Großes Interview Peter Habeler
"Everest war nicht der größte Erfolg"

Bergsteiger-Legende Peter Habeler war am Freitag zu Gast im Laßnitzhaus in Deutschlandsberg. | Foto: clicksandshots.com
9Bilder
  • Bergsteiger-Legende Peter Habeler war am Freitag zu Gast im Laßnitzhaus in Deutschlandsberg.
  • Foto: clicksandshots.com
  • hochgeladen von Alois Lipp

Er hat sie fast alle überlebt. Nur Reinhold Messner und sein Bergkamerad am dritthöchsten Berg der Welt, dem Kangchendzönga, der auch zu seinem "Edelberg" wurde, leben noch. Die Bergsteiger-Legende Peter Habeler aus dem Tiroler Zillertal war am Freitag im Rahmen der Alpenvereins-Jahreshauptversammlung der Sektion Deutschlandsberg zu einem Gastvortrag im Laßnitzhaus. Wir haben den 81-Jährigen zum großen Interview getroffen.

  • Sie wirken fitter als manch 30-Jähriger, sind mit 75 Jahren noch die Eiger-Nordwand durchstiegen. Wie machen Sie das?

Peter Habeler: Mir ist es egal wie alt ich bin, aber ich bewege mich sehr viel. Im Winter gehe ich jeden Tag eine Ski-Tour. Nicht acht Stunden, aber zwei oder drei Stunden schon. Das Gehen macht mir noch wahnsinnig viel Spaß. Im Sommer klettern wir in Arco oder im Zillertal. Klettern ist für das Alter das Beste. Klettern ist für mich noch besser als Radfahren. Noch etwas ist wichtig: Ich habe immer noch das Körpergewicht, das ich mit 16 Jahren gehabt habe, 59 Kilo. Bei der Ernährung tue ich mir nix an, esse wenig, aber zwischendurch dann auch mal einen guten Speck.

  • Ihr damaliger Kletter-Partner am Eiger, David Lama, verstarb bald danach in Kanada. Sie haben einmal gesagt in ihm den jungen Peter Habeler gesehen zu haben. Sie waren sein Mentor. War das ihr schmerzlichster Verlust eines Ihrer Bergkameraden?

Außer dem Reinhold Messner und meinem Kameraden am Kangchendzönga (Anm. d. Red.: dritthöchster Berg der Welt) lebt, von denen, die mit mir am Berg bei Expeditionen gewesen sind, keiner mehr. Natürlich ist es traurig, aber die schauen auf mich und ich freue mich mit ihnen. Die hocken jetzt da oben und die gibt es noch. In meiner Erinnerung sind sie noch da. Das waren einfach Könner. Wichtig ist, dass man einfach Freude hat. Die sind alle nicht in den Keller lachen gegangen. Bei mir gibt es das Wort Scheitern nicht. Ich versuche das Beste aus meinem Leben zu machen. Ich versuche einfach positiv zu denken, das hilft mir. Die Anderen, wie Reinhold Messner, haben auch positiv gedacht.

"Ich habe immer noch das Körpergewicht. das ich mit 16 Jahren gehabt habe, 59 Kilo", erzählt Habeler. | Foto: clicksandshots.com
  • "Ich habe immer noch das Körpergewicht. das ich mit 16 Jahren gehabt habe, 59 Kilo", erzählt Habeler.
  • Foto: clicksandshots.com
  • hochgeladen von Alois Lipp
  • Nicht alle Höhenbergsteiger erreichen ein so hohes Alter wie Sie. Das zeugt von ihrem großen Können, aber wieviel Prozent dabei sind auch Glück?

Es können viele sehr viel, Höhenbergsteiger und Kletterer. Die Jungen pulverisieren die Geschwindigkeitsrekorde. Die Lebenseinstellung ist wichtig. Dann versucht man sich das Umfeld auszusuchen. Ich habe irgendwo einen Auftrag, dass ich die Leute hebe. Das war auch bei meiner großen Alpinschule und in der Skischule so.

  • Wenn man sich die Biographien der großen Bergsteiger Reinhold Messner, Hans Kammerlander oder Peter Habeler ansieht, kann man erkennen, dass die Kindheit schön, aber auch herausfordernd war. Wie mitentscheidend war dieser oft selbstbestimmte Weg als Kind für Ihren späteren Erfolg der mentalen Willenskraft auf den Bergen?

Der Papa ist früh gestorben, die Mutti war hervorragend, aber war auch viel unterwegs. Dann haben mich wirklich die Bergführer übernommen. Ich bin schon als Bub alleine auf die Berghütten gegangen. Ich wurde immer positiv aufgenommen. Eine richtige Tätsche habe ich nie bekommen. Ich habe nie arbeiten müssen, habe immer das tun dürfen, was ich gerne gemacht habe, Berge. Wenn man die Natur ein wenig versteht, dann ist sie ganz bärig. Es gibt nichts Schöneres als die Natur. Mir gefällt halt der Berg.

