Botschafter in London
„Habe großen Respekt vor der Queen als Mensch“

Botschafter Michael Zimmermann im Gespräch mit meinBezirk-Reporter Lukas Moser  | Foto: MeinBezirk.at
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Er konnte sogar persönlich mit der Queen plaudern: Michael Zimmermann, österreichischer Botschafter im Vereinigten Königreich, zollt Queen Elizabeth II. Respekt. MeinBezirk.at-Reporter Lukas Moser traf ihn in seiner Residenz in London zum Gespräch.

LONDON/ÖSTERREICH. Wir sprachen mit Zimmermann unter anderem über seine persönlichen Erinnerungen an die verstorbene Monarchin, ihre Beziehung zu Österreich und das königliche Staatsbegräbnis am Montag.

RegionalMedien Austria: Sie haben der Queen bereits die letzte Ehre erwiesen, Sie waren bei ihrem Sarg. Was haben Sie dabei empfunden?
Michael Zimmermann: Sie und viele der Zuseher kennen die Fernsehbilder. Diese können aber die Stimmung in Westminster Hall nicht vermitteln, der Ort wurde nicht zufällig gewählt: Es ist der älteste Teil des Parlaments. Diese große normannische Halle ist tausend Jahre alt, man muss es sich wie eine Holzscheune mit wunderschönen Holzbalken oben vorstellen. Das Licht, das durch die großen Fenster kommt und der Raum geben der Zeremonie doch eine ganz eigenartige Stimmung.

Sie haben die Queen selbst einmal getroffen. Wie war das damals für Sie?
Ich habe das Glück gehabt, mit der Queen zwei Mal eine persönliche Begegnung zu haben. Das erste Mal vor mehr als 20 Jahren und das zweite Mal vor vier Jahren, als ich ihr das Beglaubigungsschreiben unseres Bundespräsidenten überreicht habe. Die Queen hat es sich bis zuletzt nicht nehmen lassen, diese Zeremonien mit Botschaftern aus allen Ländern selbst durchzuführen, weil sie großes Interesse am Vereinigten Königreich in der internationalen Gemeinschaft hatte. Das Treffen war beeindruckend, weil es eine sehr persönliche Begegnung war. Es waren nur vier Personen im Raum: Ein Mitarbeiter der Queen und sie selbst, meine Frau und ich. Man konnte sich mit der Queen von Mensch zu Mensch unterhalten - das sind Momente, die man nicht vergisst und es gibt einem ein besonderes Gefühl, wenn man dann am Sarg dieser Person steht.

Um das Treffen werden Sie viele beneiden. Man kennt die Queen als Regentin, aber wenn Sie sich an dieses Treffen zurückerinnern: Was für ein Mensch war sie?
Man muss dazu sagen: Die Queen hat in den 70 Jahren ihrer Regentschaft mit Hunderttausenden Menschen gesprochen, sie war keine Königin auf Distanz. Von den Tausenden, die jetzt am Sarg vorbeiziehen, haben viele die Queen auch persönlich erlebt - da ist wirklich eine enge Beziehung zwischen der Bevölkerung und der Queen vorhanden. In über 70 Jahren lernte sie viele Menschen in ihrem Land, in den Ländern des Commonwealth und im weiteren Ausland kennen. Daher ist die internationale Reaktion auch so intensiv.

Wenn Sie sich an Ihren Besuch in Westminster Hall zurückerinnern: Was haben Sie persönlich empfunden, als Sie vor dem Sarg standen?

Einen tiefen Respekt vor der Queen als Mensch. Sie war vor allem extrem diszipliniert und zwar in dem Sinn, dass sie ihre Funktion gut unter Kontrolle hatte und nicht die Bodenhaftung und die Menschlichkeit verloren hat. Sie hat sich auf die Begegnungen mit den verschiedenen Menschen gut vorbereitet und konnte so zeigen, dass sie wirklich ein Interesse an der Sache und den Menschen hat. Das vergisst man nicht und das spürt man doch in einem Moment, wo man vor dem Sarg steht.

