Rassach: Vom Gemeindeamt ohne Telefon zum erweiterten Kindergarten

- Von links nach rechts: Kindergarten, Wohnungen und das ehemalige Gemeindeamt in Rassach.
- hochgeladen von Simon Michl
Erst 1970 zog die Fusionsgemeinde Rassach mit Herausforderungen ins neue Gemeindeamt um. Damals gab es dort noch eine Volksschule, heute einen Kneippkindergarten und Pfadfinder.
Rund 1.500 Menschen wohnen in Rassach, die ehemalige Gemeinde symbolisiert so gut wie keine andere den zeitlichen Wandel in unserer Gesellschaft: 1968 wurde der Ort mit Lasselsdorf, Herbersdorf und Graschuh zur neuen Gemeinde Rassach fusioniert, 47 Jahre später fiel man selbst der Fusion zum Opfer und gehört nun zu Stainz. Während man heute das ehemalige Gemeindeamt ausräumen muss, stand man damals vor ganz anderen Problemen. „Zuerst waren wir in einem alten Bauernhaus im Zentrum von Rassach, dort gab es aber nichts zum Heizen und es war undicht“, erinnert sich Gernot Becwar, der damals Vizebürgermeister wurde. Ein neues Gemeindeamt musste her und so wurde die Volksschule in Lasselsdorf erweitert. Das Haus wurde bereits um die Jahrhundertwende errichtet und 1966 umgebaut, vier Jahre später fand die Gemeinde Rassach hier ihr neues Zuhause - in einer ehemaligen Schulklasse. „Die Aufregung war auch groß, weil der Weg vom Ortszentrum runter ein weiter war, nicht jeder hatte damals schon ein Auto“, kennt Becwar die damaligen Herausforderungen. Zu Beginn verfügte man nicht einmal über ein Telefon im Gemeindeamt und musste zum Nachbarn telefonieren gehen, bis Becwar ein Vierteltelefon anschaffte.
Alterserweiterter Kindergarten
Während sich das Gemeindeamt im neuen Heim einfand, verlor die VS Lasselsdorf immer mehr Schüler und musste bald geschlossen werden. Seit den 70ern befindet sich aber ein Kindergarten dort, der bis heute in Rassach erhalten blieb. Dem Kindergartenteam kam die Gemeindefusion und das damit leerstehende Gemeindeamt in gewisser Weise zugute, da man dadurch mehr Platz für die Kinderbetreuung nutzen kann. Die Einrichtung in Rassach war einer der ersten Kneippkindergärten in der Steiermark, derzeit werden dort 35 Kinder betreut und demnächst sollen es noch mehr werden. „Das ehemalige Bürgerbüro der Gemeinde Rassach wird umgebaut und für eine alterserweiterte Gruppe im Kindergarten genutzt werden“, erklärt der Stainzer Bürgermeister Walter Eichmann. Der Kindergarten nutzt den Raum bereits mit, auch wenn dort noch Akten und Wahlkabinen der letzten Bundespräsidentenwahl zu finden sind. Im ehemaligen Sitzungssaal hat sich die Pfadfindergruppe Frauental-Rassach eingefunden und diesen neu eingerichtet. Daneben befinden sich im Obergeschoss noch drei Wohnungen, die einst als Lehrerdienstwohnungen genutzt wurden.
Kindergarten in voller Pracht
Im Archiv der ehemaligen Gemeinde Rassach regieren zwar noch die Akten, die nach und nach ausgeräumt und verarbeitet werden, der Kindergarten zeigt sich nach über 40 Jahren immer noch frisch herausgeputzt. Man verspürt null Tristesse, wenn man von den leicht zurückgelassenen Gemeinderäumlichkeiten durch die schwere Verbindungstür in den Kindergartenflur schreitet. Bunte Farben und helle Gruppenräume mit Mobilar im optimalen Zustand werden nur noch getoppt von einem großzügigen Spielplatz im Freien. Dort ragt ein breiter Holzpavillon für Schlechtwetter aus dem Rasen, den Becwar stolz herzeigt. Zu seinem 20-jährigen Jubiläum als Rassacher Bürgermeister schenkte er dem Kindergarten den Unterschlupf.
Probleme mit der Fusion
2012 nahm Becwar nach 29 Jahren selbst den Hut als Bürgermeister, die Gemeindezusammenlegung wollte er nicht mehr mitmachen. „Die Art und Weise, wie man mit uns umgegangen ist, war falsch.“ Er erinnert sich auch noch gut an die Fusion vor fast 50 Jahren. „Die Leute waren damals auch aufgebracht“ weiß der gebürtige Graschuher. „Es dauerte sicher 30 Jahre, bis sich die Leute an die neue Großgemeinde gewohnt hatten.“ Er denkt, dass es auch diesmal wieder eine ganze Generation brauchen wird, bis das in den Köpfen der Leute drinnen ist.


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