Rudi Reicher
Europas geschicktester Lkw-Lenker kommt aus St. Stefan

- Rudi Reicher in seinem Element: Der 20-Jährige St. Stefaner ist bereits Europameister im Truck Trial.
- Foto: KK
- hochgeladen von Simon Michl
„Schwer zu kapieren, oder?“ Das sagt Rudi Reicher aus St. Stefan über seinen Sport, der sich Truck Trial nennt. Frei übersetzt wäre das einfach eine Geschicklichkeitsprüfung in schwerem Gelände – mit einem Lkw. „Ich sage meistens, es ist das Gegenteil von Rallye“, erklärt Reicher anderen seinen eher unbekannten Sport, in dem er sich mit 20 Jahren schon Europameister nennen darf.
Geschick statt Geschwindigkeit
Truck Trial entstand in den 80ern. Dabei werden Gelände wie Steinbrüche oder Sandgruben mit einem Parcours aus Toren ausgesteckt. Schlammlöcher, Steilhänge, Felsen, alles, was die Natur hergibt, muss befahren werden. „Es geht nicht auf Geschwindigkeit, sondern um Geschicklichkeit“, erklärt Reicher. Wer ein Tor berührt, umfährt oder nicht durchfahren kann, bekommt Strafpunkte. Wer am Ende die wenigsten Strafpunkte hat, ist vorne.
Europameister mit 20
Reicher war heuer vier Mal ganz vorne. Er fährt in der Europa Truck Trial, seit fast 30 Jahren die Europameisterschaft der Motorsportart. Die Serie trägt jedes Jahr sechs Rennen aus. In der größten Kategorie, den Vierachsern, holte Reicher heuer seinen ersten EM-Titel. Obwohl der 20-Jährige erst seit zwei Jahren am Steuer sitzt. „Du brauchst natürlich den Lkw-Führerschein dazu“, erzählt der St. Stefaner, dass er sonst wohl schon viel früher gefahren wäre.
Eine Familiengeschichte
Begonnen hat seine Liebe für Trucks dank dem Opa, der sich schon vor 25 Jahren einen Lkw gekauft hat. Opa und Papa waren selbst in der Europa Truck Trial erfolgreich, der Junior schon im Kinderwagen, wie er erzählt. „Ich war immer dabei und habe viel mitbekommen. Das ist einfach eine Familiengeschichte“, sagt Reicher. Mit 16 Jahren war er bereits Beifahrer beim Vater, mit 18 tauschten sie die Sitze.
Baustellenkipper und Steinbrüche
Diese Routine war wohl ausschlaggebend, dass Reicher schon nach zwei Jahren Europameister wurde. „Es war schon ein bisserl überraschend.“ Sein Konkurrent aus Deutschland wurde davor fünf Mal in Folge Europameister bei den Vierachsern. „Aber ich habe irgendwie gewusst, dass es möglich ist, den zu schlagen.“ Unterstützt wird der St. Stefaner, der Architektur studiert, von einem eigenen Mechaniker. Gefahren wird mit Serien-Lkw, die umgebaut und vor allem verstärkt werden. Reicher fährt etwa mit einem Baustellenkipper, in dem es gerade im Sommer in den Steinbrüchen richtig heiß werden kann. „Eine Fahrt dauert ungefähr 15 Minuten, und das 15 Mal an einem Wochenende, das ist schon anstrengend“, sagt der 20-Jährige. Gedankt wird es auch mit vielen Zusehern: Beim Rennen in Wien sind 5.000 Zuschauer dabei, beim Traditionsrennen in Frankreich sogar 20.000.
Traum von der Rallye
Ängste hat Reicher keine, wenn er im Lkw über die Hänge fährt: „Da bin ich in meiner Welt und überhaupt nicht nervös. Ich kenne das Auto in- und auswendig, ich weiß, wann es zu weit gehen würde.“ Er hat bisher keine einzige Schramme beim Fahren erlitten. Aber er hat Träume: vom „Gegenteil“ des Truck Trials. "Irgendwann ist das Ziel sicher mal die Rallye Dakar, mehr Geschwindigkeit." Aber natürlich alles mit Trucks.


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