„Die Meinung von Kindern ist wichtig“

Wo gibt es in Graz Handlungsbedarf, was die Rechte von Kindern betrifft?
Bei der Fremdunterbringung etwa in Pflegefamilien oder Wohngemeinschaften. Betroffene Kinder haben oft psychische Belastungen erlebt und brauchen stabilisierende Betreuung. Oft fehlt es an geeigneten Plätzen, deshalb müssen sie weiter weg untergebracht werden. Auch die Obsorge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist nicht zufriedenstellend geregelt. Oft fehlen Dolmetscher und Therapieplätze. Und diese Kinder haben nach neun Jahren Pflichtschule keinen Rechtsanspruch darauf, eine höhere Schule zu besuchen.
Ist Graz für das Durchschnittskind eine lebenswerte Stadt?
Grundsätzlich ja. Aber Kinder und Jugendliche brauchen öffentliche Räume, an denen sie sich ohne Konsumzwang aufhalten können, und die sie mitgestalten können. Viele Jugendliche hängen etwa auf Parkplätzen herum. Da braucht es mehr Indoor- und Outdoor-Angebote.
Außerdem gibt es bei Siedlungen und Betreuungseinrichtungen öfters Konflikte wegen Lärm. Nachbarn beschweren sich über spielende Kinder im Hof. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bestätigt, dass spielende Kinder nicht als Lärmquelle gelten. Da braucht es mehr Bewusstsein.
Sind Gewalt und Armut präsente Themen?
Ja, leider, die gesunde Ohrfeige kommt vor. Außerdem erleben viele Kinder psychische Gewalt, etwa wenn ihre Eltern sich streiten. Dies muss anerkannt werden, sodass die Kinder wenn nötig Anspruch auf Therapie haben. Das gilt etwa für die Kinder von Frauen, die in Frauenhäusern leben. Armut betrifft sehr oft Familien mit Migrationshintergrund, die Kinder können dann etwa bei einem Schulausflug um 100 Euro nicht dabei sein.
Mit welchen Themen wenden sich Kinder selbst an Sie?
Cyber-Mobbing sorgt für Probleme, hier muss man Vertrauen schaffen, damit sich die Kinder Erwachsenen anvertrauen. Ansonsten wollen Jugendliche die Grenzen ausloten und wissen, was Ihnen die Eltern vorschreiben dürfen, etwa ob sie Einverständnis für ein Tattoo brauchen.
Was gibt es in Graz noch Positives zu bemerken?
Das Kinderparlament des Kinderbüros, bei dem Kinder sich in die Gestaltung der Stadt einbringen können, ist nach wie vor einzigartig in Österreich. Die Stadt bemüht sich etwa auch Spiel-plätze nicht in engen Flächen zwischen Häusern zu errichten.
Sie sind seit vier Jahren Kinder- und Jugendanwältin. Was hat Sie bisher überrascht?
Ich hatte erwartet, dass Kinder stärker eingebunden werden etwa bei der Gestaltung ihres Alltages in der Schule, Freizeit und Familie. Ihre Meinung ist wichtig. Durch kindgerechte Beteiligung können sie lernen, selbstbewusst erwachsen zu werden.

Hilfe und Beratung in vielerlei Hinsicht

Wofür brauchen Jugendliche das Einverständnis ihrer Eltern? Welche Rechte haben Kinder nach einer Scheidung? Mit Fragen und Problemen rund um rechtliche Gegebenheiten können sich Kinder, junge Erwachsene bis 21 Jahre und Familien an die Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark wenden.
Unter Leitung von Brigitte
Pörsch vertritt sie die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Basis des Steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetzes und der UN-Kinderrechtskonvention, zeigt Defizite auf und trägt sie an Entscheidungsträger heran.
Kontakt: Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark, Paulustorg. 4/III, 8010 Graz, E-Mai:l kija@stmk.gv.at, www.kinderanwalt.at. Telefonische Beratung gibt es unter 0316/877-5500.

Welche Rechte Kinder laut Gesetz haben

Der 20. November ist der Internationale Tag der Kinderrechte.
Im Jahr 1989 wurden an diesem Tag die Rechte von Kindern und Jugendlichen in der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) festgeschrieben. Sie soll die Lebensbedingungen von Kindern weltweit verbessern.
192 Staaten haben sich diesem Vertrag verpflichtet, auch Österreich. Seit 2011 sind die Kinderrechte in der Bundesverfassung verankert.
Die KRK umfasst drei Bereiche:
1. Vorsorge. Diese Rechte solllen angemessene Lebensstandards für Kinder sichern, wie: das Recht auf Leben, Nahrung, Bildung, Freizeit, das Recht auf Unterstützung für Flüchtlingskinder und Kinder mit Behinderungen sowie das Recht auf Rehabilitation für Opfer von Gewalt und Ausbeutung.
2. Schutz. Diese Rechte widmen sich der Verletzlichkeit von Kindern. Dazu gehören die Rechte auf Schutz vor körperlicher und geistiger Gewalt, Schutz vor sexueller Ausbeutung, Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung (z.B. Kinderarbeit) und Schutz bei bewaffneten Konflikten.
3. Beteiligung. Diesbezüglich sind folgende Kinderrechte verankert: das Recht auf Partizipation, also die Berücksichtigung der Meinung der Kinder, das Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit, das Recht auf Privatsphäre sowie auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

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