Dubiose Geschäftspraktiken?
Wirbel um Erntehelfer-Vermittlung in Tirol

Aufgrund der Grenzschließungen fehlen unzählige Erntehelfer für die diesjährige Ernte.  | Foto: Michael Kendlbacher
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Laut Tageszeitung "DerStandard" wurden dubiose Geschäftspraktiken im Bundesland Tirol bei der Erntehelfer-Vermittlung aufgedeckt. Arbeiterkammer und ÖGB kritisieren den Umgang mit den Mitarbeitern.

ÖSTERREICH. Aufgrund der Grenzschließungen zu Osteuropa werden in Österreich aktuell 5.000 Arbeitskräfte für den Obst- und Gemüseanbau und 9.000 für die Fleischverarbeitung gesucht. So suchen auch Landwirte in Tirol händeringend nach Erntehelfern, damit die Ware nicht verdirbt. Da auch der Tourismus in Tirol eingebrochen ist, versucht sich ein Unternehmen namens Immoservice24, das im Tourismus beheimatet ist, als Arbeitskräfteüberlasser in der Landwirtschaft. Pro Person und Arbeitstag, der 7,5 Stunden dauert, gehen pauschal 120 Euro netto an Immoservice24 – auf Werkvertragsbasis.

Lohn- und Sozialdumping?

Die Arbeitnehmer werden von Immoservice24 auf Basis des "Rahmenkollektivvertrages für Angestellte" im Gewerbe und Handwerk und in der Dienstleistung angestellt, obwohl für Arbeitskräfteüberlasser ein eigener, besserer Kollektivvertrag (KV) gilt. Thomas Radner, Experte für Arbeitsrecht der Arbeiterkammer, sieht hier klar einen Verstoß. Erntehelfer zählen zu den klassischen Arbeitern, nicht zu den Angestellten. Zudem bleibe es eine klassische Überlassung, weil Immoservice24 die Arbeitnehmer an die Landwirte vermittle und auch nicht selbst anleitet, wie die Feldarbeit zu verrichten sei, so der Experte. Der Geschäftsführer von Immoservice24, Patrick Steffens, räumte gegenüber dem Standard ein, dass er bei einer Anstellung nach dem KV für Arbeitskräfteüberlasser weniger verdienen würde. 

Dieses Geschäftsmodell sei aber "in enger Zusammenarbeit mit der Tiroler Wirtschaftskammer (WKT)" erdacht, so Steffens. Mittlerweile stritt die WKT die Kooperation ab. Es sei erfreulich, wenn der Unternehmer zufrieden sei, daraus eine "enge Zusammenarbeit" abzuleiten, sei aber "etwas übertrieben bzw. nicht richtig".
 
Die Landarbeiterkammer geht davon aus, dass sich das Geschäftsmodell nicht rechnen könne, wenn Immoservice24 seine Dienstnehmer nach den gesetzlichen Vorgaben entlohnen würde. "Das ist ein Fall für die Finanzpolizei", bewertet Präsident Günter Mösl den Fall.

"Bestbezahlteste Erntehelfer Österreichs"

Immoservice24 habe das Gewerbe des Agrarunternehmers angemeldet, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. „Dieses Gewerbe umfasst ganz eindeutig die Dienstleistung der Erntearbeiten – genau das was wir anbieten. Für dieses Gewerbe gilt der Kollektivvertrag „Rahmenkollektivvertrag für Angestellte im Gewerbe und Handwerk und in der Dienstleistung“ – und in diesem wird ausdrücklich der Agrarunternehmer aufgelistet; einen anderen gibt es hier nicht“, so Immoservice24 in einer Aussendung.

Weiters hält der Geschäftsführer fest, dass der angewendete Kollektivvertrag für sämtliche andere Erntehelfer in Österreich deutlich niedriger sei als der, den das Unternehmen korrekterweise nutzt. Es sei für ihn "merkwürdig", dass die Gewerkschaft diesen Umstand verschweigt. "Unsere Erntehelfer erhalten den besten Lohn der ganzen Branche!“

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