Änderung der Menschenrechte
SPÖ warnt vor Untergrabung der Höchstgerichte

- Die SPÖ warnt vor einer Untergrabung der Glaubwürdigkeit von Höchstgerichten durch politische Eingriffe in die Rechtsprechung. Stocker mehr Spielraum bei der Ausweisung ausländischer Straftäter und Straftäterinnen.
- Foto: stock.adobe.com/at/hkama
- hochgeladen von Lea Kainz
Die Initiative von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zur Änderung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Migrationsbereich stößt weiterhin auf Widerstand von SPÖ und Neos. Gemeinsam mit acht anderen EU-Staaten forderte Österreich letzte Woche mehr nationalen Spielraum bei der Ausweisung ausländischer Straftäter und Straftäterinnen.
ÖSTERREICH. Petra Bayr (SPÖ), Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Nationalrat, sieht darin Gefahr für die Glaubwürdigkeit von Höchstgerichten und betont die Unabhängigkeit der Rechtsprechung. "Ich finde den Vorstoß sehr problematisch, weil er in letzter Konsequenz die Glaubwürdigkeit von Höchstgerichten unterminiert", wird Bayr von der APA zitiert. Diskussionen mit Gerichten über ihre Rechtsprechung sollten nicht öffentlich geführt werden.
Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) bezeichnet Bayr als "Grundbaustein der Menschenrechtsgesetzgebung". Die Auslegung der Konvention sei ausschließlich den Gerichten, speziell dem EGMR, vorbehalten. Als Vorsitzende jenes Ausschusses in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Hearings über angehende EGMR-Richter und EGMR-Richterinnen abhält, warnt sie vor politischen Eingriffen.

- Aus NEOS-Sicht sind politische Zurufe an unabhängige Gerichte fehl am Platz“, so die stellvertretende NEOS-Klubobfrau Krisper.
- Foto: Parlamentsdirektion/ Thomas Topf
- hochgeladen von Adrian Langer
Für NEOS ein "Alleingang"
NEOS-Kollegin Stephanie Krisper wertet das Vorhaben von Stocker als einen "Alleingang". "Aus NEOS-Sicht sind politische Zurufe an unabhängige Gerichte fehl am Platz", schrieb sie auf BlueSky. Sie erinnert daran, dass der EGMR auf Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention urteile, zu deren Wahrung sich alle 46 Mitgliedsstaaten inklusive Österreich verpflichtet haben. "An völkerrechtlich eingegangenen Verpflichtungen und rechtsstaatlichen Prinzipien darf nicht gerüttelt werden", betont Krisper.
Unterstützung erhält Stocker hingegen von Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP). Sie argumentiert, dass die Asyl- und Migrationspolitik nur funktioniere, wenn straffällige Asylwerber und Asylwerberinnen abgeschoben werden können. "Aufgrund der EMRK sind uns die Hände gebunden", erklärt Plakolm am Rande eines EU-Ministertreffens in Brüssel mit Blick auf das Rechtsdokument, das Teil der österreichischen Verfassung ist.
FPÖ sieht "Doppelmoral und Heuchelei"
Die FPÖ unterstützt grundsätzlich den Vorstoß, wirft der ÖVP jedoch "Doppelmoral und Heuchelei" vor. Europaabgeordnete Petra Steger erinnert daran, dass die ÖVP vor sechs Jahren einen ähnlichen Vorschlag des damaligen Innenministers Herbert Kickl zur Weiterentwicklung der EMRK kategorisch abgelehnt habe. "Umso erstaunlicher ist jetzt die 180-Grad-Wende der ÖVP, die plötzlich selbst eine Neuinterpretation der EMRK durch die Gerichte fordert", kritisiert Steger. Sie wirft der ÖVP vor, die Verantwortung auf die Gerichte abzuschieben, anstatt selbst eine klare politische Haltung zu beziehen. Primär sei der Gesetzgeber verpflichtet, einen klaren rechtlichen Rahmen für eine wirksame Asylpolitik zu schaffen.
Die von Dänemark und Italien gestartete Initiative zielt darauf ab, die Auslegung der EMRK zu ändern, damit ausländische Straftäter und Straftäterinnen leichter ausgewiesen werden können. Stocker argumentiert, dass auf nationaler Ebene mehr Spielraum bei Entscheidungen über die Ausweisung krimineller Ausländer und Ausländerinnen nötig sei.
Das könnte dich auch interessieren:



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.