Lohnrunde
IHS-Chef warnt vor Rezession und fordert clevere KV-Abschlüsse

Am Montag startete die Herbstlohnrunde mit den Forderungen der Metaller: Die Gewerkschaft verlangt 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt; die Arbeitgeberseite hält dies für "überzogen und unrealistisch".  | Foto: Pixabay
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  • Am Montag startete die Herbstlohnrunde mit den Forderungen der Metaller: Die Gewerkschaft verlangt 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt; die Arbeitgeberseite hält dies für "überzogen und unrealistisch".
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Am Montag startete die Herbstlohnrunde mit den Forderungen der Metaller: Die Gewerkschaft verlangt 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt; die Arbeitgeberseite hält dies für "überzogen und unrealistisch". Holger Bonin, Direktor des Instituts für höhere Studien (IHS), hält die Forderungen der Gewerkschaft für "überraschend niedrig" und rechnet damit, dass die Erhöhungen schlussendlich in der Nähe der rollierenden Jahresinflation (9,6 Prozent) landen werde. Zudem erklärte der Ökonom, dass das Risiko, in eine Rezession zu fallen, aktuell "erheblich" sei. Für das kommende Jahr zeigte er sich hingegen optimistischer. 

ÖSTERREICH. Aktuell blickt Österreichs Wirtschaft wieder gebannt auf die metalltechnische Industrie, die bei den Lohnverhandlungen traditionell den Anfang macht. Andere Branchen orientieren sich zumeist an den Ergebnissen der Metaller-Kollektivverträge. Nachdem die Gewerkschaften bereits im Vorhinein bekannt gaben, dass man nur deutliche Erhöhungen, die zumindest im zweistelligen Prozent-Bereich liegen sollen, und keine Einmalzahlungen akzeptieren werden, stellte man sich vielfach die Frage, ob die Industrie in der aktuellen wirtschaftlichen Lage bei diesen Forderungen mitziehen könne. Holger Bonin war zu dieser Thematik am Montagabend in der "ZiB2" zu Gast und warnte davor, die Metaller-KVs heuer als Vorbildfunktion für andere Branchen heranzuziehen.

Holger Bonin, Direktor des Instituts für höhere Studien (IHS), warnte davor, die Metaller-KV auch in anderen Branchen zu akzeptieren.  | Foto: BKA/Dunker
  • Holger Bonin, Direktor des Instituts für höhere Studien (IHS), warnte davor, die Metaller-KV auch in anderen Branchen zu akzeptieren.
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"Forderungen überraschend niedrig"

Bonin erklärte, dass sich das IHS höhere Forderungen der Gewerkschaften erwartet hätte, gemessen daran seien die 11,6 Prozent "eigentlich sehr niedrig". Die Forderungen seien jedoch noch lange nicht der Lohnabschluss; der Ökonom erwarte sich, dass man am Ende irgendwo lande, "wo man in der Nähe der Inflation ist". Bonin verwies zudem darauf, dass die Gewerkschaften auch weitere Forderungen gestellt hat, wie etwa Lohnsteigerungen gegen zusätzliche Freizeit umzuwandeln – dies könnte in der angespannten Lage helfen, sich mit der Arbeitgeberseite zu einigen, die niedrigere Lohnabschlüsse erreichen möchte. 

Der IHS-Chef erklärte weiters, dass man den Reallohnverlust des letzten Jahres ausgleichen müsse, um die Kaufkraft in Österreich zu erhalten, auf der anderen Seite befinde man sich aber auch in einer angespannten Lage der Industrie, die wettbewerbsfähig bleiben müsse. Diesen Zwiespalt gelte es bei den Verhandlungen auszutarieren. Man brauche einen "cleveren Abschluss".

Die Gewerkschaften und die Arbeitgeber müssen sich bei den Metaller-KVs auf einen "cleveren Abschluss" einigen, so Bonin. | Foto: Pixabay
  • Die Gewerkschaften und die Arbeitgeber müssen sich bei den Metaller-KVs auf einen "cleveren Abschluss" einigen, so Bonin.
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Auswirkungen der Lohnabschlüsse auf die Teuerung

Angesprochen darauf, dass höhere Lohnabschlüsse auch die Inflation erneut anheizen könnten, verwies Bonin darauf, dass dies in der metalltechnischen Industrie nicht allzu entscheidend sei. Schließlich gehe ein Großteil der Produkte ins Ausland. Problematisch könnte jedoch die Vorbildfunktion der Metaller-KV für andere Branchen, deren Lohnabschlüsse sich auf die heimische Inflation auswirken könnten. Der IHS-Chef halte es für keinen "Selbstläufer, dass wir den Metaller-Abschluss auch in anderen Branchen akzeptieren".

Eine Abkehr von der sogenannten Benya-Formel, wonach die Lohnerhöhung die Inflation abgelten und den Wert des mittelfristigen Produktivitätszuwachses umfassen soll, halte der Ökonom in der aktuellen Lage für wenig sinnvoll. Darüber könne man in ruhigeren Zeiten nachdenken, ähnlich wie über eine längere Laufzeit der Kollektivverträge. Auch über Einmalzahlungen sollte man diskutieren, wobei man sich Gedanken dazu machen muss, wie man diese in den folgenden Jahren ausgleiche.

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Rezessionsrisiko ist "erheblich"

In der kommenden Woche veröffentlicht das IHS die Herbstprognose zur österreichischen Wirtschaftslage. Bonin erklärte im Studio, dass es noch zu früh sei, über das Ergebnis der Prognose zu sprechen, da die Situation sehr fragil sei. "Auf jeden Fall müssen wir achtsam sein, was die Tarifverhandlungen angeht und wir müssen sehen, dass das Risiko, dass wir in eine Rezession drehen, schon erheblich ist." Es gelte jedoch nicht in Panik zu verfallen und abzuwarten, "wie sich die Sozialpartner jetzt in der nächsten Verhandlungsrunde verhalten". 

Positiver Ausblick aufs kommende Jahr

Abschließend machte Bonin jedoch noch Hoffnung darauf, dass sich die wirtschaftliche Lage im kommenden Jahr wieder bessern könnte. Die Prognosen seien weltweit optimistisch "und das teilen wir zu einem guten Teil", dass der langerwartete Aufschwung kommen wird. "Wir wissen nur nicht genau, wann das im nächsten Jahr passieren wird". Dies hänge von einer Reihe von Faktoren wie der Energiepreisentwicklung oder der wirtschaftlichen Entwicklung in der chinesischen Industrie ab. 

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