Sommerfragen
Vermögenssteuern und Steuersenkung – das sagen die Parteien

Was das österreichische Steuersystem betrifft, herrscht Uneinigkeit zwischen den Parlamentsparteien. | Foto: istock
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In der Reihe "Politische Sommerfragen" haben die RegionalMedien Austria den fünf österreichischen Parlamentsparteien – ÖVP, Grüne, SPÖ, FPÖ und NEOS – Fragen zu den aktuell wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen gestellt. Das sagen die Parteien zum Thema "Steuern und Verteilung".

ÖSTERREICH. Letztes Jahr präsentierte die Bundesregierung ihre Ökosoziale Steuerreform – "weder sozial noch ökologisch", lautete die Kritik aus den Reihen der Opposition. Die Debatte um die Besteuerung der Österreicherinnen und Österreicher reißt seither nicht ab. Immer wieder werden Forderungen nach Vermögenssteuern laut, während die Steuern auf Arbeit gesenkt werden sollen. Die RegionalMedien Austria haben bei den fünf österreichischen Parlamentsparteien nachgefragt, um ihre Ansichten zum österreichischen Steuersystem sowie zur Verteilungsgerechtigkeit in Österreich zu erfahren. 


Sind sie für eine Vermögenssteuer (z. B. in Form einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer)?

ÖVP: Die Vermögenssteuer wurde unter einem sozialdemokratischen Finanzminister abgeschafft, und zwar aus gutem Grund. Der Aufwand ist fast höher als die Einnahmen. Außerdem wollen wir die Menschen entlasten und nicht belasten, daher sind wir gegen eine Vermögenssteuer, unabhängig von ihrer Ausgestaltung.

Grüne: Eine Steuer für Millionenerben wäre ökonomisch richtig und sozial gerecht. Diese Erbschaften werden in den kommenden Jahren massiv zunehmen. Das ist ein leistungsloses Einkommen für Erben. Es sei denn, es geht um Familienbetriebe, die sollen entsprechend ausgenommen behandelt werden. Wenn wir uns die Statistiken der Nationalbank anschauen, dann sehen wir, dass die Beiträge von Millionenerbschaften in den nächsten Jahren in die Milliarden gehen würden. Das ist kein Klacks, wie früher immer argumentiert wurde.

SPÖ: Ja. Kapital und Vermögen wird in Österreich viel zu wenig besteuert, Arbeit zu hoch besteuert. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Pensionistinnen und Pensionisten zahlen 85 Prozent der gesamten Steuern und Abgaben. Konzerne tragen wenig bei, Vermögen so gut wie nichts. Die SPÖ ist für eine Abgabe auf Millionenerbschaften, -Schenkungen und Millionenvermögen.

FPÖ: Nein. Hier handelt es sich um eine Scheindebatte, weil diese Steuern ohnehin nicht dazu führen können, um Österreichs Budget zu sanieren. Im Übrigen sind alle Dinge, die jemandem geschenkt oder vererbt werden, in der Vergangenheit bereits aus versteuertem Geld bezahlt worden.

NEOS: Angesichts der Tatsache, dass die Abgabenquote mittlerweile mit 43 Prozent einen Höchststand erreicht hat und Österreich auch im internationalen Vergleich ein absolutes Hochsteuerland ist, sind Regierungsvorhaben, die neue Steuern fordern, ökonomisch äußerst gefährlich. Stattdessen sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um eine Abgabenentlastung voranzutreiben, vor allem die Entlastung der Arbeitseinkommen.

Sollte für eine größere Umverteilung von "reich" nach "arm" gesorgt werden?

ÖVP: Der Sozialstaat verteilt schon jetzt massiv um. Menschen mit höheren Einkommen zahlen deutlich mehr Steuern und finanzieren damit den Sozialstaat. Dadurch ist es möglich, dass wir mit Direktzahlungen und steuerlichen Erleichterungen bei den unteren Einkommen unterstützen.

Grüne: Eine soziale Marktwirtschaft braucht die politische Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Grüne Steuerpolitik definiert die Aufgaben von Steuern als Lenkungs- und Umverteilungsaufgabe, bei der auch eine Umverteilung von "reich" auf "arm" vorgesehen ist. Die Wohlstandsverteilung dient der Sicherung des sozialen Friedens. Während der Pandemie haben wir sichergestellt, dass sich die Schere zwischen arm und reich nicht weiter vergrößert und dafür werden wir uns auch weiterhin stark machen.

