Auto und Verkehr
Tempo 100, Öffis und Co. – das sagen die fünf Parteien

Tempo 100, autofreie Innenstädte und Öffis – Österreichs Parlamentsparteien legen ihre Sicht zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto" dar. | Foto: Marlene Anger
7Bilder
  • Tempo 100, autofreie Innenstädte und Öffis – Österreichs Parlamentsparteien legen ihre Sicht zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto" dar.
  • Foto: Marlene Anger
  • hochgeladen von Salme Taha Ali Mohamed

In der Reihe "Politische Sommerfragen" haben die RegionalMedien Austria den fünf österreichischen Parlamentsparteien – ÖVP, Grüne, SPÖ, FPÖ und NEOS – Fragen zu den aktuell wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen gestellt. Das sagen die Parteien zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto".

ÖSTERREICH. Weil Autofahren aufgrund der steigenden Spritpreise nicht nur immer teurer wird, sondern auch der zunehmend belasteten Umwelt massiv schadet, wurden zuletzt wieder die Rufe nach "Tempo 100" lauter. Indessen soll der öffentliche Verkehr eine entspannte, sichere, preiswerte und klimafreundliche Alternative zum Auto sein. Überfüllte Züge, fehlende Verbindungen oder Verspätungen sorgen aber immer wieder für Ärger und hindern viele Menschen daran, gänzlich auf das Auto zu verzichten. Die RegionalMedien Austria haben die fünf Parlamentsklubs um ihre Antworten zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto" gebeten. 


Sollen neue Tempolimits auf Autobahnen gesetzt werden (z. B. Tempo 100)?

ÖVP: Nein, wir brauchen keine allgemeinen Tempolimits. Auf Strecken, wo es zur Reduktion des Schadstoffausstoßes erforderlich ist, gibt es bereits derartige Geschwindigkeitsbegrenzungen gemäß Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L).

Grüne: Tempo 100 statt 130 spart 20 bis 25 Prozent Treibstoff. Bei Diesel- und Benzinpreisen wie derzeit ist es ratsam, ein wenig runter vom Gas zu gehen. Vorteile für Gesundheit, Umwelt, Klima, Verkehrssicherheit und Stauvermeidung gibt es gratis dazu. Das ist so überzeugend, wir denken nicht, dass es dazu neue gesetzliche Vorgaben benötigt.

SPÖ: Nein. Geschwindigkeitsbeschränkungen können im Einzelfall sinnvoll sein, eine generelle Reduktion der geltenden Tempolimits unterstützt der SPÖ-Parlamentsklub nicht.

FPÖ: Nein. Das österreichische Autobahnen- und Schnellstraßennetz ist für Tempo 130 ausgelegt. Das Tempolimit wurde seit über 40 Jahren nicht mehr erhöht.

NEOS: Das müsste fallweise entschieden werden. Für die Reduktion des Energieverbrauchs wäre es wichtiger, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten. Es reicht nicht, Tickets billiger zu machen, es braucht dringend Qualitäts- und Frequenzsteigerungen von Bussen, Schnell- oder Straßenbahnen und den Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen.

Sollen Innenstädte autofrei werden?

ÖVP: Das sollen Städte und Gemeinden selbst entscheiden. Wir stehen grundsätzlich für die Wahlfreiheit des Verkehrsmittels, wollen aber etwa aus Gründen des Klimaschutzes die aktive Mobilität, also das Gehen und Radfahren, fördern. Wo es möglich ist, da soll Eigenverantwortung im Vordergrund stehen, nicht Verbote.

Grüne: Ja, den Kfz-Verkehr nur im für Bewohnerinnen und Bewohner sowie Wirtschaft unbedingt nötigen Ausmaß in den Innenstädten zu dulden, hat Zukunft, das zeigen nicht nur internationale Vorbilder: Jede Fußgängerzone ist ein Erfolg für Lebensqualität und Wirtschaft. Daher planen wir, autofreie Innenstädte rechtlich zu erleichtern. Die Umsetzung liegt jedoch in den Händen der Länder und besonders der Städte, die hier auch heute schon sehr effizient aktiv werden können, z. B. über Auflassung von Parkplätzen.

SPÖ: Der SPÖ-Parlamentsklub will so viel Verkehr wie möglich auf den umweltfreundlichen, öffentlichen Verkehr - und da insbesondere auf die Schiene - verlagern. Das hilft dem Klima und entlastet Städte und Gemeinden. Das geht aber nicht durch Fahrverbote, sondern durch den Ausbau des ÖV-Angebots, mit dem der Umstieg für alle attraktiv wird. 

FPÖ: Das wird städteplanerisch in den wenigsten Großstädten möglich sein. Der öffentliche Verkehr kann aber so attraktiv gemacht werden, dass viele Menschen auf das Auto verzichten, weil sie mit U-Bahn, Straßenbahn und Bus auch gut in der Stadt mobil sein können.

