Kritik an Steuerbonus
Höheres Familienbudget schließt Armutslücke nicht

Bei den Budgetverhandlungen wurden für Familien Mittel im Umfang von 8,7 Milliarden Euro für 2024 bereitgestellt.  | Foto: Monkeybusiness/Panthermedia
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Zahlreiche Studien belegen die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die sich in Krisenzeiten weiter verschärft. Jetzt schon verfügen in Österreich laut Armutskonferenz die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über mehr als die Hälfte des privaten Geldvermögens. Die unteren beiden Drittel verfügen praktisch über keine oder nur sehr geringe Reserven oder haben nur Schulden. Das Familienbuget der Regierung wurde für 2024 erhöht. Was aber die Kluft zwischen Arm und Reich nicht schließt.

ÖSTERREICH. Die Debatte rund um warmes Essen für Kinder, die durch ein Video des  Bundeskanzlers ausgelöst wurde, hat das "Netzwerk Armutskonferenz" zum Anlass genommen, für gute und wirksame Maßnahmen gegen Kinderarmut aufzurufen. Denn: Die soziale Benachteiligung von Kindern zu bekämpfen, bedeute, die Therapielücke bei psychischen Problemen zu schließen, eine warme Mahlzeit in der Schule zu organisieren, das unterste soziale Netz zu reformieren, damit Existenzsicherung, Chancen und Teilhabe für jedes Kind gesichert sind, argumentiert die Armutskonferenz.

Warmes Essen als Basis

Ein warmes Essen oder gesunde Jause in der Schule ist ein guter Beitrag für alle Kinder, aber besonders hilft es Ärmeren. „Es hilft pädagogisch, weil die Kinder sich besser konzentrieren können, es hilft sozial, weil gemeinsames Essen der Gemeinschaft gut tut, es hilft gegen Armut, weil Familien in finanziell schwieriger Situation entlastet werden“, so die Armutskonferenz.
Weiters könnten mittels eines „Chancenindex“ benachteiligte Schulstandorte besser ausgestattet werden, z.b auch mit gemeinsamen Essen.

Studie berechnet Kosten für Kinder in Österreich

30.000 bis 100.000 Euro kostet eine Familie laut Studie der Statistik Austria „Monetäre Familienleistungen 2021“ im Schnitt ein Kind bis zum Schulpflichtende: Wo Familien den Gürtel enger schnallen müssen, stehen Alleinerzieher vor der Armutsfalle. Demnach kommt ein Kind, das bei beiden Eltern wohnt, im Schnitt auf stolze 494 Euro pro Monat.

Durchschnittlich wandern vom Staat sogenannte Transferleistungen in der Höhe von 328 Euro in die Familienkasse (Stand: 2021). Dadurch entsteht ein Differenzbetrag von 166 Euro. Werden diese 166 Euro nun hochgerechnet, ergeben sich bis zum Ende der Schulpflicht im Alter von 15 Jahren rund 30.000 Euro. Sollte das Kind eine höhere Schule mit Matura-Abschluss besuchen, gar knapp 36.000 Euro. Je älter die Kinder werden, desto mehr kosten sie. Für Alleinerzieher stellt das eine extreme finanzielle Herausforderung dar: Bei hochgerechneten Durchschnittskosten von 900 Euro gibt es lediglich 321 Euro Unterstützung. 

Steuerliche Nachteile für Alleinerziehende

Aus steuerlichen Begünstigungen erhalten Zwei-Erwachsenen-Haushalte mit 119 Euro pro Monat mehr als Alleinerziehende (104 Euro), besonders groß ist die Differenz beim Familienbonus Plus (105 gegenüber 62 Euro). Alleinerzieher können letzteren seltener ausschöpfen, weil der Zugang ohne Partnereinkommen schwieriger ist. Auch mit mehr Kindern kann man den Bonus laut Studie seltener ausschöpfen, bei Alleinerziehern mit mehreren Kindern summieren sich die Einschränkungen. Der Alleinerzieherabsetzbetrag kann laut Studie nur einen Teil des Nachteils kompensieren.

Einen starken Unterschied gibt es auch beim Ausschöpfen monetärer Familienleistungen je nach Einkommensgruppe. Insgesamt erhalten Familien aus dem untersten Einkommensfünftel pro Monat mit 298 Euro unterdurchschnittlich viele Mittel, Familien aus dem obersten Einkommensfünftel mit 345 Euro überdurchschnittlich viel. Bei den direkten Geldleistungen erhalten die Bestverdiener etwas mehr, weil sie im Schnitt älter sind und auch ältere Kinder haben (225 gegenüber 214 Euro pro Monat). Besonders ausgeprägt ist der Unterschied aber bei den steuerlichen Begünstigungen (120 gegenüber 84 Euro monatlich).

 Familienbudget 2024 

Seit 1. Jänner 2023 werden alle Familienleistungen an die Inflation angepasst, das betrifft Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag und Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld und Familienzeitbonus sowie Schulstartgeld. Das bedeutet für 2024, dass die Mittel für  die Familienbeihilfe um 433 Mio Euro steigen, die Mittel für das Kinderbetreuungsgeld um rund 118 Millionen Euro. Je nachdem, welche Variante man beim Kinderbetreuungsgeld gewählt hat, sind das laut Familienministerin Susanne Raab zwischen 1.000 und 2.000 Euro mehr. Für die Familienbeihilfe plus Kinderabsetzbetrag sind das demnach rund 212 Euro mehr pro Kind, wenn das Kind unter drei Jahren ist.

Bei den Budgetverhandlungen wurden für Familien Mittel im Umfang von 8,7 Milliarden Euro für 2024 bereitgestellt. Der Familienzeitbonus während des Papamonats wird verdoppelt, um mehr Väter in die Familienbetreuung zu bringen. Dies bedeutet laut Familienministerium eine Erhöhung von 740 Euro auf über 1.480 Euro im Monat. Dieser Betrag soll jährlich valorisiert werden. 2024 beträgt der Familienzeitbonus somit rund 1.600 Euro im Monat. 

Kritik an Familienbonus

Der Familienbonus als Steuerbonus, der ans Einkommen und an die bezahlte Steuerhöhe gekoppelt ist, bedeutet, dass nur, wer genug Geld verdient, auch den vollen Bonus bekommen kann. Wer wenig verdient, bekommt auch weniger fürs Kind. Der Familienbonus ist imV Vergleich zu den anderen Familienleistungen der größte Hilfstopf für Familien. Kritiker orten darin ein weiteres Einzementieren der finanziellen Ungleichheit von Familien und Kindern. Er erweitere nicht die Chancen für jene, die mehr Hilfe brauchen, sondern wirkt nach dem Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben. 

Freifahrten erweitert

Im Rahmen des erhöhten Familienbudgets wird die Schüler-, Lehrlingsfreifahrt und die Fahrtenhilfe erhöht: Hier sind 606 Millionen Euro budgetiert, was ein Plus von 53 Millionen Euro bedeutet. Das bisherige Budget für den Kinderschutz wird zudem um 1 Million Euro gesteigert - grundsätzlich soll das Geld für verschiedene Projekte eingesetzt werden.

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