Mehrbedarf steigt deutlich an
Jährlich fehlen bis zu 3.000 Pflegekräfte

Pensionierungen und die demografische Entwicklung setzten der Pflege und Betreuung weiter zu. Wie die neue Pflegebedarfsprognose der Gesundheit Österreich (GÖD) zeigt, werden bis 2050 knapp 200.000 Personen an zusätzlichem Personal benötigt.  | Foto: panthermedia_ridofranz_B211965818
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  • Pensionierungen und die demografische Entwicklung setzten der Pflege und Betreuung weiter zu. Wie die neue Pflegebedarfsprognose der Gesundheit Österreich (GÖD) zeigt, werden bis 2050 knapp 200.000 Personen an zusätzlichem Personal benötigt.
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Pensionierungen und die demografische Entwicklung setzten der Pflege und Betreuung weiter zu. Wie die neue Pflegebedarfsprognose der Gesundheit Österreich (GÖD) zeigt, werden bis 2050 knapp 200.000 Personen an zusätzlichem Personal benötigt. Vergleicht man die derzeitige Zahl an abgeschlossenen Ausbildungen im engeren Pflegebereich mit dem Bedarf bis 2050, ergibt sich eine "Lücke" von jährlich rund 2.000 bis 3.000 Personen.

ÖSTERREICH. Bereits 2019 erstellte die GÖD eine Bedarfsprognose bis 2030, die nun aktualisiert und bis zum Jahr 2050 erweitert wurde. Wie Brigitte Juraszovich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Langzeitpflege in der GÖG, im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt gab, wurden dabei einerseits Pensionierungen – sogenannter "Ersatzbedarf" (rund 108.000 Personen) – sowie anderseits der demografische Wandel – "Zusatzbedarf" (rund 88.000 Personen) einberechnet. 

Während das Personal in Akutkrankenhäusern inklusive Reha-Einrichtungen sowie in der stationären, teilstationären und mobilenen Langzeitpflege von der Studie erfasst wurde, fanden Arztpraxen und Behinderteneinrichtungen oder Freiberufler bzw. Personen in Lehre und Forschung, an Schulen und in Sozialversicherungen keinen Eingang. Aufgrund mangelnder Datenlage wurde beim Ersatzbedarf zudem eine mögliche Abwanderung oder Personalfluktuation nicht miteinbezogen. 

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Knapp 200.000 Personen an zusätzlichem Personal benötigt

Aufgrund der Berechnungslage ergibt sich bis 2030 ein kumulierter Mehrbedarf von rund 51.000 Personen, bis 2040 von 120.000 Personen und bis 2050 von 196.500 Personen. Damit entspreche die aktuelle Prognose für 2030 ziemlich genau jener der 2019 vorgelegten Studie, erklärte Juraszovich, wobei sich die eigentlich für 2023/24/25 erwartete Spitze etwas nach hinten verschoben habe. Dies sei einerseits die Folge der Übersterblichkeit älterer Personen, während der Corona-Pandemie, anderseits seien in diesem Zeitraum aber auch weniger Menschen in Pflegeeinrichtungen aufgenommen worden. Zudem habe es auch demografische Anpassungen gegeben. 

Jährliche "Lücke" von 2.000 bis 3.000 bei Pflegepersonal

Zieht man nur die Pflegepersonen im engeren Sinn (Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und Diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal) heran, braucht es bis 2030 jährlich zwischen 5.000 und 5.900 Personen mehr, wie die Prognose zeigt. Die Spitzen liegen dabei in den Jahren 2025 bis 2027 (je 5.900). Von 2031 bis 2040 werden im Schnitt 5.600 Personen benötigt, von 2041 bis 2050 steigt die Zahl sogar auf 6.200 Personen pro Jahr.

Insgesamt geht Brigitte Juraszovich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Langzeitpflege in der GÖG, davon aus, dass jährlich 7.000 bis 8.000 Absolventinnen und Absolventen nötig seien.  | Foto: Gerhard Berger
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Wie Juraszovich erklärte, werden derzeit im Schnitt rund 5.100 Personen in diesen Bereichen ausgebildet. Dies klinge zwar nach einer fast vollständigen Deckung des Bedarfs, wobei man hierbei noch einbeziehen müsse, dass derzeit nur rund 80 Prozent der Ausgebildeten tatsächlich in den Beruf einsteigen. Hinzu käme eine Fluktuation und andere Abgänge als Pensionen. Insgesamt gehe die stellvertretende Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Langzeitpflege in der GÖG davon aus, dass jährlich 7.000 bis 8.000 Absolventinnen und Absolventen nötig seien. Das ergebe eine "Lücke" von 2.000 bis 3.000 Personen pro Jahr. 

Weitere Maßnahmen gefordert

Neben bereits gesetzter Maßnahmen wie der Attraktivierung der Pflegeberufe und Zuschüsse bei der Ausbildung beürfe es weiterer Schritte, wie es in der Studie heißt. So wird eine Reihe von konkreter Maßnahmen genannt, um den jährlichen Mehrbedarf zu decken:

  • Rekrutierung von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern
  • Rekrutierung von Personal aus dem Ausland
  • Maßnahmen zur Personalbindung
  • Effizienzsteigerungen im System, wie verbesserte Koordination von Abläufen, die Reduktion von Schnittstellen, moderne und funktionierende Arbeitsgeräte oder der richtige Personalmix. Ein weiterer Aspekt von Effizienzsteigerung sei die Technikunterstützung (u. a. Ambient Assisted Living – AAL, Digitalisierung)
  • Verstärkter Fokus auf Prävention und Gesundheitsförderung

"Unsere Pflege braucht Pflege"

Nach Veröffentlichung der neuen Prognose forderten die Gesundheitsgewerkschaft, Arbeiterkammer (AK) sowie die Wiener Grünen etwa bessere Arbeitsbedingungen. "Einerseits muss bei der Bezahlung etwas passieren, andererseits brauchen die Träger mehr Geld, um Rahmenbedingungen schaffen zu können, unter denen eine gute Arbeit in der Pflege möglich ist", heißt es etwa auch von der Gewerkschaft GPA. AK-Präsident Andreas Stangl forderte zudem die Anerkennung der Pflege als Schwerarbeit.

Nach Veröffentlichung der neuen Prognose forderte eine Reihe von Institutionen etwa bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal. | Foto: KK
  • Nach Veröffentlichung der neuen Prognose forderte eine Reihe von Institutionen etwa bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal.
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SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sprach sich für eine Bezahlung in Höhe von 2.300 Euro brutto für Personen in der Pflegeausbildung aus. ÖVP-Seniorenbundspräsidentin Ingrid Korosec wünscht sich einen Ausbau der Digitalisierung wie etwa durch Telemedizin oder Smart-Home-Technologien und NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler mehr Ausbildnerinnen und Ausbildner für Pflegeberufe.

Die Volkshilfe schätzt die benötigten Personalressourcen sogar noch deutlich höher ein: "Noch nicht eingerechnet wurde in diese Zahlen, dass es eigentlich mehr Zeit für die Beziehungsarbeit in der Pflege und Betreuung, Zeit für Supervision, mehr Zeit für Teambesprechungen und eine Reduktion der Wochenarbeitszeit braucht". Die Caritas betont, dass es mehr als die bisherigen Pflege-Reformschritte brauche. Österreich benötige eine "echte Systemreform": "Unsere Pflege braucht Pflege!", wird gewarnt. 

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