Ein Leben ohne Plastik

Mit dem Verzicht auf Plastik haben Sie 2009 begonnen, mit Ihrem Buch „Kein Heim für Plastik“ sind Sie nach wie vor auf Tour. Welche Reaktionen
bekommen Sie?

Leider hat sich seither ja nicht vieles verbessert. Sehr viele Leute fragen mich nach Tipps und wie wir etwa den Einkauf von Lebensmitteln erledigen.

Wie schaffen Sie das Einkaufen?
Ich gehe in Supermärkte, kaufe aber nur Unverpacktes und ich kaufe bei Bauern und in Bio-Läden. Ich nehme immer meine eigenen Behälter mit.

Wie steht es mit Toilette-Artikeln?
Da gibt es weniger Auswahl. Wir verwenden Seifen statt Duschgels und Shampoos. Es gibt auch viele Bio-Kosmetikprodukte wie Schminkstifte aus Holz. Die sind gesünder und oft auch günstiger.

Womit putzen Sie die Zähne?
Mit einer Holzzahnbürste (lacht).

Ist das Einkaufen so nicht sehr zeitaufwendig?
Nein, ich brauche weniger Zeit, weil ich koordinierter einkaufe. Viele Lebensmittel bekomme ich auch von einem Bio-Bauern in einer Kiste geliefert. Manche Dinge sind heute leichter: Holzzahnbürsten etwa sind einfacher erhältlich als vor fünf Jahren.

Hören Sie öfters, dass Sie radikal sind?
Ab und zu sagen Leute, dass man so radikal wie wir kaum auf Plastik verzichten kann. Aber je mehr sie nachdenken, desto mehr Verständnis haben sie. Außerdem zwingen wir ja niemanden, so zu leben.

Was ist am schwierigsten?
Auf bestimmte technische Geräte, wie Telefone kann man nicht verzichten. Manchmal ist es schwer, die Motivation zu bewahren. Etwa wenn man hört: Das bringt ja nichts, wenn das nur ihr macht! Dann sage ich, dass es auf jeden ankommt.

Sie haben also ein großes Maß an Selbstmotivation.
Ja (lacht). Das war schon immer so! Was mich motiviert, sind auch die vielen Rückmeldungen und die mediale Berichterstattung. Da sieht man, dass das, was man tut, schon Ergebnisse bringt.

Sie sagen, der Film „plastic planet“ hat Sie zum Verzicht auf Plastik bewogen. Das hat gereicht?
Das Problem war mir schon lang bewusst. Der Film war der letzte Auslöser: Etwa als eine EU-Kommissarin sagte, dass damals, vor 10 Jahren, erst 11 Substanzen im Plastik auf ihre gesundheitlichen Folgen getestet waren, es aber hunderte gibt. Da habe ich mir gedacht: Nicht mit uns!

Sind strengere Vorgaben durch die Politik nötig?
Ja, denn nur dann stellt sich die Industrie um, aber dazu ist auch der Druck von uns Konsumenten nötig. Derzeit muss man nachweisen, dass Stoffe im Plastik schädlich sind, damit sie verboten werden. Da bräuchte es eine Umkehr der Beweislage.

Wie funktioniert der Verzicht auf Plastik mit Kindern, etwa bei Spielsachen?
Als wir 2009 unser Haus weitgehend von Plastik befreiten, konnten unsere Kinder entscheiden, was sie behalten. Unser Jüngster, damals 7 Jahre, hat seine Ritterburg behalten. Wir haben dann keine Plastiksachen gekauft, sondern Spielsachen aus Holz. Heute würde ich grundsätzlich auf weniger, aber hochwertigere Spielsachen setzen.

Und bei Schulsachen?
Gewisse Ausnahmen muss man machen. Dann geht es um einen sinnvollen Umgang: Wir haben etwa Stifte, die man wiederbefüllen kann. Man muss nicht alles neu kaufen.

Ihre Kinder wünschen sich keine Plastiksachen, die andere Kindern haben?
Kaum. Mein Mann und ich haben ihnen vermittelt, dass der Wert eines Menschen nicht davon abhängt, was er besitzt, sondern davon, wer er ist und wie er mit anderen umgeht.

Sie arbeiten als Physiotherapeutin. Wie bewusst leben Sie sonst?
Wir teilen uns ein Auto mit einer anderen Familie, erledigen viele Wege zu Fuß, essen heimische Lebensmittel und achten auf die Inhaltsstoffe von Produkten. Ich selbst habe schon als Kind gelernt, dass man für seine Gesundheit auch selbst verantwortlich ist.

STECKBRIEF
- geboren am 4.11. 1978
- arbeitet als Physiotherapeutin
- lebt mit Mann und drei Kindern in Eisbach bei Gratwein
- startete 2009 das Experiment ohne Plastik zu leben
- schrieb das Buch „Kein Heim für Plastik“

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