Hypo: Warum sich Werner Faymann nicht aus der Verantwortung stehlen kann, erklärt Politexperte Thomas Hofer

Politexperte Thomas Hofer: "Josef Pröll ist sicher ein Primär-Ziel der Opposition im Untersuchungsausschuss".
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  • hochgeladen von Karin Strobl

Was wird der Hypo-Ausschuss bringen?
Thomas Hofer: Ganz ehrlich: Ich weiß es noch nicht. In der Vergangenheit sind U-Ausschüsse oft in zwei Richtungen abgedriftet: Entweder sie wurden von der Regierung ins Lächerliche gezogen und zum Beispiel frühzeitig abgedreht oder sie wurden von der Opposition als Polit-Bühne missbraucht.

Und dieses Mal?
Es gibt neue Regeln. So wurden unter anderem ein Verfahrensrichter und ein Verfahrensanwalt installiert. Jedenfalls nährt das die Hoffnung, dass das Ganze nun professioneller ablaufen könnte.

Wenn die Ausschuss-Vorsitzende, Nationalratspräsidentin Doris Bures, ihre Sache gut macht, wird die SPÖ sie als Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl aufstellen, oder?
Für Doris Bures ist der U-Ausschuss ohne Zweifel ein entscheidender Moment in ihrer Karriere. Es ist sozusagen eine Bewährungsprobe. Wobei ich weniger glaube, dass Sie als Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl in Frage kommt – da läuft momentan bei der SPÖ vieles in Richtung Rudolf Hundstorfer. Für Bures geht es im Ausschuss um ihr Image.

Als Vertraute des Kanzlers?
Ja. Sie gilt aber nicht nur als Vertraute, sondern ihr wird sogar ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis zu Werner Faymann unterstellt. Nun muss Sie sich im sprichwörtlichen Sinn politisch vom Kanzler emanzipieren, ihre Unabhängigkeit als Nationalratspräsidentin unter Beweis stellen.

Apropos: Wird der Kanzler den Ausschuss politisch überleben?
Er steht zwar nicht in der ersten Reihe, aber für ihn kann es schon auch unangenehme Situationen geben. Er kann sich auch nicht komplett aus der Verantwortung stehlen. Er kann nicht sagen, dass das alles nur sein Finanzminister gemacht hat, denn auch der Kanzler trägt Verantwortung als Chef der Regierung. Und das war er auch schon bei der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria 2009. Das war natürlich eine Entscheidung der gesamten damaligen Regierung.

Und der damalige Finanzminister Josef Pröll?
Josef Pröll ist sicher ein Primär-Ziel der Opposition.

Weil er als künftiger Raiffeisen-Generalanwalt gehandelt wird?
Das ist nicht der ausschließliche Grund. Da geht es schon um seine Rolle als jener Finanzminister, der die Verstaatlichung vollzogen hat. Aber seine mögliche berufliche Zukunft spielt natürlich mit hinein. Und gerade die FPÖ und Raiffeisen sind nicht die besten Freunde. Zudem bietet Pröll der FPÖ eine Chance, von ihrem Teil der Verantwortung – sie stand ja an der Wiege dieses Skandals – abzulenken und die Hypo nicht zu einem rein blauen Versagen werden zu lassen.

Kann die FPÖ als Kernreaktor des Hypo-Supergaus weiterhin so tun, als ginge sie das alles nichts an.
Nicht vollständig. Aber die Strategie ist klar. Man verweist ja immer auf die Spaltung der Partei 2005 und dass man dann sogar gegen Jörg Haider angetreten sei. Die heutige FPÖ habe mit der damaligen nichts zu tun. So lautet jedenfalls die Botschaft. Ganz einfach ist diese Drehung nach meiner Einschätzung nicht, aber bislang hat das relativ gut funktioniert.

Der jetzige Vizekanzler saß damals auch schon in der Regierung.
Für Reinhold Mitterlehner besteht als damaliges Regierungsmitglied die Gefahr, im Ausschuss mit angepatzt zu werden, auch wenn er die unmittelbare Verantwortung für die Verstaatlichung nicht zu tragen hat. Für die Opposition ist es aber verlockend, auch den aktuellen ÖVP-Chef nicht außen vor zu lassen.

Wie hoch ist eigentlich der Druck auf die beiden Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im Ausschuss?
Auf Gabriele Tamandl von der ÖVP und Jan Krainer von der SPÖ lastet sicher ein hoher Erwartungsdruck. Ihre Parteikolleginnen und -kollegen erwarten sich schließlich, dass der Hypo-Skandal nicht zu einem rot-schwarzen Desaster wird.

Wer hat eigentlich Star-Potential?
In U-Ausschüssen haben ja schon viele Karrieren begonnen. Man denke nur an Peter Pilz. Ich denke, speziell die Fraktionsvorsitzenden haben die große Chance, sich hier zu profilieren. Wie das etwa sicher Werner Kogler von den Grünen versuchen wird.

In welchem Land laufen Ihrer Meinung nach parlamentarische Untersuchungsausschüsse besonders professionell ab?
In den USA. Dort ist es vollkommen egal, welcher Partei man angehört. Dort wird man von den eigenen Leuten genau so gegrillt wie vom politischen Gegner.

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