Interview
20 Jahre Stadtgemeinde Frohnleiten: Gerüstet für die Zukunft

Die "Skyline" Frohnleitens ist ein beliebtes Fotomotiv – sowohl bei Besuchern als auch nach wie vor bei Einheimischen. | Foto: Hans Baier
  • Die "Skyline" Frohnleitens ist ein beliebtes Fotomotiv – sowohl bei Besuchern als auch nach wie vor bei Einheimischen.
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  • hochgeladen von Nina Schemmerl

Am Freitag feierte Frohnleiten 20 Jahre Stadtgemeinde.

Der ursprüngliche Name "Vreyliten", der "freie Leiten", also "freier Hang" bedeutet, deutet darauf hin, dass Frohnleiten schon seit jeher ein wichtiger Standort war. Nicht zuletzt aufgrund der Mur. Zwischen Bruck und Graz gelegen hat sich Frohnleiten im Laufe der Jahrhunderte zu einem der bedeutsamsten Märkte entwickelt – und das, obwohl Seuchen und Epidemien, Kriege, Hochwasser, Feuer oder anderen Katastrophen das Durchhaltevermögen der Menschen schwer unter Prüfstand stellten . 

Heute blüht Frohnleiten mehr denn je auf. Grund genug, Bürgermeister Johannes Wagner zum Interview zu bitten.

WOCHE: 20 Jahre Stadtgemeinde – die WOCHE gratuliert herzlich zu diesem Jubiläum. Welche Bedeutung hat das für Frohnleiten?
Johannes Wagner:
Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob man Gemeinde oder Stadtgemeinde ist, es hat kaum Auswirkungen. Aber es freut uns schon, es hat für uns einen besonderen symbolischen Stellenwert. Wir sind die einzige Stadtgemeinde im Bezirk Graz-Umgebung.
Frohnleiten hat viel zu bieten, schon alleine historisch gesehen. Da es ist schon eine Ehre, als Stadtgemeinde auch angesehen zu werden.

„Die Perle an der Mur“ wird Frohnleiten häufig genannt: Zu recht? Was macht Frohnleiten besonders?
Völlig zu recht (lächelt). Es passt alles zusammen: Unsere Lage, einzigartig in so einem Bereich an der Mur gelegen, der Hauptplatz mit seinem südlichen Flair, der so viel zu bieten hat, weil hier auch so viel passiert, und natürlich die Silhouette, die wunderschön anzuschauen ist. Das sagen uns vor allem Auswärtige. Die "Skyline" hat einen hohen Wiedererkennungswert, ist deshalb auch im Logo präsent.
Und wir haben Geschichte, die sich in den Gebäuden widerspiegelt. Nicht umsonst ist Frohnleiten auch Ortsschutzgebiet (Anm. d. Red.: kurzer Abriss zur Historie als Grund für den Ortsschutz: siehe unten), wir wurden ausgezeichnet und gelten als Paradebeispiel.

Sie sind seit 2015 Bürgermeister, waren der jüngste unter all den Ortschefs in GU-Nord. Damals haben Sie der WOCHE im Interview gesagt: „Ich hab’ jetzt schon 100.000 Dinge auf meiner Liste, die ich angehen möchte.“ Wie viele davon konnten eigentlich schon abgehakt werden?
Ja, es waren 100.000 Dinge, und jeden Tag kommt etwas Neues dazu. Unser großes Ziel war und ist es, uns zu beleben. Wichtige Projekte waren deshalb zum Beispiel die Südeinfahrt oder der Ausbau und die Modernisierung des Bahnhofes. Da musste sich einfach etwas bewegen, weil wir eine Einfahrt mit Mobilitätslösungen brauchten, die der Stadtgemeinde würdig ist. Deshalb denken wir in diese Richtung schon weiter. Auch die Nordeinfahrt wird eine wichtige Rolle spielen. Es gibt schon erste Überlegungen, was im Bereich des Rintparkes geschehen soll. Dazu werden wir mit der Frohnleitner Bevölkerung zusammenarbeiten und hinhören, was hier entstehen kann. 

