Volksanwaltschaft schlägt Alarm
Pflegenotstand führt zu "schweren Menschenrechtsverletzungen"

Besonders problematisch sei die Personalsituation in geprüften Einrichtungen, wie etwa in Pflegeheimen, aufgefallen. | Foto: MEV
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2021 sind bei der Volksanwaltschaft  deutlich mehr Beschwerden eingegangen –  23.600 Menschen wandten sich im vergangenen Jahr an sie. Massive Kritik übt die Volksanwaltschaft im aktuellen Jahresbericht an der prekären Personalsituation in der Pflege. 

ÖSTERREICH. Die Volksanwälte Walter Rosenkranz, Werner Amon und Bernhard Achitz präsentierten mit dem Jahresbericht heute, Mittwoch die wichtigsten Prüfergebnisse des Jahres 2021. In knapp der Hälfte der Fälle leitete die Volksanwaltschaft ein Prüfverfahren ein, fast 17.000 Beschwerden betrafen die Verwaltung.

Die meisten Beschwerden gingen inhaltlich um den Bereich "Soziales und Gesundheit" (31,5 Prozent), unter den auch die Covid-19-Maßnahmen fielen. 22,3 Prozent der Fälle betrafen die "Innere Sicherheit", das umfasst etwa das Fremden- und Asylrecht oder die Polizei. 14 Prozent der Beschwerden betrafen die Justiz, die insbesondere den Straf- und Maßnahmenvollzug betreffen. Der Zustand in einigen Justizanstalten und hier vor allem die bauliche Substanz sei scharf zu kritisieren, so Volksanwalt Werner Amon. Aber auch im Maßnahmenvollzug gebe es keine wesentlichen Verbesserungen. 

Sehr viele Beschwerden gebe es auch im Zusammenhang mit FinanzOnline und der Finanzhotline, berichtet Volksanwalt Werner Amon. Insbesondere ältere Menschen würde sich sehr schwer tun hier alles online oder telefonisch abzuwickeln. Die Volksanwaltschaft empfiehlt, auch die Möglichkeit der persönlichen Vorsprachen zu geben.

Volksanwalt Walter Rosenkranz

Fälle von Menschenrechtsverletzungen bei zwei Drittel der Kontrollen 

Kontrolliert wurden von der Volksanwaltschaft etwa Justizanstalten, Polizeiinspektionen, Anhaltezentren, Einsätze der Polizei bei Demonstrationen, Pflegeheime, Psychiatrien, Kinder und Jugendheime und ähnliches, so Volksanwalt Walter Rosenkranz und mögliche Menschenrechtsverletzungen geprüft. Insgesamt 570 Kontrollen habe es insgesamt gegeben.. 541 Kontrollen fanden in Einrichtungen statt, in denen Menschen angehalten werden. 29-mal wurden Polizeieinsätze begleitet. Um einen möglichst unverfälschten Eindruck zu erhalten, erfolgten die Kontrollen in der Regel. In 63 Prozent der präventiven Kontrollen sahen sich die Kommissionen veranlasst, die menschenrechtliche Situation zu beanstanden. 

Mangelndes Pflegepersonal massives Problem

Besonders problematisch sei die Personalsituation in geprüften Einrichtungen aufgefallen, "das ist es völlig egal, ob wir von Pflegeheimen, Wohngemeinschaften für Jugendliche oder von  Behinderteneinrichtungen sprechen". Das Personal sei oft am absoluten Limit. Durch die Pandemie komme zu personellen Ausfällen, das verbliebene Personal müsse häufig Überstunden leisten, so Volksanwalt Bernhard Achitz. Auch die Volksanwaltschaft stellte fest, dass die Pflege "vor einem Kollaps". "Überall herrscht Personalmangel, und der führt zu schweren Menschenrechtsverletzungen,“ betonte Achitz. Das Problem sei nicht neu, "die Volksanwaltschaft weist seit Jahren darauf hin, aber Corona hat es weiter verschärft,"so Achitz.

Durch mangelnde Pflege, Ruhigstellung durch Medikamente, Einschränkungen der persönlichen Freiheit, usw. komme es Menschenrechtsverletzungen. "Wir können keine politischen Maßnahmen erkennen, die diesen Pflegenotstand in irgend einer Form entgegen wirken", kritisierte Achitz weiter. 

So viele Menschen wie nie zuvor haben sich 2021 in Gesundheitsangelegenheiten bei der Volksanwaltschaft beschwert. Die häufigsten Themen waren hier COVID-19 Schutzmaßnahmen, Impfangebote und das Pandemiemanagement. 

Präventiver Schutz der Menschenrechte

Die Volksanwaltschaft hat den verfassungsgesetzlichen Auftrag, die Einhaltung von Menschenrechten zu schützen und zu fördern. Dazu gehört die Kontrolle von öffentlichen und privaten Einrichtungen, in denen Menschen in ihrer Freiheit beschränkt sind. Dazu zählen Justizanstalten, Polizeianhaltezentren, Alten- und Pflegeheime, psychiatrische Abteilungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Darüber hinaus kontrolliert die Volksanwaltschaft Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und überprüft die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch die Exekutive, etwa bei Demonstrationen, Großveranstaltungen, Versammlungen oder Abschiebungen.
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