Petition "Stoppt die Verbauung"
Österreich verbaut 11 Hektar Boden pro Tag

Überflutungen wie diese führt der Umweltverein LELOG (Umweltschutz für die Region Bisamberg,) unter anderem auf massive Bodenversiegelung zurück. | Foto: FF Bisamberg
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  • Überflutungen wie diese führt der Umweltverein LELOG (Umweltschutz für die Region Bisamberg,) unter anderem auf massive Bodenversiegelung zurück.
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Neue Zahlen zum Bodenverbrauch 2020 zeigen: Die Republik verfehlt ihr eigenes Nachhaltigkeitsziel um mehr als das Vierfache – Die Naturschutzorganisation WWF fordert einen raschen Boden-Gipfel und eine Naturschutz-Offensive. Zudem mobilisieren die Naturschützer derzeit mit der Online-Petition „Natur statt Beton – Stoppt die Verbauung Österreichs!“ für mehr Bodenschutz. 

ÖSTERREICH. Die Zunahme des Bodenverbrauchs ist von 2019 auf 2020 leicht gesunken, wie aktuelle Zahlen zeigen. Jedoch: Im Schnitt der letzten drei Jahre sind pro Tag 11,5 Hektar an produktivem Boden verloren gegangen, wie am Donnerstag veröffentlichte Zahlen des Umweltbundesamts zeigen. Allein im Vorjahr lag der Flächenfraß trotz der monatelangen Corona-Lockdowns bei 3.900 Hektar, was laut WWF im Schnitt 10,7 Hektar pro Tag entspricht.

Im Jahr 2020 kam es zu 42 km² Flächeninanspruchnahme, was in etwa der Größe von Eisenstadt entspricht. Zwar setzt sich damit die kontinuierliche Abnahme der neu beanspruchten Flächen seit dem Jahr 2010 fort. Trotzdem ist Österreich in dem Bereich kein Vorzeigemodell.

WWF-Bodenschutzsprecherin Maria Schachinger. kritisiert: 

"Das selbst gesetzte Ziel von maximal 2,5 Hektar pro Tag ist selbst im Corona-Jahr 2020 um mehr als das Vierfache überschritten worden. Damit hat der Flächenfraß schon wieder jedes naturverträgliche Maß gesprengt. Hier von einem positiven Trend zu sprechen, wäre völlig verfehlt".

Bodenschutz-Gipfel ausständig

Die Naturschutzorganisation WWF fordert daher einen raschen Bodenschutz-Gipfel unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers, der für einen nationalen Schulterschluss sorgen müsse. "Wir brauchen einen wirksamen Bodenschutz-Vertrag, keine unverbindlichen Ziele, an die sich niemand hält", fordert Maria Schachinger. "Der Neustart nach der Corona-Krise muss unbedingt naturverträglich sein, damit der Flächenfraß nicht endgültig eskaliert", warnt die WWF-Expertin. Sie nimmt auch die Bundesländer in die Pflicht, die bei der morgen (Freitag) stattfindenden Konferenz der Umwelt-Landesrätinnen und -Landesräte ein gemeinsames Vorgehen beschließen sollen.

Zunahme Bevölkerung und Flächeninanspruchnahme | Foto: WWF/Bundesumweltamt

"Eine Lehre aus der Coronakrise ist, dass wir intakte Grünräume besser schützen müssen. Dennoch ist allein im Vorjahr rund 3.000 Hektar Boden am Zielwert vorbei gebaut worden. Damit gefährden wir weiterhin unsere Lebensgrundlage", sagt WWF-Expertin Maria Schachinger. "Die Verbauung zerstört wertvolle Lebensräume, bedroht gefährdete Arten und befeuert die Klimakrise. Zusätzlich leidet unsere eigene Gesundheit. Unsere Ernährung hängt genauso von gesunden Böden ab wie unser Zugang zu Trinkwasser, zu sauberer Luft und zur Abkühlung im Sommer."

15-Punkte-Plan und Petition "Stoppt die Verbauung Österreichs!"

Österreich verliert jährlich 0,5% seiner Agrarfläche. Obwohl Österreich über mindestens 40.000 Hektar an Leerstand und Industriebrache verfügt, werden täglich 13 Hektar Grünland neu verbaut. In 200 Jahren gäbe es bei Fortschreiten dieser Entwicklung so gut wie keine Agrarflächen mehr in Österreich. Im Zuge eines 15-Punkte-Plans fordert der WWF daher einen Bodenschutzvertrag von Bund, Ländern und Gemeinden, um den Flächenfraß bis 2030 auf maximal einen Hektar pro Tag zu reduzieren. Besonders wichtig sind die Ökologisierung der Raumordnung und des Steuersystems sowie eine große Naturschutz-Offensive. Der WWF mobilisiert derzeit mit der Online-Petition „Natur statt Beton – Stoppt die Verbauung Österreichs!“ für mehr Bodenschutz. Rund 26.000 Menschen haben sich der Petition bereits angeschlossen.