Eines der großen Themen Frohnleitens die letzten Jahre ist die Belebung des Hauptplatzes. Warum ist das für euch so wichtig ?
Es ist essenziell für einen Ort, dass das Zentrum funktioniert. Wenn es am Hauptplatz kein Leben, keine Wirtschaft, nichts gibt, dann funktioniert rundherum auch nichts mehr. Das ist die Basis, ein Hauptplatz ist der Kern. Es ist entscheidend für Unternehmer, Familien, Junge, was hier passiert, damit sie bleiben. Ich sag es so: Der Hauptplatz ist wie eine Sonne, von hier strahlt sich nach außen. In der Mitte muss es also leuchten.

Frohnleiten investiert groß, um den Standort weiterzuentwickeln. Sofern es überhaupt möglich ist: Was war in den letzten 20 Jahren das bedeutendste Ereignis?
Schwierig, hier ein bedeutendes Ereignis zu nennen. Es hat sich viel getan. Wirtschaft, Kultur, Vereine, Schulen, Ausbildungsstätten, Vereine, Wohnen, Möglichkeiten für unsere älteren Bewohner und mehr, das alles bildet Frohnleiten ab. Wir als Stadtgemeinde müssen dafür die Rahmenbedingungen schaffen, Frohnleiten lebenswerter gestalten und so für die Zukunft gerüstet sein. Von der Kinderbetreuung bis zur nachhaltigen Ortsplanung, es läuft ja viel im Hintergrund ab. Einiges ist sichtbar, aber es ist ein laufender Prozess. Ja, es gibt Leuchtturmprojekte, die wichtig sind, aber in Summe sind alle kleinen Eckpunkte entscheidend für die nächsten 20, 30 Jahre. 
Einschneidend war aber sicher die Gemeindetrukturreform. Mit der Zusammenlegung der Gemeinden sind auch wir gewachsen. Und damit sind wir nicht nur die flächenmäßig größte Gemeinde im Bezirk – wir sind auch größer als Graz. Und grüner.

Seit den späten 1960er-Jahren verzeichnet Frohnleiten eine dauerhafte Abwanderung. Ist das ein Problem für die Stadtgemeinde oder zählt Qualität statt Quantität?
Definitiv. Es schaut so aus: Frohnleiten ist trotz der Fläche ein enges Tal. Deshalb gibt es auch keine großen Flächen für den Wohnbau, und den, den es gibt, ist im Eigentum. Hier kommt hinzu, dass nach wie vor auf weniger Fläche mehr Menschen zusammenwohnen. Aber es ist ja nicht unser Ziel, auf 10.000 Einwohner anzuwachsen. Wir fokussieren eine verträgliche Entwicklung und wollen Familien Möglichkeiten bieten. Die Rahmenbedingungen dazu begrenzen die Ausdehnung. Aber wir wollen nichts zupflastern, sondern unsere Lebensqualität erhalten, denn sonst ist Frohnleiten nicht mehr das, was es ist. Wir verdichten nur dort, wo es sinnvoll und möglich ist, ganz im Sinne des Zeitgeistes muss unser Grün erhalten bleiben.
Die Bevölkerung muss sich hier wohlfühlen, und wir wollen nicht das Problem sein, dass unser Gesicht dann fehlt.

Wohin geht Frohnleiten die nächsten 20 Jahre?

Wir wollen uns gut aufstellen und die Infrastruktur gut anpassen. Was in der Vergangenheit weniger gegeben war. Der Hauptplatz soll Generationen zusammenführen. Schon bald wird hier eine Kinderkrippe entstehen, und wir wollen die älteren Menschen näher an den Hauptplatz bekommen, weil auch das Belebung ist.
Auch aus dem Wirtschaftsstandort soll mehr gemacht werden, um Arbeitsplätze zu schaffen und sie in allen Branchen zu halten. Leben, wohnen und arbeiten, das gehört zusammen. Genau das macht uns aus.

