Gesundheit
"Kinder- und Jugendpsychiaterin ist für mich bester Beruf"

Kristina Wegscheider, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in ihrer Ordination in Deutschlandsberg. | Foto: Veronik
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  • Kristina Wegscheider, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in ihrer Ordination in Deutschlandsberg.
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In diesem Jahr sind in der Steiermark fünf neue Kassenstellen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie geschaffen worden. Eine der neuen Fachärztinnen ist Kristina Wegscheider, die vor wenigen Wochen in Deutschlandsberg ihre Praxis eröffnet hat. MeinBezirk.at hat die Fachärztin in ihrer Ordination in der Schulgasse 30 aufgesucht.

DEUTSCHLANDSBERG. Ob Schlafstörungen, Schulangst oder überhaupt alles, was den Alltag von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt: Seelische Belastungen können viele Gesichter haben und sind keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen. Um hier einen Lückenschluss in der Gesundheitsversorgung junger Menschen zu schaffen, ist auch in Deutschlandsberg eine Kassenstelle für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie ausgeschrieben worden, die vor einigen Wochen mit Kristina Wegscheider besetzt worden ist. Wir haben die Fachärztin zu einem Gespräch getroffen.

  • Sie haben sich erst vor einigen Wochen mit Ihrer Praxis in Deutschlandsberg eingerichtet. Wie ist diese angelaufen?

KRISTINA WEGSCHEIDER: Sehr gut. Ich war von Anfang an gut gebucht. Es gibt aber immer wieder Lücken, sodass mit einer Wartezeit von wenigen Wochen auch neue Patientinnen und Patienten einen Termin erhalten können. Ich freue mich jedenfalls, dass ich alle Kassen habe, aber auch privat konsultiert werden kann. 

  • Ihr Werdegang?

Ich habe mein Medizinstudium in Graz absolviert und im Anschluss sowohl in Kärnten als auch in der Steiermark meinen Turnus absolviert. Somit bin ich auch Ärztin für Allgemeinmedizin. Danach habe ich meine Facharztausbildung zur Kinder- und Jugendpsychiaterin gemacht, nebenbei noch meine Psychotherapie-Ausbildung in systemischer Familientherapie (Psy-Diplome), sowie bindungsbasierte Psychotherapie und EMDR.

Als Fachärztin und Oberärztin bin ich im LKH Graz II auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie verschiedenen Aufgaben nachgegangen. Unter anderem habe ich die Tagesklinik in Hartberg mitaufgebaut und eine Therapiegruppe in Graz geleitet. Außerdem habe ich meine Wahlarztpraxis in Graz geführt. Jetzt habe ich mich für diese Kassenstelle hier in Deutschlandsberg beworben und sie auch erhalten, worüber ich mich sehr freue. Kinder- und Jugendpsychiaterin zu sein, ist für mich einfach der beste Beruf. 

  • Warum?

Gerade bei Kindern und Jugendlichen finde ich dieses dynamische Alter sehr spannend.
Ich mag die Abwechslung in der Arbeit mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, besonders in diesem aufregenden und bewegten Alter. Da ist man immer am Puls der Zeit. 

Fachärztin Kristina Wegscheider ist gerade mit jenen Themen besonders vertraut, die Kinder und Jugendliche beschäftigen. | Foto: Wegscheider
  • Fachärztin Kristina Wegscheider ist gerade mit jenen Themen besonders vertraut, die Kinder und Jugendliche beschäftigen.
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  • Welche Tätigkeiten umfasst Ihr Spektrum?

Hier in meiner Kassenpraxis in Deutschlandsberg biete ich das gesamte Spektrum der Kinder- und Jugendpsychiatrie an, ebenso Psychoedukation und psychotherapeutische Medizin im Rahmen der Konsultationen.
Weiters bin ich Lektorin an der Medizinischen Universität Graz und der Uni4Life und halte Vorträge und Workshops zu verschiedenen Themen rund um Kinder- und Jugendpsychiatrie.  

  • Was sind die Schwerpunkte als Kinder- und Jugendpsychiaterin?

Das sind alle Krisen im Kinder- bzw. Jugendalter, die ein dem Alter entsprechendes Leben beeinträchtigen. Das reicht von Aufmerksamkeitsdefiziten, depressiven Stimmungen, Ängsten, Schulverweigerung und Schlafstörungen über selbstverletzendes Verhalten und Suizid-Gedanken als Symptom bis hin zu Geschlechtsinkongruenz, Entwicklungsrückständen u.a.

  • Wie kann man sich so ein Erstgespräch vorstellen?

Für so eine psychiatrische Vorstellung kommen die Kinder und Jugendlichen mit ihren Obsorgeträgerinnen und Obsorgeträgern zu mir. Ich höre mir an, was andere beobachtet haben und vor allem, was das Kind bzw. der/die Jugendliche zu erzählen hat, also wo es gerade zwickt und wo es zu Konflikten und Leidensdruck kommt - egal, welcher Auslöser dafür verantwortlich ist. Dazu kommt eine zeitliche Abfolge, eine sogenannte "Timeline", um zu erheben, wann welche Unstimmigkeiten begonnen haben. Schließlich besprechen wir gemeinsam den weiteren Weg. 

  • Mit wem arbeiten Sie dabei zusammen?

