Pflegenotstand
Anschober: "Junge Männer: Kommt zur Pflege!"

Rudi Anschober: "Wir wollen  auch ganz besonders junge Burschen ansprechen, sich für einen Job in der  Pflege zu interessieren, wir machen auch Werbung in allen sozialen Medien, gehen in Schulen und ins AMS, um Menschen zu überzeugen." | Foto: Land OÖ
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  • Rudi Anschober: "Wir wollen auch ganz besonders junge Burschen ansprechen, sich für einen Job in der Pflege zu interessieren, wir machen auch Werbung in allen sozialen Medien, gehen in Schulen und ins AMS, um Menschen zu überzeugen."
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Um dem Personalnotstand in der Pflege Herr zu werden, brauche es etwa ein bis zwei Kinder pro Klasse, die einen Pflegeberuf ergreifen, rechnet Elisabeth Anselm vom Dachverband der Pflegeorganisationen vor. Sozialminister Rudi Anschober (Grüne) will dafür besonders junge Männer begeistern. Gemeinsam präsentierte man nun neue Werbevideos, die potentielle Pflege-Mitarbeiter rekrutieren sollen. 

ÖSTERREICH. "Wir werden alle älter. Das ist eine gute Nachricht", gibt Anschober bekannt, nachdem er ein Balkendiagramm in die Kamera hält, die die demographische Lage in Österreich abbildet. "Wir wollen garantieren, dass es ein Recht auf Pflege gibt, ein Recht auf Selbstbestimmung, wie man im Alter leben möchte, und jeder einzelne sollte rechtzeitig darüber nachdenken, wie er gerne leben möchte, wenn er alt ist. Wir wollen Angebote mit Beratung schaffen wie Community Nurses."

100.000 Mitarbeiter gesucht

Aktuell sei man laut Anschober in der inhaltlichen Erarbeitung der Pflegereform, im Jänner will man damit fertig sein, dann geht's in den Abstimmungsprozess mit den Ländern, Städten und Gemeinden, um "Übereinstimmungen" zu schaffen. "Wir wollen Gleichheit und Einheitlichkeit", so der Minister. Danach soll in einer "Zielsteuerungskommission" nach Vorbild des Gesundheitsbereichs mit den Ländern darüber verhandelt werden, welche Gesetzesänderungen und welche 15a-Verträge es zur Umsetzung der Reform braucht.
Anschober nennt den Personalbedarf in der Pflege die aktuell "größte arbeitsmarktpolitische Chance", bis 2030 werden 100.000 Mitarbeiter gesucht. Man möchte potentiell Interessierten auf drei Arten Hilfestellungen geben:

  1. Einstieg erleichtern: Aktuelle Schulversuche zum Thema Pflege wurden bereits umgesetzt.
  2. Umstieg ermöglichen: Alle Arbeitslosen und eine Zukunftsperspektive Suchende seien aufgerufen, in die Pflege zu kommen. Anschober: "Wir haben ein tolles Angebot in einem tollen Beruf."
  3. Rückkehrer motivieren: All jene, die schon ausgebildet aber nicht in der Pflege tätig sind, will man zur Rückkehr motivieren. Anschober: "Das sind rund 30.000 Mitarbeiter, die den Job verlassen haben, weil der Druck zu groß war, die Arbeitsbelastung zu hoch, oder einfach weil Frauen in Karenz gingen und nichtmehr zum Job zurückkamen."

"Viele glauben, man wolle in der Pflege ausschließlich mehr Geld", so Anschober: "Aber die Hauptantwort der Betroffenen auf meine Frage, was sie sich wünschen, ist, dass sie mehr Zeit für die zu Pflegenden haben wollen, daher muss man sich den Personalschlüssel ansehen und man braucht mehr Personal, damit alle weniger Überstunden machen muss." Anschober verspricht auch zu entbürokratisieren, "um den Grundgedanken der Pflege wieder freizuschaufeln."