Müssten Sie "Ihr Frohnleiten“ mit nur drei Wörtern beschreiben, dann wären dies ...
(Johannes Wagner überlegt lange.) Lebensqualität, Natur und Infrastruktur. Ich glaube, das fasst es gut zusammen. Frohnleiten ist ein Genuss, unsere Umgebung eine Schönheit und durch den Vorteil, den eine Stadtgemeinde uns bieten kann, lässt es sich sehr gut hier leben.

Kurzer Abriss der Geschichte Frohnleitens (für die Bedeutsamkeit des Ortsbildschutzes):
Frohnleiten, erstmals um 1300 urkundlich erwähnt, wurde von den Grafen von Pfannberg gegründet. Die Lage des Ortes am bedeutsamen Handels- und Heerzugweg des Murtales nahe am Fluss bestimmte sein Schicksal. In knappen Intervallen wurde Frohnleiten immer wieder von Brand- und Hochwasserkatastrophen heimgesucht, welche die Bewohner nach kurzzeitigen wirtschaftlichen Erholungen wiederum in Not stürzten. Mit Errichtung der Eisenbahn und den damit entfallenden Erwerbsmöglichkeiten des Pferdeverkehrs schien eine endgültige wirtschaftliche Stagnation eingeleitet. Erst durch die beginnende Industrialisierung und Initiativen zur Errichtung von Kuranlagen zeigt sich seit der Jahrhundertwende eine ansteigende Prosperität.

Für die Wahl der Siedlungsstelle waren die Lage am Brückenkopf, der von Anfang an eine Befestigungsanlage besaß, sowie die gute Verteidigungslage maßgeblich (Steilabfall zur Mur). Frohnleiten ist eine planmäßig angelegte Neugründung. Die Marktform resultiert aus der Absicht, den durchziehenden Handelsweg in unmittelbare Verbindung mit der Marktstätte zu bringen. Dies wurde dadurch gelöst, dass man die Landstraße am Leobner Tor platzartig erweiterte. Gegen Osten wird der Platz schmäler, um beim Bruckertor (erst 1833 abgebrochen) wieder die normale Straßenbreite zu erreichen.

Dieses strenge räumliche Konzept legte von vornherein die Anzahl der Bürgerhäuser mit 50 Objekten fest. Erweiterungen waren nur außerhalb des befestigten Kerngebietes möglich. Bis zum Jahre 1754 wurden lediglich 24 Bürgerhäuser im Vormarktbereich registriert. Der älteste Plan des Marktes weist insgesamt 120 Bauparzellen aus. Am südlichen Brückenkopf bestanden lediglich die drei Objekte des heutigen Gasthofes Weißenbacher, des Bürgerspitales und eines weiteren Gebäudes.

Bemerkenswert an der Erscheinungsform der Kernsiedlung von Frohnleiten ist der in seinem Bestand gut erhaltene historische Ortskern. Bedingt durch die erwähnte strenge innere Struktur sowie durch die Topographie hat sich der Gründungsmarkt weder grundrisslich noch in seiner baulichen Höhenentwicklung – von einigen für die Maßstäblichkeit der Gesamtanlage unwesentlichen Umgestaltungen abgesehen - nachteilig verändert.
Das Ortsbild ist nach außen vor allem durch seine bauliche Geschlossenheit des Gründungsmarktes, die gegen Südwesten zur Mur hin besonders markant in Erscheinung tritt, charakterisiert. Der weitgehend begrünte Steilabfall von der bebauten Terrasse auf die Flussebene steigert diese Wirkung. Der südliche Brückenkopf bildet mit den Baugruppen beidseits der Brücke und den gegen den Markt ansteigenden Gebäuden ein Ensemble hoher städtebaulicher Qualität.

Das Schutzgebiet umfasst den historischen Siedlungskern, den Höhenzug im Norden und die breiten Sichtzonen im Süden und Südosten des Marktes.

(Quelle: G. Axmann, K. Gartler & U. Werluschnig, 1994, Ortsbildschutz Steiermark 1977–1994)

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