NEOS: So weit wie möglich. Eine Reduzierung des Autoverkehrs steigert die Lebensqualität der Anrainerinnen und Anrainer, reduziert die Lärmbelastung, die Umweltverschmutzung und steigert nebenbei – wie Dutzende Studien und Beispiele belegen – auch den Umsatz von Handel und Gastronomie. Es wird auch in Zukunft motorisierten Individualverkehr geben, aber er darf sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum nicht mehr die absolute Norm der Stadt- und Verkehrsplanung sein.

Soll das Bahnnetz radikal ausgebaut und modernisiert werden?

ÖVP: Österreich ist schon jetzt das Bahnland Nummer 1 in Europa. Bis 2027 investieren wir weitere 18,2 Milliarden Euro in den Ausbau.

Grüne: Ja, und das wird es auch: Die Grünen mit Bundesministerin Gewessler haben sofort nach Übernahme des Verkehrsressorts die Versäumnisse der letzten Regierungen aufgearbeitet und schon 2020 mit dem Finanzminister einen Rekord-Ausbauplan für die Bahn fixiert, der im Folgejahr gleich nochmals aufgestockt wurde. Mit Zusatzmilliarden wird zugleich dafür gesorgt, dass auch mehr und komfortablere Züge im Takt auf den alten und neuen Schienen fahren. Und wir sind stolz drauf, dass dies mit dem KlimaTicket europaweit einmalig günstig möglich ist.

SPÖ: Ja. Das Bahnnetz muss schleunigst vollständig elektrifiziert werden. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist maßgeblich, wenn wir den Autoverkehr reduzieren wollen.

FPÖ: Es soll weiter ausgebaut werden – und das passiert auch. Derartige Projekte haben – vor allem aufgrund von Einsprüchen durch Bürgerinitiativen – allerdings oft jahrelange, manchmal sogar jahrzehntelange Planungszeiten.

NEOS: Ja! Die Nachfrage ist da, wie die aktuell überfüllten Züge zeigen.

Sollen Zugtickets noch günstiger werden?

ÖVP: Wichtig ist, dass der öffentliche Verkehr leistbar bleibt. Wir haben ein leistbares KlimaTicket für ganz Österreich als zusätzlichen Anreiz zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel geschaffen. Die Preispolitik bei den heimischen Bahnlinien gestalten diese aber selbst.

Grüne: Mit dem bundesweiten KlimaTicket um konkurrenzlose 1.095 Euro – das sind 3 Euro am Tag – und den mitfinanzierten regionalen Klimatickets haben wir Öffifahren sehr stark vergünstigt. Zum Vergleich kostet ein ähnliches Ticket für alle Öffis in der Schweiz 3.830 Euro, in Deutschland gibt es um 4.144 Euro nur die Bahn. Dennoch wollen wir nicht lockerlassen, deshalb gibt es als Beitrag gegen Teuerung das Klimaticket für Verlängererinnen und Verlängerer ab Herbst 2022 für 13 Monate zum selben Preis, das ist nochmals um fast 10 Prozent günstiger als bisher.

SPÖ: Der SPÖ-Parlamentsklub will ein Sommerticket für unter 26-jährige, um Urlaub in Österreich zu fördern. Aber damit die Schiene attraktiv ist, braucht es mehr als nur günstige Tickets. Da braucht es auch schnelle Verbindungen im Halbstundentakt und gute Angebote für den Weg von zu Hause zum Bahnhof (letzte Meile). Das ist unser Ziel für ganz Österreich.

FPÖ: Das Argument für die Nutzung des Zuges ist zumeist weniger der Preis, als das vorhandene Angebot.

NEOS: Nein, der öffentliche Verkehr ist jetzt günstig genug. Viel wichtiger ist es, die Frequenz und die Qualität zu steigern. Wenn der Bus nur alle drei Stunden kommt und drei Mal länger braucht als ein Auto, ist es herzlich egal, ob er 2 Euro kostet oder 50 Cent.


Politische Sommerfragen

Die angeführten Fragen wurden den fünf Parlamentsklubs respektive Klubvorsitzenden kurz vor Sommerferienbeginn gestellt – deren Antworten finden sich hier unverändert wiedergegeben.

Das Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto" ist das dritte in der Reihe "Politische Sommerfragen" – als Nächstes folgt "Arbeit und Einkommen". Hier findest du eine Übersicht aller bisherigen und noch kommenden "Fragerunden" – diese wird laufend ergänzt.

Fragerunde an die Leserinnen und Leser

Was sagst du zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto"?
Welche Partei hat zum Thema "Öffentlicher Verkehr und Auto" die besten Antworten gegeben?
Stünden Nationalratswahlen bevor, welche Partei würdest du wählen?

Mehr zum Thema:

Klimakrise entfacht Debatte um Tempolimit neu
Über sieben Brücken wird es gehen
Ruf nach Tempo 100 gegen hohe Spritpreise
77.000 Salzburger Haushalte werden zum Verkehr befragt
200 Millionen für die Bahninfrastruktur in Salzburg
In diesen Bezirken gibt es mehr Fahrzeuge als Einwohner

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.