Die Chefin der Könige: Julia Radlingmayer leitet die Sternsinger-Aktion

Eine „Weltverbesserin“: Entwicklungshilfe und Klimaschutz stehen auf der Agenda von Radlingmayer. | Foto: Prontolux
  • Eine „Weltverbesserin“: Entwicklungshilfe und Klimaschutz stehen auf der Agenda von Radlingmayer.
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WOCHE: Waren Sie selbst als Kind sternsingen?
Julia Radlingmayer: Ja! (lacht) Als 10-Jährige war ich als Sternsingerin unterwegs. Ich war Balthasar und gelb geschminkt. Die Leute haben uns sehr freundlich empfangen und auf uns gewartet!

Nun leiten Sie die Dreikönigsaktion in der Steiermark. Wer geht heute Sternsingen?
In der Steiermark haben wir 13.000 Sternsinger, in Graz sind es etwa 4.000. Die meisten sind zwischen 8 und 12 Jahre alt, aber es gibt auch einige Teenager. Und auch ältere Menschen sind dabei und gehen auch mit über 70 Jahren von Tür zu Tür.

Was ist das Ziel der Sternsinger?
Die Dreikönigsaktion unterstützt 500 Hilfsprojekte in 20 Ländern wie in Brasilien, Bolivien … Im Vorjahr wurden in der Steiermark 2,96 Millionen gesammelt. In den Fokus rücken wir heuer ein Projekt in Assam in Indien: Dort gab es starke Überschwemmungen, viele Häuser und Ernten sind zerstört. Wir unterstützen etwa Jugendliche, damit sie Zukunftsperspektiven haben, und fördern Selbsthilfe in der Landwirtschaft.

Warum machen Sie diesen Job?
Man sieht vor Ort, was man bewegen kann. Das ist eine starke Motivation! Wir unterstützen Projekte für Kinder, für Bildung, Menschenrechte, ländliche Entwicklung ... Es gibt in vielen Ländern viel zu tun!

Sind Sie selbst viel gereist?

Ich war mit 19 Jahren in Zentralamerika. Ich wollte ein halbes Jahr bleiben, doch daraus sind eineinhalb Jahre geworden. Ich habe dort gearbeitet und bin mit dem Rucksack herumgereist.

Wie hat Sie das geprägt?
Ich habe gesehen, dass vieles für viele Menschen nicht selbstverständlich ist: sauberes Trinkwasser oder Häuser. Da leben Familien auf engstem Raum im Bretterverbau. Man lernt auch, dass man zum Leben nicht so viel braucht, wie wir oft denken. Das öffnet den Horizont.

Können Sie die Angst vor fremden Kulturen nachvollziehen?
Ich glaube, man hat oft Angst vor Dingen, die man nicht kennt. Wenn ich nicht offen bin, habe ich eher Angst. Dann lerne ich vieles nicht kennen und kann auch viel Gutes nicht erleben.

Sind Frauenrechte ein Thema in Ihrer Arbeit?

Ja, Armut ist oft weiblich. In armen Ländern leiden Frauen oft besonders unter Ungerechtigkeiten.

Sind Frauen in leitenden Positionen in der Kirche eine Ausnahme? Führungspositionen sind in der Diözese eher männlich besetzt. Ein Bemühen ist da, aber es ist noch ein weiter Weg.

Im Fokus stehen Sie selbst mit den Sternsingern rund um Weihnachten: Was machen Sie das restliche Jahr?
Die Organisation der Sternsingeraktion braucht viel Zeit: Wir beginnen im Frühjahr, kommunizieren mit Projektpartnern, bereiten Infobroschüren vor … Ich halte auch Workshops zum Thema Entwicklungsarbeit in der Jungschar und an Schulen. Rund um den Weltklimagipfel haben wir uns auch etwa für den Klimaschutz engagiert.

Ihre Jobbeschreibung lautet also „Weltverbesserin“?

Den Anspruch hätte ich schon (lacht)! Ich will aber nicht behaupten, dass mir das gelingt.

WOCHE-WORDRAP
Mein erster Gedanke in der Früh: Kann ich weiterschlafen?
Wütend macht mich: Ungerechtigkeit, Unpünktlichkeit und vieles mehr
Mein Lieblinsgsschimpfwort: Du Rotzlöffel!
Ein Lied, bei dem ich laut mitsinge: Lieder von STS, zum Beispiel „Da kummt die Sun“
Als TV-Figur wäre ich: Pippi Langstrumpf

Steckbrief
geb. 20.5. 1978, Ausbildung zur Goldschmiedin, studierte Ethnologie und Internationale Entwicklung, seit 2010 Diözesanverantwortliche für die Sternsingeraktion

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