Die Queen hat auch diesem Haus, der österreichischen Botschaft in London, einmal einen Besuch abgestattet. Können Sie darüber etwas erzählen?
Wir sind in diesem Haus seit 156 Jahren. Es ist eines der ganz wenigen Gebäude, die wir noch aus dem 19. Jahrhundert hier haben. Im Laufe der Geschichte waren immer wieder britische Regenten hier zu Gast - zuletzt die Queen selbst im Jahre 1966. Das ist natürlich ein ganz besonderes historisches Erlebnis. Die Queen war ja auch auf Staatsbesuch in Österreich - das war eine andere Periode, in den 60er Jahren, da hatte man auch etwas mehr Zeit. Die Queen nahm sich diese Zeit in Österreich: Sie besuchte mehrere Bundesländer, hat als große Pferde-Liebhaberin das Lipizzaner-Gestüt Piber besucht und es gibt sogar ein Foto von ihr in einem Haflinger-Geländefahrzeug des Bundesheeres. Ich bin mir sicher: Die Queen erinnerte sich an diesen Besuch und das ist auch eine besondere Brücke zwischen unseren beiden Ländern.

70 Jahre - das ist eine unglaubliche Ära für das Vereinigte Königreich und die Monarchie. Aber wie geht es mit zweiterer nun weiter?
Ja, 70 Jahre ist eine lange Zeit. Historisch gesehen wird die Regentschaft der Queen das Land noch sehr lange beeinflussen. Wie wir in der österreichischen Botschaft auch jetzt noch ein Porträt von Maria Theresia hängen haben, so werden Porträts der Queen wohl noch hunderte Jahre weltweit zu finden sein. Für die britische Monarchie ist es ein interessanter Moment: Als die Queen den Thron vor 70 Jahren bestiegen hat, war es der Beginn ihrer politischen Tätigkeit und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit. Für König Charles ist es nun ein ganz anderer Moment - es ist der Höhepunkt einer schon fünfzig Jahre dauernden politischen Laufbahn und er hat sich in den letzten fünfzig Jahren immer wieder kritisch und interessant zu aktuellen Themen geäußert. Nicht zu tages- oder parteipolitischen Themen, aber er hat klare Ansichten zu Umweltschutz, Ökologie, Landwirtschaft oder Architektur. Diese bisher privaten Ansichten sind in der Bevölkerung bekannt und es wird interessant zu sehen sein, wie jemand, der bereits ein Profil in der Öffentlichkeit hat, seine Ideen in Zukunft vertreten und in den Vordergrund stellen wird. Traditionell halten sich die britischen Regenten sehr aus der Tagespolitik zurück, das gibt ihnen auch viel Vertrauen in der Öffentlichkeit - das heißt aber nicht, dass sie nicht interessiert sind oder keine Meinung haben. Aber sie versuchen, über den tagespolitischen Ereignissen zu stehen und sie versuchen, mit den Möglichkeiten, die sie haben, zur Einheit und zum Wohlstand des Landes beizutragen.

Es gibt schon Tendenzen der Abspaltung im Commonwealth und auch einige Junge in London sind gegen die Monarchie, obwohl der Großteil gerade zum Sarg der verstorbenen Queen pilgert. Wie würden Sie diese Tendenzen einschätzen?
Einerseits ist es ein großer, persönlicher Respekt vor der Queen. Andererseits muss man neben den offiziellen Bildern auch ein bisschen ins Internet schauen und dann sieht man, dass es durchaus kritische und ablehnende Stimmen gibt. Die Besonderheit der britischen Monarchie würde es aber sehr schwer machen, aus diesem Staat eine Monarchie zu machen. Kurz- und mittelfristig ist das einfach nicht zu erwarten, denn selbst diejenigen, die der Monarchie kritisch gegenüber stehen, werden zögern bei der Frage: Wer soll danach kommen?! Ich glaube, die Debatte wird weiterlaufen. Man darf auch nicht vergessen, dass König Charles selbst die Art, wie der britische Herrscher agiert, die Palaststruktur, die Auftritte in der Öffentlichkeit, kennt - er hat das genau studiert und er wird da auch seine eigenen Schritte setzen. Es kann sein, dass das Königshaus in Zukunft bescheidener auftritt, dass es noch mehr auf die Menschen zugeht. Aber ich glaube, der Bestand der britischen Monarchie wird im Vereinigten Königreich nicht ernsthaft infrage gestellt. Weltweit, bei den 14 Staaten, für welche die Queen Staatsoberhaupt war und für die King Charles nun Staatsoberhaupt ist, kann man wieder Debatten erwarten. Manche kleinere Staaten überlegen vielleicht, zur Republik zu werden – die Karibik-Insel Barbarossa hat das gemacht, auch in Australien gab und gibt es Diskussionen. Aber das sind Entwicklungen, die wir abwarten können und die, glaube ich, auch das britische Königshaus durchaus mit Gelassenheit abwartet.