Wichtig sei die Einstellung zum Leben, weiß der erfahrene Bergsteiger. | Foto: clicksandshots.com
  • Wichtig sei die Einstellung zum Leben, weiß der erfahrene Bergsteiger.
  • Foto: clicksandshots.com
  • hochgeladen von Alois Lipp
  • Sie sind nicht nur in Bergsteiger-Kreisen weltweit bekannt. Was würden Sie beim Zurückblicken auf Ihre Karriere aus heutiger Sicht anders machen?

Weil es mir so gut gegangen ist, weiß ich nicht was ich anders machen könnte. Natürlich familiär hängen wir schon ein wenig im Seil. Das Einzige was ich ein wenig vernachlässigt habe, war die Familie.

  • Den weltweiten Bekanntheitsgrad haben Sie durch den erstmaligen Aufstieg, gemeinsam mit Reinhold Messner, ohne Sauerstoff auf den Mount Everest erlangt. War es für Sie persönlich rückblickend betrachtet auch ihr größter bergsteigerischer Erfolg?

Nein, das war es nicht. Ich war am Everest nicht so firm, wie zum Beispiel am Nanga Parbat. Mein größtes Erlebnis war der Kangchendzönga, auch von der körperlichen Leistungsfähigkeit her gesehen. Am Kangchendzönga waren wir zu dritt. Du bist viel beweglicher, du bist schneller. Am Everest habe ich mal einen gewaltigen Hänger gehabt und überlegt ob ich Sauerstoff nehme. Kleine Mannschaften haben mir immer mehr behagt. Deshalb habe ich viele Klettertouren solo gemacht, etwa am Wilden Kaiser oder auch in Amerika. Der Kangch (Anm. d. Red.: Kangchendzönga) war mein Edelberg.

Habeler geht im Winter noch immer fast täglich eine Ski-Tour. | Foto: clicksandshots.com
  • Habeler geht im Winter noch immer fast täglich eine Ski-Tour.
  • Foto: clicksandshots.com
  • hochgeladen von Alois Lipp
  • Reinhold Messner oder Reiner Messner, wie Sie ihn zu Beginn versehentlich in Ihr Tourenbuch geschrieben haben, wird heuer 80, haben Sie noch regelmäßig Kontakt zu ihm?

Ja, wir sind regelmäßig in Kontakt. Er wird sicher eine Fete machen. Er hat sehr viel richtig gemacht. In die Museums-Geschichte hat er viel gepowert. Er ist immer am Weg, kann nicht lange ruhig sitzen. Hut ab. Am Hidden Peak hat er mich immer aufgemuntert, er hat mich immer aufgebaut, das vergesse ich ihm nie.

  • Messner habe immer größer gedacht, Sie aber hätten nur das Leben des Bergsteigers gelebt, schreiben Sie in Ihrem Buch „Mein nächster Berg“. Eines verbindet Sie aber auch, Sie haben beide deutlich jüngere Ehefrauen. Nicht viele Menschen heiraten an ihrem 80. Geburtstag. Was bedeutet das junge Glück für Sie?

Das ist natürlich der I-Punkt. Da musst du aber auch ein Schwein haben. Da fällt dir das Glück zu. Jutta ist stark auch in ihre notärztliche Tätigkeit eingebunden, den Haushalt muss ich ein wenig schaukeln (lacht). Wegen dem Altersunterschied mache wir uns nicht zu viele Gedanken.

Der Humor kommt beim 81-jährigen Zillertaler auch nicht zu kurz. | Foto: clicksandshots.com
  • Der Humor kommt beim 81-jährigen Zillertaler auch nicht zu kurz.
  • Foto: clicksandshots.com
  • hochgeladen von Alois Lipp
  • Sie haben die ganze Welt gesehen, sind Ihrer Heimat aber immer treu geblieben. Was bedeutet das Zillertal außer Heimat für Sie?

Es gibt diesen Ausdruck Shangrila, der Platz wo Milch und Honig fließen. Ich möchte nicht sagen, dass im Zillertal immer Milch und Honig fließen. Wo Wurzeln geschlagen werden, das ist mein Platz. Ich bin immer sehr, sehr gerne raus aus dem Zillertal. Wenn du immer in einem Tal bleibst, geht die Perspektive für Größeres verloren. Als Bergsteiger, der das Glück gehabt hat, rauszugehen war das einfach besser. Das waren Perlen. Dann hat man geschaut, dass man am Leben bleibt und dann wieder zurück ins Tal kommt. Die Menschen, ob in Nepal, in Pakistan, im Iran oder in Argentinien, haben mich immer sehr gut behandelt.

Auch interessant:

Trophäenschauen geben Anhaltspunkte über Lebensraum-Qualität
Starke Medienpräsenz bei Special Olympics
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.