Die Polizei von der Grenze abgezogen
Nach 100-jähriger Präsenz in St. Anna muss die Polizei das Feld räumen.
St. Anna am Aigen verliert seine Polizei. Noch beherbergt die Weinbaugemeinde eine von 23 betroffenen Dienststellen im Land. Ende Juni wird der Posten dicht gemacht. Die sechs Beamten wechseln nach Bad Gleichenberg. Bundesweit werden 122 Inspektionen geschlossen. Im Bezirk sieht man sich mit der Schließungswelle allerdings alleine konfrontiert.
Die Bürgermeister sind außer sich, seit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ihr Reformvorhaben öffentlich gemacht hat. Viele haben erst kurz vorm Pressetermin erfahren, dass ihre Gemeinde auf der schwarzen Liste steht. Auch Johannes Weidinger fühlt sich vor den Kopf gestoßen: "Ich habe es telefonisch eine Stunde vor der offiziellen Verlautbarung erfragt." Neben seiner Empörung über die "schlechte Kommunikation", die Parallelen zur Vorgehensweise bei den Gemeindefusionen aufweisen würde, löst die Schließung ausgerechnet des Postens in Grenznähe heftiges Kopfschütteln aus. "Wir sind jetzt schon das Aufmarschgebiet für Kriminelle aus Ungarn und Slowenien. Und das wird noch schlimmer werden", so seine professionelle Einschätzung. Hauptberuflich ist Weidinger Polizist in Gnas.
Schlag gegen ländlichen Raum
"15 Minuten brauchen die Kollegen von Bad Gleichenberg hierher." In der Zwischenzeit würden die Täter längst über der Grenze sein, so Weidinger. Dabei: Die Kriminalitätsrate im Grenzbereich ist im Steigen begriffen. Jährlich 50 Vermögensdelikte allein im Überwachungsraum St. Anna halten die Polizisten auf Trab. Neben einem Sicherheitsrisiko führt Weidinger ein weiteres Argument gegen die Schließung ins Treffen: "Wir verlieren sechs Arbeitsplätze – nach der Postschließung ein weiterer Schlag gegen den ländlichen Raum." Ob er protestieren möchte? Schützenhöfer habe er trotz mehrmaliger Versuche nicht erreicht. Der stellvertretende Landespolizeidirektor Alexander Gaisch habe bei einem Besuch klar gemacht, dass alles in Stein gemeißelt sei. Angesichts dessen will Weidinger lieber Realist bleiben. Als Entgegenkommen seien ihm Sprechstunden vor Ort angeboten worden. Dass er dafür die Kosten übernehmen soll, empfindet er als Hohn. Weidinger lehnte "dankend" ab.
Weniger Bürokratie
Die Anzahl der Polizisten würde die selbe bleiben, verteidigt sich Mikl-Leitner. Außerdem gebe es künftig 1.200 Spezialisten mehr. Durch das Zusammenziehen soll den Polizisten Verwaltungsaufwand erspart bleiben. Und: "Weniger Bürokratie heißt, dass sich die Polizisten besser auf ihre polizeilichen Kernaufgaben konzentrieren können."
Fakten
In der Region schließen St. Anna (Überwachungsraum Frutten-Gießelsdorf, Kapfenstein, St. Anna und 6 Beamte kommen zu Bad Gleichenberg), Burgau, Söchau, St. Marein bei Graz; PI Bad Gleichenberg ab Juli: 17 Beamte, 2 Polizeiwagen, 1 Zivilfahrzeug.
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