"Unfaire Praktiken"
Neues Gesetz soll Bauern vor dem Handel schützen
Die Landwirtschaftsministerin schickt einen Gesetzesentwurf für das Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetz in Begutachtung. Konkret geht es um unfaire Geschäftspraktiken, die vom Handel ausgehen. So sollen Bauern vor "unfairen Praktiken des Handels" geschützt werden.
ÖSTERREICH. Darin werden unfaire Praktiken konkret benannt und können geahndet werden. Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nannte beispielsweise verspätete Zahlung verderblicher Lebensmittel, Auftragsstornos in letzter Minute, einseitige Vertragsänderungen, die womöglich sogar rückwirkend kommen oder die Verweigerung eines schriftlichen Vertrags.
Außerdem gingen Köstinger und Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger bei der gemeinsamen Pressekonferenz davon aus, dass die Handelsketten den Bauern mehr zahlen könnten, ohne dass die Preise für den Konsumenten steigen. Ziel sei nur, dass die Bauern einen höheren Anteil an der Wertschöpfung erhalten. Durch Rabattaktionen des Handels würden nur die Gewinne der Konzerne steigen, die immer zulasten der bäuerlichen Produzenten gehen, kritisierte Köstinger: "Der erste und wichtigste in der Wertschöpfungskette zahlt den Preis dafür, dass Lebensmittelkonzerne jährlich steigende Gewinne einstreifen". Dieses System solle mit dem neuen Gesetz geändert werden.
Landwirtschaftskammer bezweifelt Gewinnmarge des Handels
Moosbrugger äußerte auch Zweifel an der Darstellung der Gewinne der Lebensmittelketten. "Ich lasse mich ungern blenden, weil hier nicht alle Gewinne, die vorher schon weggenommen worden sind, beinhaltet sind", sagte er auf eine Frage nach der laut Studien niedrigen Gewinnmarge im Lebensmittelhandel.
Das Gesetz soll am 1. Jänner 2022 in Kraft treten. Es sieht auch eine weisungsfreie Ombudsstelle vor, die anonymen Hinweisen nachgehen soll und hinter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bzw. Kartellgericht stehen. Der Strafrahmen für Verstöße gegen das Gesetz betrage bis zu 500.000 Euro. Die Begutachtungsfrist des Gesetzes endet am 21. Oktober. Mit dem aktuellen Vorschlag wende Österreich auch ein Vertragsverletzungsverfahren ab, räumte Köstinger ein. Der Regierungswechsel 2019 und dann die Coronakrise habe zu Verzögerungen geführt.
Handelsverband kritisiert "pauschales Bashing"
Positiv äußerte sich der ÖVP-Bauernbund zu dem Gesetzesvorhaben. "Mit dieser Richtlinie erlangen wir mehr Fairness bei den Verhandlungen zwischen Bauernfamilien und den nachfolgenden Akteuren in der Wertschöpfungskette", so Bauernbund-Präsident Georg Strasser in einer Aussendung. Die Wirtschaftskammer wartet auf eine juristischen Prüfung des Vorschlages und verweist auf etwaige Wettbewerbsverzerrungen im EU-Raum.
Der Handelsverband kritisierte das "pauschale Bashing" des Lebensmittelhandels. Die genannten Beispiele gehören nicht zu den gelebten Handelspraktiken, so der Handelsverband in einer Aussendung. Kritik übten die Handelsvertreter an Formulierungen in den FAQs und fehlenden Erläuterungen zu neuen Vorgaben in nationaler Umsetzung der UTP-Richtlinie. Lob gab es für die geplante Ombudsstelle. Auch der Lebensmitteldiskonter Hofer stellte sich "hinter dem neu geschaffenen Rechtsrahmen", hieß es in einer Aussendung.
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