Tipps vom Psychologen: Was tun nach einem Seitensprung?
Sind Sie fremdgegangen? Der Psychologe Philip Streit hat ein paar Ratschläge, wie Sie Ihre Beziehung dennoch retten können.
Seitensprünge sind ein heißes Thema seit es fixe Beziehungen gibt. Ihnen haftet etwas Verbotenes an – sie sind ein Verstoß gegen eine Vereinbarung.
Wer begeht nun einen Seitensprung? Nach internationalen Studien sind es 45 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen. Bei den Männern ist das Hauptmotiv sexuelle Unzufriedenheit. Bei den Frauen ist es mangelnde Aufmerksamkeit und fehlende emotionale Zuwendung. Hinfällig ist jene Theorie, die besagt, Männer seien von Natur auf Seitensprünge aus, weil sie möglichst viele ihrer Spermien unter die weibliche Bevölkerung bringen wollen.
Eine Ausrede ist, dass ein Seitensprung „einfach passiert“: Es braucht immer eine Entscheidung, sich mit jemandem sexuell einzulassen. Man kann sich gerne einreden, Opfer der Umstände gewesen zu sein – damit lügt man sich aber nur selbst an. Oft dauern die Affären, man hat dabei ambivalente Gefühle. Letztendlich handelt es sich um eine Entscheidung, zu der man stehen muss.
Ein Mythos ist auch, dass Seitensprünge immer das Ende einer Beziehung bedeuten. Meist ist es eher der Umgang damit, der die Beziehung zerrüttet. Seitensprünge können auch den Keim neuer Beziehungsqualität bringen. Dazu ist es aber notwendig, offen und ehrlich zu sein. So kann man einander wieder begegnen. Die Kunst als Paar zu leben, besteht darin, sich so zu mögen, dass ein Seitensprung kein Thema ist.
Für den Umgang mit Affären
1. Seien Sie offen und ehrlich zu sich selbst und Ihrem Partner. Beenden Sie die Geheimnistuerei.
2. Stellen Sie Ihre Affäre respektvoll, aber sofort ein. Das befreit Sie aus der Ambivalenz, die Sie handlungsunfähig macht.
3. Versuchen Sie, allein oder im gemeinsamen Gespräch herauszufinden, was der tiefere Grund hinter dem Seitensprung war. Das ist eine komplizierte Angelegenheit. Suchen Sie sich dafür möglicherweise professionelle Hilfe.
4. Vergeben Sie Ihrem Partner den Seitensprung! Nur so ist ein Neuanfang möglich. Sie müssen für sich selbst festlegen, dass Sie diese Vergebung in der Zukunft beibehalten, sonst entsteht ein ewiges Vorwurfspiel, das zum nächsten Seitensprung führt.
5. Der, der den Seitensprung begangen hat, ist ausgleichpflichtig. Finden Sie eine geeignete Form, wie sie die Kränkung wieder gutmachen – etwa durch gemeinsame Aktivitäten.
6. Setzen Sie auf Begegnung und Wertschätzung in der Beziehung! So schaffen Sie Momente der Resonanz, die Sie aneinander binden. Nehmen Sie sich immer wieder Zeit zu zweit.
7. Schauen Sie auf sich selbst und stärken Sie sich selbst! Wer für sich selbst lebensfähig ist, ist widerstandsfähiger gegenüber Kränkungen wie sie bei einem Seitensprung passieren können.
8. Berühmte Paartherapeuten empfehlen: Lassen Sie Ihren Partner stets ein bisschen im Ungewissen, wie es mit Ihnen steht! Wenn Sie ganz berechenbar sind, sind Sie wenig aufregend. Ein bisschen etwas Unerklärliches kann vor Seitensprüngen schützen.
DER EXPERTE
Dr. Philip Streit ist Psychologe, Psychotherapeut und Lebens- und Sozialberater. Seit 20 Jahren leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das größte Familientherapiezentrum der Steiermark.
In der WOCHE beantwortet er Fragen rund um Erziehung und Beziehung. Ihre Anregungen und Fragen können Sie an die Redaktion schicken:
elisabeth.poetler@woche.at
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