Nachbarschaftsstreit
Italien verklagt Österreich wegen Anti-Transit-Maßnahmen

Italiens Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) wendet sich wegen des Konflikts mit Österreich aufgrund der Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). | Foto:  GABRIEL BOUYS / AFP / picturedesk.com
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  • Italiens Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) wendet sich wegen des Konflikts mit Österreich aufgrund der Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
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Italien wendet sich wegen des Konflikts mit Österreich aufgrund der Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das kündigte Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) am Mittwoch vor dem Parlament in Rom an. Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) reagierten mit scharfer Kritik. Sie wollen jedenfalls an den Transit-Maßnahmen festhalten.  

ÖSTERREICH/ITALIEN. Weil sie noch kein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet habe, kritisierte der italienische Vizepremier auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) scharf. "Nach vier Jahren Untätigkeit der Europäischen Kommission hat diese Regierung beschlossen, das im EU-Vertrag vorgesehene Verfahren zu aktivieren, um einen anderen Staat wegen Verletzung des EU-Rechts vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen", erklärte Salvini. Jeder EU-Mitgliedstaat könne den EuGH anrufen, wenn er der Auffassung sei, dass ein anderes Mitglied gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen habe, hatte der Rechtspolitiker bereits vergangene Woche betont.

Salvini: "Akt der Gewalt und politischen Arroganz"

"Wir haben es mit einem Akt der Gewalt und der politischen Arroganz seitens der Regierung eines EU-Mitgliedstaates zu tun, dem wir ein Ende setzen müssen. Die Beschränkungen wurden von Österreich aus Gründen des Umweltschutzes eingeführt, aber hier geht es nicht um Umwelt", polterte Salvini laut APA am Mittwoch. Hier gehe es einfach um unlauteren österreichischen Wettbewerb gegen Unternehmer und Frächter aus Italien, Deutschland und dem gesamten europäischen Kontinent.

Wenig überraschend begrüßen die italienischen Frächterverbände ANITA und Conftrasporto Salvinis Worte. "Wir danken Minister Salvini ausdrücklich für seine Arbeit und dafür, dass er alle notwendigen Anstrengungen unternommen hat, um ein so wichtiges Thema für die Unternehmen des Sektors zu behandeln", hieß es in einer Presseaussendung des ANITA-Verbands.

Gewessler und Mattle mit scharfer Kritik an Salvini

Die österreichische Verkehrsministerin reagierte hingegen mit scharfer Kritik an ihrem italienischen Amtskollegen: "Die Situation der Menschen in der gesamten Region Tirol ist ihm offenbar egal", sagte Gewessler gegenüber der APA. Die Tiroler Notmaßnahmen gebe es aus einem guten Grund. "Sie schützen die Tirolerinnen und Tiroler. Für mich ist klar: Wenn wir weiterkommen wollen, müssen wir die Bevölkerung ernst nehmen."Vielleicht wäre auch "mein italienischer Kollege gut beraten, hier einmal genau hinzuhören, was sich die Menschen wünschen", unterstrich die Ministerin.

"Für Tirol wiegen der Schutz der Gesundheit, der Umwelt und der Infrastruktur schwerer als die fossile Verkehrspolitik in Italien", ließ  auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) in einer Stellungnahme gegenüber der APA deutliche Kritik durchklingen. Salvini fordere immer mehr Lkw, die er über den Brenner schicken will. "Und er wird dabei in seiner Sprache immer extremer", so der Landeshauptmann. Italien sollte sich "als europäischer Partner und im Sinne der Menschen entlang des Brennerkorridors auf die Reduktion des Verkehrs und die Verkehrswende als Teil des Klimaschutzes konzentrieren."

Salvini schießt auch gegen Grenzkontrollen

Salvini kritisierte zudem die Pläne der österreichischen Bundesregierung, wegen der Flüchtlingssituation außerordentliche Grenzkontrollen zu Italien einzuführen. Das hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vergangenes Wochenende öffentlich erwogen. Salvini kündigte daher an, im Oktober zum Brenner zu reisen. "Das wird eine Gelegenheit sein, um die Lage zu prüfen, nachdem Wien angekündigt hat, die Grenzkontrollen verschärfen zu wollen. Italien darf von anderen EU-Ländern nicht benachteiligt werden: Ohne eine Rückkehr zu einer loyalen Zusammenarbeit will Salvini eine Verschärfung der Grenzkontrollen für österreichische Fahrzeuge vorschlagen", hieß es in einer Mitteilung des Verkehrsministeriums in Rom.

Tirols Landespolizeidirektor Helmut Tomac kündigte unter anderem verstärkte Kontrollen im Hinterland an. Stichproben-Kontrollen auf der Autobahn sowie Kontrollen in den Zügen führe man ohnehin durch. Man stelle aber fest, dass die aktuelle Route nicht über den Brenner führe. Die Aufgriffe von irregulär eingereisten Menschen in Tirol seien zwar "marginal" gestiegen, "aber nicht bemerkenswert", so Tomac.

Rechtliche Grundlage für EuGH-Klage

Bevor ein Mitgliedstaat gegen einen anderen vor dem EuGH Klage erhebt, muss die EU-Kommission mit der Causa befasst werden. Im Anschluss erlässt sie eine Stellungnahme und gibt den beteiligten Staaten Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung. Gibt die Kommission binnen drei Monaten keine Stellungnahme ab, so kann unabhängig einer ofiziellen Stellungnahme vor dem Gerichtshof geklagt werden. 

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