SPÖ: Ja. Die Vermögen der Reichsten werden immer größer; selbst in der Coronakrise- Während zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher ärmer geworden sind, hat der Reichtum der österreichischen Milliardäre um 40 Prozent zugenommen. Eine gerechte Verteilung ist sozialpolitisch notwendig, aber auch demokratiepolitisch.

FPÖ: Eine Umverteilung mit Gewalt oder Zwang ist abzulehnen. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Betriebe wirtschaften und so Jobs entstehen können, die ausreichend bezahlt sind, damit sich die Menschen ihr Leben leisten können.

NEOS: Der Staat kann oft nur wenig tun, um die Ursachen, die prekäre Situationen hervorrufen, zu bekämpfen. Der Staat kann aber die Effekte auf die Bürgerinnen und Bürger abfedern. Am effizientesten wäre in der aktuellen Lage – neben gezielten Transfers an die einkommensschwächsten Haushalte - die rückwirkende Abschaffung der Kalten Progression. Das würde die Haushalte treffsicher entlasten im Gegensatz zu einer Verteilung von Gutscheinen und Einmalzahlungen mit der Gießkanne. Die Abgabenquote von 43 Prozent und die Sozialquote von 30 Prozent dürfen nicht weiter angehoben werden. Das Geld muss effizienter umverteilt werden, wir sehen hier noch viel Potenzial.

Sind die Steuerklassen in Österreich in Ordnung oder sollte sich hier etwas ändern?

ÖVP: Die Steuerklassen in Österreich sind angemessen austariert. Bereits vergangenes Jahr haben wir zudem den Eingangssteuersatz dauerhaft von 25 auf 20 Prozent gesenkt, heuer erfolgt die Senkung der zweiten Steuerstufe von 35 auf 30 Prozent und kommendes Jahr die Senkung der dritten Stufe von 42 auf 40 Prozent. Darüber hinaus schaffen wir auch die Kalte Progression ab. Das ist historisch! Darüber wird seit 30 Jahren gesprochen, wir machen das jetzt.

Grüne: Mit der Ökosozialen Steuerreform (Teil I und Teil II) wurden die ersten Steuertarifstufen gesenkt sowie die Negativsteuer erhöht. Zudem haben wir durch die Abschaffung der kalten Progression die Tarifstufen an die Lebenserhaltung angepasst. Weitere Änderungen sind aktuell nicht vorgesehen.

SPÖ: Natürlich muss sich die Steuerstruktur in Österreich ändern. Die SPÖ fordert schon seit Langem, dass 1.700 Euro im Monat steuerfrei sein sollen. Zugleich will die SPÖ die Schieflage im Steuersystem ändern: Die Steuern auf Arbeit senken und die Steuern auf leistungslose Kapitaleinkommen und Vermögen erhöhen.

FPÖ: Die Steuertarifstufen müssen so rasch wie möglich hinsichtlich der Inflation bereinigt werden (Abschaffung der kalten Progression).

NEOS:
Die Steuerklassen bzw. Progressionsstufen sollten jährlich zur Gänze an die Inflation angepasst werden, damit die Realeinkommen nicht sinken und die Kalte Progression kompensiert wird. Leider plant die Regierung derzeit, die Kalte Progression nur zu zwei Dritteln abzuschaffen. Generell treten wir für die Vereinfachung des Steuersystems ein.


Politische Sommerfragen

Die angeführten Fragen wurden den fünf Parlamentsklubs respektive Klubvorsitzenden kurz vor Sommerferienbeginn gestellt – deren Antworten finden sich hier unverändert wiedergegeben.

Das Thema "Steuern und Verteilung" ist das achte in der Reihe der "Politischen Sommerfragen" – als Nächstes folgt "EU und Neutralität". Hier findest du eine Übersicht aller bisherigen und noch kommenden "Fragerunden" – diese wird laufend ergänzt.

Fragerunde an die Leserinnen und Leser

Welche Partei hat die besten Antworten zum Thema "Steuern und Verteilung" parat?
Stünden Nationalratswahlen bevor, welche Partei würdest du wählen?

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