Kurz: "Frühpensionen sind nicht die Ausnahme"
- Minister Kurz: "Es ist ghettoisierend, wenn man Kinder mit ihren Sprachproblemen allein lässt."
- Foto: Thomas Jantzen
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Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz fordert mehr Reformwillen ein.
Sie haben einen Drei-Punkte-Plan zum Thema Pensionssys-tem vorgelegt. Sind unsere Pensionen doch nicht sicher?
KURZ: "Wirklich sicher ist das Pensionssystem dann, wenn wir es reformieren. Wir haben eine steigende Lebenserwartung, gleichzeitig gehen wir früher in Pension als 1971. In Österreich ist die Frühpension nicht die Ausnahme, sondern die Regel. 80 Prozent der Menschen gehen vor dem gesetzlichen Antrittsalter in Pension. Da braucht es Veränderung."
Sie fordern – wie Ihr Parteiobmann Mitterlehner – eine Pensionsautomatik, die jedoch von Kanzler Faymann vehement abgelehnt wird. Eine Pattsituation?
"Die Pensionsautomatik sehe ich als JVP-Chef als notwendig an. Damit die jetzigen und künftigen Pensionen gesichert sind, braucht es eine Masse, die in das System einzahlt. Dass so ein Pensionssystem auch reformierbar ist, zeigen uns andere Länder. Man tut niemandem etwas Gutes, wenn man hier die Wahrheiten verschweigt."
Sie sagen, dass es eine Masse an Menschen braucht, die ins System einzahlt. Kann diese Masse durch Zuwanderung erreicht werden?
"Durch Zuwanderung wird man das System nicht am Leben erhalten können. Wer das Argument bringt, versucht, die traurige Wahrheit zu verschleiern."
Laut OECD ist die Hälfte der Zuwanderer nicht ihrem Ausbildungsniveau entsprechend beschäftigt. Pure Vergeudung, oder?
"Wir arbeiten gerade an einem Gesetz, das die im Ausland erworbenen Qualifikationen besser anerkennen soll. Das ist für uns als Land volkswirtschaftlich hilfreich. Aber mangelnde Sprachkenntnisse sind ebenso ein Hemmschuh."
25 Prozent der hier geborenen Zuwandererkinder können nur schlecht Deutsch.
"Wir haben hier in den letzten Jahrzehnten verschlafen und haben so getan, als ob wir kein Zuwanderungsland seien. Zahlreiche Kinder in Österreich starten ins Schulsystem, ohne ausreichende Deutschkenntnisse mitzubringen. Wir haben es die letzten 30 Jahre versäumt, in die Sprachförderung zu investieren. Wenn Kinder nach dem Kindergarten noch nicht in der Lage sind, dem Unterricht auf Deutsch zu folgen, bringt es nichts, sie in die Schule zu setzen und sie ihrem Schicksal alleine zu überlassen. Hier braucht es Deutschklassen."
Haben es Kinder mit Migrationshintergrund also doch schwerer?
"Es brechen rund 17 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund die Schule ab, ohne einen Hauptschulabschluss zu haben. Wer sagt, dass es ghettoisierend ist, wenn man Kinder in eine Deutschklasse setzt, der verkennt meiner Meinung nach die Situation und verschweigt, dass es ghettoisierend ist, wenn man Kinder auf sich allein gestellt lässt, nur weil sie die Sprache nicht können."
Als Sie die Kampagne #stolzauf präsentiert haben, ist Ihnen Kritik und Häme entgegengebracht worden.
"In der Masse ist sie sehr positiv angekommen. Etwa 50.000 Menschen haben mitgemacht. Aber wir wollten damit auch polarisieren. Wir wollten zeigen, dass Österreich seine Geschichte niemals vergessen soll, aber gleichzeitig sehr viele Gründe bietet, warum man eben stolz auf dieses Land sein kann. Und jeder, der einen Beitrag leistet für Österreich, soll Österreich als seine Heimat sehen können.“
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