Werbespots für Pflegeberufe

In den Werbespots des Ministeriums, die u.a. über den ORF und über soziale Medien verbreitet werden sollen, erzählen fünf Pflegekräfte über ihre diesbezüglichen Erfahrungen - nach dem Motto "Berufe mit Sinn, Vielfalt und Zukunft". Eine davon ist Susanne Dietl. Sie hat im März 2018 ihre Ausbildung zu Pflegeassistentin absolviert, seit knapp 3 Jahren ist sie in der mobilen Krankenpflege tätig. Kein typischer Werdegang. "Ich habe 1986 Matura gemacht, dann Publizistik studiert und in Medien gearbeitet. Ich hatte Menschen in meiner Familie, die Pflege brauchten, und da merkte ich, das ich das kann und gerne mache. Meine Ausbildung dauerte ein Jahr. Was mich überrascht hatte: Die Auswahl an Jobangeboten! Das erste Jobangebot bekam ich nach drei Wochen im Kurs. Mit jedem Praktika, das ich absolvierte, hatte ich einen neuen Job. Ich musste kein einzige Bewerbung schreiben", berichtet sie: "Mir war auch die Vielfalt an Berufsmöglichkeiten nicht klar, man kann im Krankenhaus, im Pflegeheim, in der Rehabilitation, in Tageszentren oder in einer Wohngemeinschaft arbeiten. Da gibt es so viele Bereich. Aber die Hauskrankenpflege macht mir richtig viel Spaß."

Pflege ist eine Boom-Branche

Elisabeth Anselm, Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt, fügt hinzu: "Der Fokus liegt ganz klar bei mehr Personal. Die Pflege sucht händeringend nach Personal, denn die Branche ist eine Boom-Branche, man hat um ein Viertel mehr Mitarbeiter gewonnen in den letzten Jahren, die Branche ist nicht unattraktiv, sondern sie  boomt." Und weiter: "Der Beruf ist attraktiv. Laut Mitarbeiterbefragung wollen 60 Prozent einen Job in der Nähe des Wohnortes haben, und die Pflege ist ein regionaler Jobmotor. Vier von fünf Mitarbeiter schätzen besonders die Hauskrankenpflege." Anslem betont, dass man besonders in der Ausbildung neue Perspektiven brauche: "Wir müssten eigentlich in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder pro Klasse für den Pflegeberuf gewinnen. Wir müssen alles tun, um es den Menschen leicht zu machen, in diesen Beruf zu kommen, wie kostenfreie Umschuldung, Übernahme des Lebensunterhaltes bei Umschulung, wie in der Polizei, da hat man das ja auch gemacht." Weiters betont Anselm: "Der Lohn muss steigen, ebenso wie der der Personalschlüssel."

Vom Flüchtling zum Hauskrankenpfleger

Dann erzählt der afghanische Flüchtling Ali seine Geschichte. "Ich bin 2015 nach Österreich geflüchtet und in Wiener Neustadt angekommen. Heute arbeite ich als Pflegeassistent seit über einem Jahr in Österreich. Eigentlich wollte ich Arzt werden, aber wegen meiner Lebenssituation konnte ich das Studium nicht machen. Daher habe ich die Ausbildung zum Pflegeassisten mit Auszeichnung abgeschlossen und gleich bei meinem letztem Praktikum eine Jobzusage bekommen. Nächstes Jahr möchte ich die Fortbildung zum diplomierten Gesundheitspfleger machen. Pflege ist das Schönste. Pflege ist kein Beruf, sondern eine Berufung."

"Junge Männer: Kommt zur Pflege"

Anschober: "Wir wollen  auch ganz besonders junge Burschen ansprechen, sich für einen Job in der  Pflege zu interessieren, wir machen auch Werbung in allen sozialen Medien, gehen in Schulen und ins AMS, um Menschen zu überzeugen."

Für erste Projekte im Bereich "Zukunft Pflege ist im Budget 2021 der Posten von 60.000.000 Euro vorgesehen. Laut Jobted beträgt das durchschnittliche Einstiegsgehalt als Pflegeassistent in Österreich ungefähr € 1.900 brutto pro Monat. Mit 4-9 Jahren Erfahrung steigt der Bruttolohn für PflegeassistentInnen bis zu etwa € 2.150, während eine PflegeassistentIn mit mehr als 10 Jahren Berufspraxis kann einen Verdienst von ungefähr € 2.400 erwarten. Das Durchschnittsgehalt für PflegeassistentInnen mit über 20 Jahren Berufserfahrung liegt über € 2.500.

Quelle: Jobted

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