Aktuelle Abschiebedebatte
Kumberg: Wie eine Gemeinde zum Vorbild für Integration wurde

"Es ist wichtig, dass wir gemeinsam anpacken. So gelingt Integration": Dagmar Eklaude vom Verein "Kumberg – wir wollen teilen" | Foto: Privat
  • "Es ist wichtig, dass wir gemeinsam anpacken. So gelingt Integration": Dagmar Eklaude vom Verein "Kumberg – wir wollen teilen"
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Durch die Abschiebung von Jugendlichen wurden in Kumberg Erinnerungen aus dem Jahr 2016 wach.

Unter Protest zahlreicher Demonstranten wurden vergangene Woche vier Kinder und Jugendliche von der Polizei vom Abschiebezentrum Wien-Simmering zum Flughafen gebracht. Die Reiseziele der Fünf- bis 20-Jährigen: die Heimatländer ihrer Eltern, die ihnen allesamt fremd sind, weil sie in Österreich geboren beziehungsweise aufgewachsen sind. Die Debatte um Asylrecht und Abschiebung weckt in Kumberg Erinnerungen: 2016 drohte einer vierköpfigen Flüchtlingsfamilie aus dem Irak die Abschiebung, die beiden Kinder liefen aus Verzweiflung weg, und die Polizei suchte sie mit Hubschraubern. Mit der Aktion "Ein Ort sagt Nein zur Abschiebung von Freunden", eingereichten Petitionen und dem tatkräftigen Einsatz des Vereins "Kumberg – wir wollen teilen", der wirksam mithilfe eines Anwalts bis vor den Europäischen Gerichtshof ging, konnte die Familie bleiben. "Wir sind betroffen von diesen aktuellen Vorgängen, weil wir noch lebhaft wissen, was in Kumberg passiert ist", sagt Dagmar Eklaude, Obfrau des Vereins.

Gegenseitiges Kennenlernen

Mit der Flüchtlingswelle 2015 etablierte sich die Marktgemeinde Kumberg zum Paradebeispiel für gelebte Integration. Sie nahm Flüchtlinge auf, unterstützte die Familien im Alltag, organisierte Deutschkurse und sorgte dafür, dass die Neuankömmlinge aktiver Teil des Gemeindelebens wurden. Aktuell leben noch drei Familien und eine Einzelperson hier. "Die Kinder sind in der Schule oder Ausbildung, für Eltern gibt es Arbeit, man ist Teil des Vereinslebens und mehr", sagt Eklaude über die Eigenständigkeit der einstigen "Fremden".
Die Gemeinde weiß also, dass Integration gelebt werden kann. Das Kumberger Geheimrezept ist regelmäßiger Kontakt und Austausch und das Brechen von Barrieren, um die Flüchtlingssituation im Ganzen zu verstehen. "Wenn man Geflüchtete nicht kennenlernen will, wenn man nur Gerüchte hört, dann gelingt das Zugehen auf diese Menschen nicht. Vorurteile müssen aus der Welt geschaffen werden. Nur dann werden die Barrieren abgebaut. Die Kumberger waren gewillt, zu helfen."
Der Zusammenhalt in einer ländlichen Gemeinde habe dabei eine ebenso wichtige Rolle gespielt wie das Verhalten der Flüchtlinge. "Natürlich fühlt man sich in seiner Community am wohlsten, aber sie haben sich nicht verschlossen."

Weitere Unterstützungen

Eklaude kennt aber auch die kritischen Stimmen, die vielen Diskussionen über humanitäres Bleiberecht auf der einen, Asylrechtsmissbrauch auf der anderen Seite. "Jemanden, der anderer Meinung ist, zu überzeugen, bringt nichts. Aber es bringt einen schon weiter, wenn jeder ein bisschen versucht zu verstehen, wie der andere tickt." Nach wie vor ist der Verein bemüht, Unterstützung für Geflüchtete zu leisten. "Wir bemühen uns, Geflüchtete aus Moria aufzunehmen. Wir hoffen, dass der Druck so groß wird, dass die Regierung einsieht, wie wichtig es ist, Menschen zu helfen."

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