Heribert Lischnig im Gespräch
"Meine Patienten fehlen mir"

- Ein Leben für die Medizin und für das Wohlergehen seiner Patienten: Heribert Lischnig mit seiner Frau Ute
- Foto: Lischnig
- hochgeladen von Nina Schemmerl
Gratwein-Straßengel: Heribert Lischnig feierte am Freitag seinen 80. Geburtstag. Zum Ehrentag gab er der WOCHE einen Einblick in sein Leben.
Er war Gemeinde-, Schul- und Distriktsarzt, ist Ehrenringträger, Ehrenbürger, Vorstandsmitglied der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin, Obermedizinalrat und erhielt das goldene Ärztediplom der Medizinischen Universität Graz. Und noch vieles mehr.
Der sechste Sinn
"Ohne meine Gattin hätte nichts funktioniert. Sie ist mir immer zur Seite gestanden. Sie hat sich um alles gekümmert", resümiert Lischnig seine Zeit als Allgemeinmediziner. Seit 1969 lebt er mit der Familie schon in Gratwein-Straßengel, 45 Jahre war er als Arzt tätig. 40 davon in Judendorf. Seine Patienten schätzten vor allem, dass er als hervorragender Diagnostiker ein besonderes Gespür für den Menschen hatte. Auch heute noch erkundigt sich Lischnig öfters im Gespräch nach dem Befinden des Gegenübers, nur um dann, wenn gewünscht, Tipps und Ratschläge für das Wohlbefinden zu geben. "Natürlich braucht es Erfahrung, aber es ist so etwas wie ein sechster Sinn. Und man muss genau zuhören können und sich Zeit nehmen."
Vorbild in der Medizin
Im Laufe der Jahre hat sich einiges in der Medizin getan. "Die Medizin ist fortschrittlicher geworden. Und weiblicher. Das ist gut. Eher schlecht ist, dass Administration eine so große Rolle spielt. Früher gab es mehr Vertrauen zueinander, mehr Persönliches. Man hat sich mehr Zeit nehmen können. Auch, um bei den Patienten zuhause vorbeizuschauen." Von einer "guten alten Zeit" will Lischnig aber nichts wissen. "Die gute Zeit ist immer jetzt. Man muss den Moment nutzen", sagt er.
Und davon gab es immer viele. Denn Lischnig war stets ein Vorreiter in Sachen Gesundheit. So hat er als Schularzt mit verschiedenen Schwerpunkten das Gesundheitsprojekt "REVOST" am BG Rein mitbegründet, das wiederum Vorbild für andere Schulen wurde. "Die Untersuchung der Schülerinnen und Schüler wurde von mir erweitert und intensiviert." In Sachen digitaler Fortschritt war Lischnig ebenso vorne mit dabei. An der Möglichkeit, Gesundheitsdaten zu speichern oder Befunde online an andere Ärzte weiterzureichen, war er beteiligt. "Früher gab’s nur wenige Hilfsmittel in der Praxis. Und damals war der Computer nur ein Mittel zum Zweck, alles war so aufwendig. Wir haben ein elektronisches System aufgebaut, das dem Patienten dient." Auch war er einer der Ersten, der in der Praxis EKG, Labor oder Physiotherapie anbot. Wenn Lischnig nicht gerade ordinierte oder auf Hausbesuch war, dann war er in vielen Vereinen – angefangen von der Feuerwehr bis zum Pfarrgemeinderat – tätig, und wenn dann noch Zeit blieb, spielte er gerne Fußball oder Tennis. Aktiv in der Gemeinde zu sein, war ihm sehr wichtig. Und damit auch andere Bescheid wissen, was sich in der eigenen Region tut, hat er mit Freunden kurzerhand die Regionalzeitung "Fanfare" gegründet, die es aber schon lange nicht mehr gibt.
Persönliches Rezept
Bei all den beruflichen Aufgaben hat Lischnig nie vergessen, wie wichtig seine Familie ist. "Ja, ich hatte wenig Zeit für die Familie. Aber die Zeit, die wir miteinander hatten, war intensiv. Familie ist das Wichtigste." Sein persönliches "Gesundheitsrezept" ist daher auch eines, das sich mit ihr verbinden lässt: zufrieden sein, geduldig, stressfrei und mit Genuss leben. Zur Medizin ist Lischnig übrigens spontan gekommen. "Eigentlich wollte ich Archäologie studieren. Aber ich wusste, es ist eine brotlose Kunst. So habe ich mich kurzfristig dazu entschlossen, Medizin zu studieren. Ich würde es heute wieder so machen. Meine Patienten fehlen mir noch immer, obwohl ich schon zehn Jahre in Pension bin."
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