Bodenversiegelung verhindert wichtige Bodenfunktionen

In den vergangenen drei Jahren wurden in Österreich zwischen 41 und 42 Prozent der neu in Anspruch genommenen Flächen auch versiegelt. Das sind rund 15-20 km2 pro Jahr, die dauerhaft verloren gehen, weil der Boden mit einer wasserundurchlässigen Schicht abgedeckt, also bebaut, betoniert, asphaltiert oder gepflastert ist. Damit kann der Boden wichtige Funktionen, wie die Fähigkeit Wasser zu speichern und zu verdunsten, Schadstoffe zu filtern und Kohlenstoff zu binden, nicht mehr erfüllen. Boden ist also ein überlebenswichtiges Gut. Ein Kubikmeter Erde kann 200 bis 400 Liter Wasser speichern. Boden nimmt Schadstoffe auf, reinigt Regenwasser, sorgt damit für sauberes Trinkwasser und speichert Kohlenstoff. Eine Handvoll Boden enthält so viele Lebewesen, wie Menschen auf der Erde leben. Umso wichtiger ist es, mit der Ressource Boden sorgsam umzugehen 

Um Böden nachhaltig zu nutzen und den Bodenverbrauch zu reduzieren, braucht es strategisches Flächenmanagement. Das umfasst verbindliche Zielwerte für die Erhaltung produktiver Böden, Bodenfunktionsbewertungen, Wiedernutzung von Leerstand und Brachflächen, Festlegung von Siedlungsgrenzen, die Definition von sogenannten Vorrangflächen für die landwirtschaftliche Produktion und für Hochwasser-Rückhaltung sowie den Schutz ökologisch wertvoller Gebiete.

Bundesministerin Leonore Gewessler:

„Unser Boden ist ein wertvolles Gut. Er speichert Kohlenstoff und ist ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise. Ein gesunder Boden schützt uns auch vor den Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Hochwässern oder Muren. Denn er saugt Wasser auf wie ein Schwamm und gibt es dann wieder als Grundwasser ab. Wir müssen gut auf unsere Böden aufpassen, denn Bodenschutz ist Klimaschutz!“

Treiber des Bodenverbrauchs

Den größten Anteil nehmen laut Bundesumweltamt Bau- und Betriebsflächen ein. Während der Flächenbedarf für Betriebsflächen auf 10,6 km2 im Jahr 2020 zurückgegangen ist, erreichte der Flächenbedarf für Bauflächen 2019 seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Jahr 2020 ist nun erstmals wieder ein Rückgang zu beobachten. Dennoch liegt der Bodenverbrauch für Bauflächen mit etwa 23 km2 pro Jahr über dem langjährigen Schnitt.

Ein Rückgang ist in der Nutzung von Flächen für Erholung und Abbau sowie im Straßenbau zu beobachten. Auch die von der Bahn beanspruchten Flächen schrumpfen. Seit 2013 beansprucht dieser Sektor jährlich weniger Boden. Ursachen dafür sind in beiden Sektoren vor allem Änderungen in der Datenerfassung von Straßen und Schienenverkehrsanlagen. Um Böden nachhaltig zu nutzen und den Bodenverbrauch zu reduzieren, braucht es strategisches Flächenmanagement. Das umfasst verbindliche Zielwerte für die Erhaltung produktiver Böden, Bodenfunktionsbewertungen, Wiedernutzung von Leerstand und Brachflächen, Festlegung von Siedlungsgrenzen, die Definition von sogenannten Vorrangflächen für die landwirtschaftliche Produktion und für Hochwasser-Rückhaltung sowie den Schutz ökologisch wertvoller Gebiete.

Jungend will aufmerksam machen

Das WWF-Jugendnetzwerk Generation Earth präsentiert einen „Appell der Jugend“, um gegen den enormen Flächenfraß zu protestieren. Die Jugendlichen werden symbolisch ein Stück Grünraum mit immer mehr Beton und Ziegeln zupflastern, um damit im öffentlichen Raum auf die Umweltkrise Bodenverbrauch aufmerksam zu machen.

Foto- und Filmaktion "Appell der Jugend gegen Flächenfraß"

Wann: Freitag, 25. Juni 2021, 15:00 Uhr
Wo: Platz der Menschenrechte, Ecke Mariahilfer Straße/MuseumsQuartier, 1010 Wien

Zum Umweltbundeamt
Petition Stoppt die Verbauung

Pro Minute werden in Österreich 100 Quadratmeter Boden verbraucht

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