit im Stammlokal mit bekannten Gesichtern. Wer mehrmals täglich im Lokal vorbeischaut, um beispielsweise morgens Kaffee zu trinken und später das Mittagsmenü zu essen, ist wiederum sparsamer beim Trinkgeld. Werden Speisen nur abgeholt, wird Trinkgeld zur Seltenheit, denn wenn es kein Service gibt, sehen viele keinen Grund Trinkgeld zu geben.

Wie viel Trinkgeld gibst du?

Mit Kartenzahlung Trinkgeld umgehen

Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher mit Karte bezahlen. Pulker bestätigt im Interview, dass die, die es gewohnt sind Trinkgeld zu geben, das auch bei der Kartenzahlung tun. Der Anteil an Menschen, die die Rechnung genau begleichen, ist unter den Kartenzahlerinnen allerdings höher als bei Barzahlern. Bedenken, ob das Trinkgeld auch bei Kartenzahlung beim Personal ankommt, sind unbegründet. Ob bar oder mit Karte: Das Trinkgeld wird immer, wie im jeweiligen Betrieb üblich, aufgeteilt. Es bleibt auch immer die Option selbst bei Kartenzahlung ein paar Münzen loszuwerden und Trinkgeld in bar zu geben, so der Appell des Gastronomen.

Lieferservice-Botinnen und -Boten erhalten wenig bis gar kein Trinkgeld. Dafür aber auch andere – teils unverschämte – Angebote. | Foto: DerMann
  • Lieferservice-Botinnen und -Boten erhalten wenig bis gar kein Trinkgeld. Dafür aber auch andere – teils unverschämte – Angebote.
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Lieferanten gehen leer aus

Traurig sieht es auch für Botinnen und Boten diverser Essenszusteller aus. Sarah Piskur war nach Pandemiebeginn für knapp ein Jahr als Fahrerin beim Essenslieferdienst mjam tätig. Ausgeübt hat sie diesen Job in Wien. Sie erzählt im Interview mit den RegionalMedien Austria, dass Trinkgeld eher eine Seltenheit ist. Von zehn Personen, die sie beliefert hat, hätten nur etwa Drei bis Fünf Trinkgeld gegeben. Über die mjam-Website bzw. die App gibt es außerdem schon beim Bestellen die Möglichkeit sich mit einem kleinen Betrag bei den Fahrerinnen und Fahrern zu bedanken. Diese Option wird laut Piskur noch seltener in Anspruch genommen. Die Frage nach der Höhe des Trinkgeldes beantwortet sie mit 0,5 bis maximal 2 Euro.

Ärmere Menschen geben tendenziell mehr

Die Summe des Trinkgeldes unterscheidet sich laut Piskur außerdem je nach Lieferort und den finanziellen Möglichkeiten der Bestellerinnen und Besteller. Weniger gut situierte Menschen würden wider Erwarten tendenziell mehr und öfter Trinkgeld geben. In den wohlhabenderen Bezirken in der Wiener Innenstadt wird ihrer Erfahrung nach kaum Trinkgeld gegeben. Gespräche mit ihren Kolleginnen und Kollegen ergaben außerdem, dass Frauen tendenziell um ein Drittel mehr Trinkgeld bekommen als Männer. Nicht selten geht das aber mit sexueller Belästigung und unverschämten Angeboten einher, erzählt Piskur im Interview.

In Wien bekommen Fahrerinnen und Fahrer von der Hälfte der Fahrgäste Trinkgeld. In Linz gibt es dafür das höchste Trinkgeld. | Foto: Pixabay/Pexels
  • In Wien bekommen Fahrerinnen und Fahrer von der Hälfte der Fahrgäste Trinkgeld. In Linz gibt es dafür das höchste Trinkgeld.
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Spendable Fahrgäste

Bei Fahrdienstleistern sieht es hingegen besser aus, wenn es ums Trinkgeld geht. Ein Umfrage des Car Sharing-Anbieters "Free Now" hat ergeben, dass 57 Prozent aller Fahrten mit Trinkgeld enden. Durchschnittlich werden sieben Prozent des Fahrtpreises gegeben. Höher fällt das Trinkgeld in den Abendstunden und am Wochenende aus. Begegnet man den Fahrgästen mit Freundlichkeit gibt es zum Dank nicht nur eine bessere Bewertung, sondern auch die Wahrscheinlichkeit Trinkgeld zu bekommen, steigt um 15 Prozent. Im Städtevergleich zeigt sich, dass Wienerinnen und Wiener am häufigsten – 50 Prozent – und Linzerinnen und Linzer das höchste Trinkgeld springen lassen. In Oberösterreichs Hauptstadt geben acht Prozent der Fahrgäste rund ein Fünftel des Fahrpreises als Trinkgeld.
Alexander Mönch, Österreich und Deutschland-Chef von Free Now, ist erfreut dass sich der Umstieg auf E-Fahrzeuge lohnt:

"Wir sehen zum Beispiel, dass sich Fahrgäste immer bewusster für nachhaltigere Beförderungsoptionen entscheiden. Dass damit auch ein potenziell signifikant erhöhtes Trinkgeld einhergeht, bestärkt uns in unseren bisherigen Initiativen, Fahrerinnen und Fahrer beim Umstieg auf elektrisch-betriebene Fahrzeuge zu unterstützen."

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