Weihnachtsgeschichte: Die Mondkuh

Foto: Fotolia/Smileus

Es war einmal ... eine Kuh, die verliebte sich in den Mond. Jede Vollmondnacht verbrachte sie im Freien und himmelte den Mond an. Doch der Mond war weit weg und wusste nichts von der Liebe der Kuh. So ging das einige Zeit, bis die Kuh so unglücklich wurde, dass sie keine Milch mehr geben wollte.

Die anderen Kühe verstanden ihre Kuhkollegin nicht und konnten sich nicht vor- stellen, wie es einer Kuh überhaupt passieren konnte, sich in den Mond zu verlieben, geschweige denn, in irgendjemand anderen als den prächtigen Stier auf der Nachbarweide. Unsere Kuh war einfach zu romantisch, um ein normales Kuhleben – das nur aus Fressen, Milchgeben und Schlafen bestand – zu führen. Die große Liebe zum Mond war der Ausdruck dafür, dass sie weit mehr war als nur eine einfache Milchlieferantin.

Doch konnte ihre Liebe natürlich nicht so einfach erfüllt werden. Diese innige Sehnsucht, die sie in ihrem großen Kuh- Herz empfand, wenn sie in einer klaren Vollmondnacht nach oben blickte und nicht wusste, was mit ihr geschah! Es tat so weh, dieses süße Sehnen in ihrem Herzen wurde immer mehr und mehr und eines Nachts pochte ihr das Herz so stark, dass sie schon glaubte, es würde im nächsten Augenblick zerspringen.

Just in diesem Moment bekam die verliebte Mondkuh Besuch von einem Igel. Er grüßte die Kuh freundlich und konnte ihren verklärten Blick nicht sofort deuten. Gar meinte er im ersten Moment, die Kuh sähe IHN mit verliebten Augen an. „Eine Kuh und ein Igel, das geht doch nicht“, dachte er und wollte sich schon aus dem Staub machen, doch dann bemerkte er, dass die Kuh wie gebannt den Mond an- starrte, und als ihr auch noch ein leises Seufzen entfuhr, konnte der Igel nicht mehr anders, seine Neugierde war zu groß: „Bist du etwa in den Mond verliebt?“, fragte er unverblümt.

„Ja, das bin ich!“, hauchte die Kuh zärtlich und sah dabei noch immer ihren geliebten Mond an. Der Igel war doch etwas verblüfft, aber warum nicht, seine Cousine war einmal in ein Stück Holz verliebt gewesen und sein Freund, das Eichhörnchen, in eine besonders schöne Nuss. Die Verwirrungen der Liebe sind grenzenlos und machen auch vor dem Mond nicht halt. Und weil er ein netter Igel war, wollte er der verliebten Kuh helfen.

„Ich weiß, wie du deinem Liebsten, dem Mond, näher sein kannst, als hier auf der Weide! Komm mit!“
Die Kuh war begeistert! Überallhin würde sie dem Igel folgen, wenn er sie nur zu ihrem geliebten Mond brächte. So verließen Kuh und Igel die Weide und erreichten einen nahe gelegenen See, in dem sich der Mond wunderschön spiegelte.
„Sie her, liebe Kuh, hier ist dein Liebster, er badet im See und wartet auf dich!“
Die Kuh konnte es gar nicht erwarten, ihren Angebeteten endlich zu treffen. Auf- geregt ging sie auf das Seeufer zu. Ja, er war es wirklich, mitten in dem kleinen See schwamm der Mond und wartete auf sie. Noch nie zuvor war sie im Wasser gewesen. Ohne zu wissen, ob sie überhaupt schwimmen konnte, stürzte sich die Kuh in die Fluten, um ihren geliebten Mond zu treffen, der extra für sie auf die Erde gekommen war.
Doch was war das? Als die Kuh in der Mitte des Sees angekommen war, konnte sie den Mond nicht mehr finden. Sie suchte und suchte, steckte den Kopf unter Wasser, vielleicht war er ja untergegangen? Natürlich konnte sie ihn auch unter der Wasseroberfläche nicht entdecken. Enttäuscht schwamm sie ans Ufer zurück.
Als die Kuh wieder an Land gegangen war, glättete sich die Wasseroberfläche und der Mond erschien wieder in seiner vollen Größe auf dem See.
„Führst du mich etwa an der Nase her- um?“, die Kuh war verwirrt.

Sie wusste ja nicht, dass das Bild im See nur ein Spiegelbild war. Auch der Igel war verwirrt. Er wollte der Kuh einen Gefallen tun, doch warum war der Mond nur so launisch und verschwand gerade dann, wenn sich die verliebte Kuh ihm näherte?
Rätsel über Rätsel! Doch die verliebte Kuh gab nicht so schnell auf. Immer wieder sprang sie in den See und versuchte, den Mond zu erreichen. Nach dem zehnten Versuch legte sie sich völlig erschöpft am Seeufer nieder und war trauriger als je zuvor. Der Igel war schon nach Hause gegangen, denn er war nicht besonders geduldig und er wollte seine neue Freundin auch nicht so leiden sehen.
In der Zwischenzeit war eine Eule auf das Treiben der Kuh aufmerksam geworden. Es war schon schlimm, mit ansehen zu müssen, wie die Kuh immer wieder zum Mond schwamm und sich dieser während- dessen immer wieder auflöste. Doch die Eule hatte eine Idee.
Die Kuh war müde und kurz vor dem Einnicken, als sie da so alleine und völlig ermattet von der vielen Schwimmerei am Seeufer lag.

