Migration
Wartezeit und erfolgreiche Deutschkurse für Sozialhilfe geplant

"Die Maßnahmen zur Asylbremse zeigen Wirkung", so Integrationsministerin Susanne Raab (Mitte) bei der Präsentation der Ergebnisse der Studie "Migration & Integration 2023". | Foto: RegionalMedien Austria
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  • "Die Maßnahmen zur Asylbremse zeigen Wirkung", so Integrationsministerin Susanne Raab (Mitte) bei der Präsentation der Ergebnisse der Studie "Migration & Integration 2023".
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Österreich wächst seit Jahrzehnten vor allem durch Zuwanderung, im Vorjahr besonders wegen der Fluchtmigration aus der Ukraine. Ohne Zuwanderung würde die Einwohnerzahl langfristig auf das Niveau der 1950er-Jahre zurückfallen. Die meisten Zuwanderer kommen aus Deutschland und Rumänien. Das ergibt der Migrationsbefragung 2023. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) will nun Leistungserfolge bei Deutschkursen für Migrantinnen und Migranten an die Sozialhilfe knüpfen und auch Wartefristen für Sozialleistungen einführen.

ÖSTERREICH. Seit dem Jahr 2015 ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund von 21,4 Prozent auf 26,4 Prozent gestiegen. Im Jahr 2022 hatten 2,25 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Migrationshintergrund, davon 1,3 Millionen in erster Generation. "Viele der Zugewanderten sind nicht nur physisch angekommen: Knapp drei Viertel von ihnen fühlen sich Österreich zugehörig“, sagt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas bei der Vorstellung des Migrations- und Integrationsberichts 2023. 

Deutsche als größte Zuwanderergruppe

Die größte Gruppe der 1.729 800 am 1. Jänner 2023 in Österreich lebenden Ausländer:innen sind 225.700 deutsche Staatsangehörige, gefolgt von 147.500 rumänischen sowie 121.900 serbischen und 119.700 türkischen Staatsbürgerinnen und -bürgern. Rund 28 Prozent der in Österreich Geborenen beurteilen 2023 das Zusammenleben mit Zugewanderten „eher gut“ oder „sehr gut“, ein gutes Drittel (34 %) hingegen als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. 13 Prozent der Zugewanderten geben an, dass sie daheim überwiegend Deutsch sprechen, die Hälfte (51 %) in ihrer Herkunftssprache, rund ein Drittel (34 %) in beiden Sprachen. 

Arbeitsmarkt, bitte warten

Die Vorsitzende des Expertenrats für Integration, Katharina Pabel, erklärte, dass Männer, die nach Österreich kommen, sich nach zwei Jahren zu 22 Prozent, nach fünf Jahren zu 54 Prozent, nach sechs Jahren zu 66 Prozent im Arbeitsmarkt befinden. Bei Frauen brauche es länger und die Erwerbsquote sei niedriger: Nach zwei Jahren befinden sie sich zu zehn Prozent, nach fünf sowie sechs Jahren zu 20 Prozent am Arbeitsmarkt, Tendenz sinkend.

Wenig Qualifizierte kommen nach Österreich

Laut Integrationsministerin Susanne Raab gehen die Asylanträge in Österreich zurück –"die Maßnahmen zur "Asylbremse" zeigen Wirkung", so die Ministerin bei der Präsentation der Ergebnisse. Jedoch sei das Verhältnis zwischen jenen, die einen positiven Asylbescheid in Österreich bekommen - im Jahr 2021 waren es 21.000 Menschen - und den höher qualifizierten MigrantInnen in Schieflage geraten: Im selben Jahr haben nur 2.900 Menschen die Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten. Es gebe einen hohen Anteil an niedrig qualifizierten Menschen, die zu uns gekommen sind - ein Viertel der 25-bis 64-Jährigen mit Migrationshintergrund hat höchstens Pflichtschulabschluss . Raab: "Viele können weder lesen noch schreiben, die Hälfte davon auch nicht in ihrer Muttersprache. 48 Prozent der Syrerinnen und Syrer hätten einen Alphabetisierungsbedarf. Dieser Anteil habe sich seit 2015 massiv erhöht.