Das sind Kinderärzte, Hausärzte, Psychotherapeuten, Internisten u.a. also je nach Alter der Kinder und Jugendlichen. Dabei braucht es immer den Blick auf die somatische Medizin. Ich bin also quasi die Case-Managerin für die Patientinnen und Patienten. Ich wäge ab: was benötigen sie an körperlichen Abklärungen bzw. Psychodiagnostik sowie Testpsychologie in Kooperation mit Psychologinnen und Psychologen, oder auch welche pschotherapeuthische Richtung einzuschlagen ist, dann eben in Zusammenarbeiten mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dabei behalte ich den Überblick und sehe die Patientinnen und Patienten in einer gewissen Regelmäßigkeit. 

  • Worauf sollte ich als Erziehungsberechtigte/r besonders achten? Oder anders formuliert: Wann schrillen die Alarmglocken?

Immer dann, wenn plötzlich eine große Veränderung stattfindet, die zu Problemen zu Hause führt oder in der Schule, im Umgang mit Freundinnen und Freunden oder überhaupt im sozialen Zusammenleben.
Wenn sich also etwas nicht mehr ganz stimmig anfühlt, sollte man besonders aufmerksam sein. Auch Schlafstörungen sind ein ganz großes Thema, bei dem man nicht lange zuwarten sollte, um Hilfe in Anspruch zu nehmen.

"Dabei gilt die Devise: Besser früher als später professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei braucht niemand Berührungsängste zu haben."
Kristina Wegscheider, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 

Natürlich mache ich dazu Psycho-Edukation d.h. ich führe Gespräche mit Eltern, Obsorgeträgerinnen und -trägern sowie Patientinnen und Patienten, um aus der jeweiligen Krise herauszufinden. 

  • Inwieweit hat die Corona-Krise die jungen Menschen beeinträchtigt?

Da ist schon einiges passiert. Vor allem Jugendliche im Altersbereich Unterstufe am Gymnasium und Mittelschule waren da sehr betroffen. Dieser Rückzug hat bei manchen Einsamkeit, Stagnation und Ängste hervorgerufen. Diese Belastung ist ja auch jetzt nicht aufgehoben. Die aktuelle weltpolitisch angespannte Lage sowie die Klima-Problematik wirken auf viele Jugendliche sehr belastend. Es ist oft eine gewisse Schwere zu beobachten.

Wenn das Einschlafen schwer fällt: Ein klarer Tag-Nacht-Rhythmus hat Priorität, um Abhilfe zu schaffen. | Foto: Pixabay
  • Wenn das Einschlafen schwer fällt: Ein klarer Tag-Nacht-Rhythmus hat Priorität, um Abhilfe zu schaffen.
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  • Sie haben bereits das Thema Schlafstörung angesprochen. Wann könnte eine solche vorliegen?

Wenn man das Gefühl hat, dass der Alltag nicht mehr mit einer guten Energie zu schaffen ist. Dabei können Schlafstörungen innerhalb kürzester Zeit Stimmungsschwankungen, mangelnde Konzentrations-Fähigkeit und/oder depressive Verstimmungen, also psychiatrische Symptome auslösen. Also, unbedingt so früh wie möglich Hilfe in Anspruch nehmen!

  • Welche Rolle spielt dabei der Handy-Konsum?

Eine recht große. Der digitale Medien-Konsum kann einer der Auslöser für Schlafstörungen sein. Diese schnellen Bilder und Informationen sind sehr anstrengend und aufregend für das Gehirn. Gerade in den Abendstunden ist es daher schädlich, ständig digital unterwegs und verfügbar zu sein, da man sein vegetatives Nervensystem kaum beruhigen kann. Viele wachen zwischendurch immer wieder auf und kommen nie wirklich in den regenerierenden Tiefschlaf. Dann ist bald eine Schlafstörung mit allen zuvor angesprochenen schädlichen Folgewirkungen angerichtet. Der Handy-Konsum sollte daher deutlich reguliert werden. 

Jugendliche und ihr Handy: Die ständige Verfügbarkeit kann schon in Stress versetzen, vor allem in den Abendstunden. | Foto: panthermedia.net/oneinchpunch
  • Jugendliche und ihr Handy: Die ständige Verfügbarkeit kann schon in Stress versetzen, vor allem in den Abendstunden.
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  • Ihr Tipp?

Als Elternteil sollte man immer ganz klar über die Nutzung des Handys sprechen. Am besten, man trifft gemeinsam Vereinbarungen. Mit gutem Willen positiven Anreizen kann man Kinder und Jugendliche dazu motivieren, das Handy zu einer vereinbarten Zeit am Abend abzugeben. Schließlich tut es der gute alte Wecker ebenso zum Aufstehen am nächsten Tag, da braucht niemand ein Handy.

Ein ganz klarer Tag-Nacht-Rhythmus ist das Um und Auf. Bewegung und Sport an der frischen Luft und regelmäßige Schlafzeiten tragen zu einer verbesserten Schlafqualität bei.

  • Die gute Botschaft?

Unser Gehirn ist plastisch bis ins hohe Alter. Alles, was wir in unserem Leben ändern wollen, können wir durch unser eigenes Verhalten ändern. Wir haben es also selbst in der Hand - und manchmal braucht man auch etwas Hilfe dazu. Man kann mit Veränderungen im Lebensstil, Bewegung, Sport, Ernährung und auch mit Nahrungsergänzung an vielen Schrauben drehen, um Verbesserungen herbeizuführen. Ich kann also coachen, die Veränderungen muss aber jeder für sich selbst ausmachen. 

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