Sondersitzung im Nationalrat
Meinl-Reisinger: "Anklagebank und Regierungsbank passen nicht zusammen"

Für die Person gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung, "aber für das Amt gelten andere Regeln",  sagte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag in der Sondersitzung im Nationalrat in Richtung des Bundeskanzlers.  | Foto: © Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen
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  • Für die Person gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung, "aber für das Amt gelten andere Regeln", sagte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag in der Sondersitzung im Nationalrat in Richtung des Bundeskanzlers.
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In einer Sondersitzung des Nationalrats am Montag drehte sich alle um die Vorwürfe gegenüber Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) im Zusammenhang mit dem „Ibiza“-U-Ausschuss. 

ÖSTERREICH. Heute vor zwei Jahren wurde das "Ibiza"-Video veröffentlicht. Die Auswirkungen auf die heimische Politik wurden einmal mehr am Montag deutlich. Bei der Sondersitzung am Montag brachte die SPÖ eine Dringliche Anfrage an den Bundeskanzler ein. Die SPÖ warf Kurz unter anderem vor, die Politik zu einem persönlichen und moralischen Tiefpunkt geführt zu haben.

50 Fragen an Kurz

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgenommen – es geht um den Vorwurf der Falschaussage im "Ibiza"-U-Ausschuss. 50 an ihn gerichteten Fragen beantwortete Kurz in der Sondersitzung am Montag und kritisierte „persönliche Attacken“ gegen seine Person.  Es gehe im U-Ausschuss nicht mehr um die Wahrheitsfindung, sondern nur noch um „Diffamierung“, betonte Kurz. Er habe nach „bestem Wissen und Gewissen“ ausgesagt. Es sei versucht worden, ihm „das Wort im Mund umzudrehen“, sagte der Bundeskanzler. Bei der Beantwortung der Fragen erklärte Kurz, der Finanzminister sei gesetzlich für die Bestellung der Aufsichtsräte der ÖBAG zuständig. Er werde für gewöhnlich im Nachhinein davon informiert, manchmal davor um eine Meinung gebeten. Mit Thomas Schmid habe er nach wie vor "in unregelmäßigen Abständen" Kontakt, dieser sei nach wie vor Vorstand der ÖBAG. Von seinem Beschuldigtenstatus wisse Kurz seit Dienstagabend. Am Mittwoch trat der Bundeskanzler selbst vor die Presse.  

Ursprünglich war die Sondersitzung initiiert worden, weil Finanzminister Gernot Blümel die vom Ibiza-U-Ausschuss angeforderten Unterlagen erst geliefert hatte, nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Exekution seiner Entscheidung aufgefordert hatte.

Rendi-Wagner: „Niemand steht über dem Recht"

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) kritisierte im Anschluss die „mangelnde Beantwortung“ der Fragen durch Kurz. Es habe in den vergangenen Wochen „besorgniserregende Entwicklungen“ gegeben, die „ihren traurigen Höhepunkte in ÖVP-Attacken gegenüber der Justiz“ hatten. „Niemand steht über dem Recht, auch Sie nicht, Herr Bundeskanzler“, betonte Rendi-Wagner. Ein unabhängiger Richter werde entscheiden, ob Kurz eine Straftat begangen habe, nicht das Parlament und nicht die Opposition. „Und wissen Sie, warum nicht? Weil wir in einem Rechtsstaat leben, ob es Ihnen gefällt oder nicht“, sagte Rendi-Wagner. 

Kickl: "Sie wandeln auf den Spuren des HC Strache"

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl warf dem Bundeskanzler vor, er habe nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos noch erklärt, er könne "mit einem Regierungsmitglied, gegen das ermittelt wird" nicht länger zusammenarbeiten. "Was ist jetzt, wo sich die Ermittlungen gegen sie selbst und gegen ihre engsten Verbündeten richten", fragte Kickl. Kurz habe im U-Ausschuss Unwahrheiten "zelebriert" und sei jetzt überführt worden. Er müsse jetzt die Konsequenzen ziehen, forderte Kickl: "Jeder macht Fehler, aber nicht jeder Fehler ist ein Gesetzesbruch auf den bis zu drei Jahre Haft stehen". "Sie wandeln auf den Spuren des HC Strache", fügte Kickl hinzu. 

"Sie wandeln auf den Spuren des HC Strache", sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in Richtung Kurz.  | Foto: © Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen
  • "Sie wandeln auf den Spuren des HC Strache", sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in Richtung Kurz.
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NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärte, dass es sich bei der falschen Beweisaussage, die dem Bundeskanzler von der WKStA vorgeworfen wird, um ein Offizialdelikt handle, "dass vom Amtswegen zu ermitteln ist". Die Staatsanwaltschaft sei verpflichtet, Ermittlungen zu führen. "Die rote Linie ist dann überschritten, wenn Sie Herr Bundeskanzler angeklagt werden", sagte Mein-Reisinger. Für die Person gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung, "aber für das Amt gelten andere Regeln", betonte sie. Es sei eine wichtiger Konsens in der zweiten Republik, dass "Anklagebank und Regierungsbank nicht zusammenpassen". Das Kurz sogar im Fall einer Verurteil im Amt bleiben wolle, bezeichnete Meinl-Reisinger als "hochgradig irritierend". 

Kritik vom Koalitionspartner

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer erklärte, sie sei sehr froh, dass der Finanzminister "gerade noch" die Kurve gekratzt habe. Einzelne Akten, die zuvor wegen der hohen Sicherheitsstufe in Papierform geliefert wurden, werden laut Maurer nun elektronisch übermittelt. Das Regierenden seien im hohen Haus "zu Gast", betonte Maurer und hier, um Rede und Antwort zu stehen. Diese Verständnis müsse bei der ÖVP "neu geschärft werden", sagte die grüne Klubobfrau. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) würde auch in einem allfälligen Verfahren gegen den Bundeskanzler dafür sorgen ,"dass die Justiz in Ruhe ihre Arbeit machen kann", betonte sie.

ÖVP-Mandatar Hanger kritisierte wie sein Parteichef die Opposition, die alles unternehme, um Kurz loszuwerden. Er wolle aber nicht länger über die Ermittlungen und die Schredderaffäre reden, sondern über das Krisenmanagement während der Pandemie.

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