Schengen-Veto
Kritik und Enttäuschung nach Österreichs Blockade
Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten haben am Donnerstag über die Schengen-Aufnahme von Kroatien, Bulgarien und Rumänien abgestimmt. Während es für Kroatien grünes Licht gab, wurde der anvisierte Beitritt Rumäniens und Bulgariens blockiert – allen voran von Österreich. Nun gibt es harsche Kritik an dem Veto des österreichischen Innenministers Gerhard Karner (ÖVP). Die Geste Österreichs werde "zwangsläufig Konsequenzen" für die bilateralen Beziehungen haben, stellte etwa das Außenministerium in Bukarest klar.
ÖSTERREICH. Der österreichische Innenminister verteidigte seine Blockade bereits im Vorfeld der Abstimmung mit der hohen Zahl an Asylanträgen. Es habe heuer mehr als 100.000 irreguläre Grenzübertritte nach Österreich gegeben, davon seien 75.000 nicht registriert gewesen, so der Innenminister vor dem Treffen. Migrationsforscherin Judith Kohlenberger ließ das Argument von Karner nicht gelten. "Rein geografisch fällt Bulgarien sowieso als relevante Route für Menschen, die visafrei nach Serbien reisen, weg", schrieb sie u. a. auf Twitter.
Enttäuschung und Verärgerung in Rumänien und Bulgarien
Rumänien und Bulgarien reagierten indes verärgert und enttäuscht. Der rumänische Außenminister Bogdan Aurescu bestellte die österreichische Botschafterin in Bukarest ein, um ihr eine Protestnote der rumänischen Regierung wegen der "ungerechtfertigten und unfreundlichen Haltung Österreichs" zu überreichen. Diese Geste Österreichs werde "zwangsläufig Konsequenzen" für die bilateralen Beziehungen haben, stellte das Außenministerium in Bukarest klar.
Bulgariens Innenminister Iwan Demerdschiew nannte das Veto politisch motiviert. Im Fall Bulgariens hat auch die Niederlande gegen den Schengen-Beitritt gestimmt. Der bulgarische Minister bezeichnete vor allem das Verhalten der Niederlande als destruktiv. Österreich habe signalisiert, dass es kompromissbereit ist, sagte Demerdschiew.
Kritik auch aus Österreich
Kritik an Karners Veto kam auch von österreichischer Seite. Das entspreche nicht den europäischen Werten, betonten etwa die grünen Europaabgeordneten Monika Vana und Thomas Waitz. Kritik kam ebenso von SPÖ und NEOS. Die Regierung habe Österreich ins "europapolitische Aus geschossen", sagte etwa NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon.
Auch in den eigenen Reihen wurde Unverständnis geäußert. Der Vizepräsident des EU-Parlaments und ÖVP-Politiker, Othmar Karas, sagte, eine Schengen-Blockade trage nichts zur Lösung bei den Asylzahlen bei und habe damit auch nichts direkt zu tun. Beides zu vermischen, sei "unverantwortlich und unsäglich", so Karas.
Beaerbock: Österreichisches Veto "mehr als falsch"
Die deutsche Außenministerin Annalena Beaerbock (Grüne) bedauerte die gescheiterten Beitritte Rumäniens und Bulgariens ebenfalls: "Ich hätte mir heute nicht nur eine andere Entscheidung gewünscht, bei der auch Bulgarien und insbesondere Rumänien mit in den Schengen-Raum aufgenommen würden, sondern es ist eine schwere Enttäuschung“, sagte sie. Und: "Dass das jetzt aufgrund des österreichischen Vetos und dieser erzwungenen Entscheidung anders gekommen ist, halte ich europapolitisch und geopolitisch für mehr als falsch."
Debatte um Argumentation
Eine Debatte gab es im Anschluss an das Veto über die Argumentationslinie des österreichischen Innenministers. Nur drei Prozent aller Asylwerbenden in Österreich würden über Rumänien reisen, betonte die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger auf Twitter. "Noch wichtiger: Der Großteil der Schutzsuchenden, die nach Österreich kommen, befanden sich schon in der EU. Warum Rumänien und Bulgarien die Schuld zugeschoben bekommen, aber nicht Ungarn oder gar Kroatien, das systematisch weiter pushbackt, ist irrational und heuchlerisch", ergänzte Kohlenberger.
In einer Stellungnahme gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) widersprach das Innenministerium. Die Zahl der über Rumänien geschleppten Personen gehe in die Tausenden und sei "weit höher" als die genannten drei Prozent, so der Leiter der Schlepperbekämpfung im Bundeskriminalamt, Gerhard Tatzgern. Was Rumänien betrifft, argumentiert er mit der Nationalität der dort verhafteten Schlepper. 260 der 460 Schlepper in dem Schengen-Anwärterland seien Einheimische, so Tatzgern.
Das könnte dich auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.