Die Eule versteckte sich in einem Baum und gab sich als Mond aus: „Meine liebe Kuh, ich muss dir sagen, ich freue mich sehr über deine Gefühle, die du für mich hegst. Es ist schön, dass du lieben kannst, und es ist schön, dass du mich liebst. Doch lass dir sagen, ich bin bereits vergeben, mein Mondherz gehört der Sonne und ich möchte nicht, dass sie eifersüchtig wird, wenn sie uns hier gemeinsam baden sieht.
Ich bin der Mond, und ich kann in dein Herz sehen, du bist eine sehr liebevolle Kuh und es ehrt mich außerordentlich, dass du mich als deinen Liebsten auserkoren hast. Doch möchte ich nicht, dass du leidest. Mei- ne Geliebte heißt Frau Sonne, wir führen eine Beziehung aus der Ferne, doch ist meine Liebe zu ihr so stark, dass mir das voll- kommen egal ist. Wir lieben uns für immer und ewig.“

Die Kuh hatte aufmerksam zugehört. Die Eule war sehr klug und wusste, wie sie der Kuh helfen konnte. Eine unerfüllte Liebe bricht auf Dauer auch das Herz einer Kuh, und das wollte das weise Federtier auf je- den Fall verhindern.
„Danke, lieber Mond, dass du mir die Wahrheit gesagt hast! Ich gehe jetzt nach Hause und werde versuchen, dich nicht mehr zu lieben.“
Mit diesem Vorsatz wanderte die Kuh traurig in ihren Stall und weinte sich die Augen aus. Auch der Igel konnte nicht recht schlafen. Er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er die Kuh am See alleine gelassen hatte. Mitten in der Nacht kroch er aus seinem Blätterbett und machte sich auf die Suche nach ihr.

Am See fand er nur noch den Mond. Hatte sich die Kuh aus lauter Liebeskummer etwa ertränkt? War sie vor Erschöpfung beim zwanzigsten Versuch, den Mond in der Mitte des Sees zu treffen, vielleicht ertrunken? Jetzt packte den Igel die Angst, er rief aus Leibeskräften nach der Kuh und bekam natürlich keine Antwort. Schon wie- der musste die Eule einspringen und wie- der gab sie sich als Mond aus: „Herr Igel, die Kuh ist nach Hause gegangen, hier bei mir findet Ihr sie nicht mehr.“
Der Igel bedankte sich für diese erfreulichen Neuigkeiten und wollte sich schon wieder auf den Heimweg machen.

„Doch, lieber Herr Igel, ich weiß noch etwas über die Frau Kuh. Ihr Herz ist schwer, weil ich ihre Liebe nicht erwidern kann. Vielleicht kannst du sie trösten heute Nacht und ihr in ihrem großen Schmerz beistehen!?“
So besuchte der Igel noch in derselben Nacht die traurige Kuh, um sie aufzuheitern und mit ihr zu plaudern. Die beiden verbrachten eine schöne Zeit miteinander und irgendwie war die Kuh jetzt gar nicht mehr so traurig. Der Igel hatte es geschafft, sie auf andere Gedanken zu bringen, gemeinsam lachten sie und erfanden lustige Geschichten über den Mond und die Sonne. So geschah es, dass sich die Kuh und der Igel so richtig miteinander anfreundeten. Sie trafen sich jeden Tag und bald hatte die Kuh ganz auf den Mond vergessen. Bei Vollmond schaute sie zwar noch immer sehr gerne zu ihm hinauf, doch nie wieder kam sie auf die Idee, den Mond im See zu besuchen.

Auch der Igel änderte seine Meinung und fand, dass eine Kuh und ein Igel eigentlich recht gut zusammenpassten. Natürlich waren die anderen Kühe ganz anderer Meinung, aber das war klar, sie hatten ja auch keine Ahnung von der Liebe!
So verliebten sich der Igel und die Kuh ineinander und verbrachten gemeinsam den Rest ihres Lebens glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann sind sie heute noch froh darüber, dass der Mond so eine treue Seele ist und sich damals im See nicht mit der lieben Kuh eingelassen hat.

Information zur Autorin und dem Buch

Nina Stögmüller

Die begeisterte Schreiberin und (Koch-)Buchautorin arbeitet seit 17 Jahren im Pressebereich. 1999 wurde sie leitende Redakteurin im OÖ Landespressedienst. 2005 wechselte sie in die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Oberösterreichischen Landesmuseen und seit Anfang 2008 ist sie Pressesprecherin bei der VKB-Bank. Nina Stögmüller ist stellvertretende Sprecherin des Frauennetzwerkes im OÖ Presseclub und begeisterte Netzwerkerin.

Informationen zum Buch

ISBN: 978-3-7025-0732-9
Umfang: 168 Seiten
Preis: € 22,00

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