Wartefrist für vollen Sozialhilfe-Bezug geplant

Gleichzeitig seien es gerade jene Gruppen, die im Sozialhilfesystem in den Bundesländern sichtbar seien. Raab: "Allein in Wien haben 60 Prozent der Bezieher von Sozialhilfe eine ausländische Staatsangehörigkeit. Bei der Gruppe der Somalier seien es etwa 71 Prozent. Die Ministerin: "Wir brauchen nicht Zuwanderung ins Sozialsystem, sondern in den Arbeitsmarkt. Daher plant die Regierung eine Wartefrist für die volle Bezugshöhe der Sozialhilfe, wie in Dänemark der Fall. Für die Abdeckung der Grundbedürfnisse werde es weiterhin einen Basisbebzug geben, das sei eine "christlich-soziale Voraussetzung". Laut EU-Expertinnen sei eine solche Regelung mit dem geltenden EU-Recht vereinbar, es bedürfe allerdings einer verfassungsrechtlichen Prüfung für eine Änderung in der Verfassung. Die Wartefrist könnte fünf Jahre betragen. 

Sozialhilfe an erfolgreich abgeschlossene Deutschkursen knüpfen

Raab will zudem die Sozialhilfe an erfolgreich absolvierte Deutschkurse knüpfen, um den Druck auf Migrantinnen und Migranten zu erhöhen, Deutsch zu lernen und anschließend eine Arbeit zu finden -  derzeit braucht für den Erhalt der Sozialhilfe lediglich den Nachweis solcher Kurse. Für den Eintritt in den Arbeitsmarkt soll nur Basisdeutsch erforderlich sein. Kein Verständnis für solche Zuwanderer kann Raab aufbringen, die lange in Deutschkursen verharren, ohne in den Arbeitsmarkt zu gehen: "Deutsch lernen ist Pflicht, und kein Freizeitvergnügen. Wenn es jemand einen Aufenthaltstitel hat, muss er auch arbeiten gehen." Das sei absolut zumutbar im Hinblick und auf die jetzige Arbeitsmarktsituation notwendig, so die Ministerin. 

Wird ein bestimmtes Deutschniveau in gewisser Zeit nicht erlernt, denke man auch über eine Kürzung der Sozialhilfe nach. 

Mehr Beratung für Jugendliche und Qualifizierte

Gleichzeitig werde man das Beratungsangebot für qualifizierte Arbeitskräfte in allen Bundesländern anbieten. Um Jugendliche verstärkt mitzunehmen, werde man verstärkt Karrieremessen anbieten, speziell im Bereich der Lehre. Integrationsbotschafter werden in Schulen gehen, auch Besuche in Unternehmen sind verstärkt geplant, um Jugendlichen die Praxis schmackhaft zu machen. Und: Man werde auch Werte- und Orientierungskurse verstärkt anbieten.

Chancengleichheit für Jugendliche

Pabel betonte bei der Präsentation der Ergebnisse des Berichts, dass es ein breites Spektrum an Migration in Österreich gebe und man für eine gelungene Integrationspolitik differenzieren müsse nach Migrationsgrund, Bildung, Alter, Ausbildung, Geschlecht. Vor allem Jugendlichen müsse besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, weil diese die Zukunft Österreichs bilden. Ziel müsse es sein, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund Chancengleichheit für Bildung und Arbeitsmarkt genießen, da Jugendliche mit Migrationshintergrund bei Qualifikationen schlechter abschneiden, als Jugendliche ohne.

Auch müsse man die Gruppe der "Needs", also Jugendliche, die sich weder in der Ausbildung, noch im Erwerb befinden, in weiterführende Schultypen, zur Matura oder zu einem Lehrabschluss zu bringen, um sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Expertenrat schlägt eine systematischere und kontextbezogenere Bildungsberatung anzudenken, als bisher. Studien würden nämlich zeigen, dass Jugendliche und Eltern mit Migrationshintergrund eine hohe Affinität zu Bildung haben, die Realität aber anders aussehe. Auch müsse man Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund für klassische MINT Fächer begeistern, ihnen modulare Ausbildungen, also Lehre, näher bringen.

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