Am Montag folgt das große Staatsbegräbnis, Staatsoberhäupter aus der ganzen Welt werden erwartet, um der Queen die letzte Ehre zu erweisen. Auch Bundespräsident Alexander van der Bellen soll kommen - können Sie das bestätigen?
Ja, das kann ich gerne bestätigen. Ich konnte mit dem Herrn Bundespräsidenten noch letzten Donnerstag (Anm.: 8. September) bei der Botschafterkonferenz in Wien persönlich sprechen. Als dann die Nachricht kam, dass sie ausländischen Staatsoberhäupter eingeladen werden, hat die Hofburg natürlich sofort signalisiert, dass der Bundespräsident die Republik Österreich beim königlichen Staatsbegräbnis vertreten wird.

Der Zeitplan des Bundespräsidenten ist aktuell ja sehr eng. Was ist hier in London mit dem Bundespräsidenten geplant?
Man muss bedenken, dass das Begräbnis in erster Linie eine Familienangelegenheit ist. Teile der Zeremonie bis zum tatsächlichen Begräbnis sind auch der Familie und den engsten Mitgliedern des Königshauses vorbehalten. Aber zum Begräbnis der Queen werden auch Staatsoberhäupter aus aller Welt eingeladen. Aufgrund der Bedeutung des Landes, aber auch aus persönlichem Respekt gegenüber der Queen, werden sehr viele Staatsoberhäupter, Regierungschefs und andere offizielle Vertreter hier anwesend sein. Es wird zwei Veranstaltungen geben: Am Vorabend des Begräbnisses wird es im Buckingham Palace einen Empfang des Königs für die Staatsoberhäupter geben - das ist für alle eine gute Gelegenheit. Auch für unseren Herrn Bundespräsidenten, der den neuen König schon gut kennt, weil der damalige Prince Charles vor sechs Jahren in Österreich war. Er wird den neuen König also dort sehen und die Gelegenheit haben, ihn zu treffen. Die zweite Veranstaltung, an der die Staatsoberhäupter teilnehmen, ist die Begräbnis-Zeremonien der Westminster Abbey - ein traditionelles, historisches, feierliches Ereignis, das man live im Fernsehen mitverfolgen kann, und auch dort wird unser Bundespräsident vertreten sein. Ich glaube, es ist eine sehr gute Gelegenheit, die unser Herr Bundespräsident hier wahrnimmt.

Am Ende noch eine persönliche Frage: Wo werden Sie am Montagmittag sein? Werden Sie selbst auch an der Trauerfeier teilnehmen oder werden Sie es via Fernsehen mitverfolgen?
Die Zeremonie in der Westminster Abbey ist ausschließlich den offiziellen Gästen und, das darf man auch nicht vergessen, den Mitgliedern des Königshauses und ihren Verwandten aus ganz Europa, sowie den historisch wichtigen britischen Amtsträgern, vorbehalten. Diese drei großen Gruppen passen in die Westminster Abbey. Die Botschafter sind in diesem Falle nicht dabei. Wir kümmern uns darum, dass der Herr Bundespräsident dort eintrifft, wieder zurückkommt und er sein Programm, das ihn dann nach New York führt, fortsetzen kann.

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