Stadtteilzentren helfen
Wo Digitalisierung zur sozialen Hürde wird
Noch immer leben viele Grazerinnen und Grazer offline und stoßen dadurch im Alltag unfreiwillig auf Probleme. Im Stadtteilzentrum Triester gehört die Unterstützung bei Anträgen zum "Tagesgeschäft".
GRAZ/GRIES. Dass eine moderne Verwaltung schon lange nicht mehr ohne Computer funktioniert, ist Fakt. Unbestritten ist auch, dass immer mehr Menschen früh in Kontakt mit Smartphone und Co kommen und über entsprechendes Know-how verfügen. "Das sind aber längst nicht alle", weiß Elisabeth Hufnagl, Leiterin des Stadtteilzentrums Triester. Denn zu ihrer Arbeit gehört es, Leute zu unterstützten, für die die (digitale) Welt ganz anders aussieht. Dies geschieht im offenen Betrieb des Zentrums an der Kreuzung von Triester Straße und Auf der Tändelwiese, der zweimal pro Woche stattfindet.
"Alleine haben die Leute große Probleme bei der Beantragung von Beihilfen", verrät Hufnagl. Selbst sie brauche mit entsprechender Erfahrung einiges an Zeit: "Aber nicht weil ich so langsam bin, sondern weil so viel zum Ausfüllen ist. Ich muss einmal erfassen, wie ist die Situation, dann schauen, welche Unterlagen fehlen und wie wir zu denen kommen." Für notwendige Beilagen gibt es die Möglichkeit, im Zentrum Dokumente kostenlos einzuscannen, zu drucken und zu kopieren.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
"Wir sind ziemlich gut ausgestattet mit Antragsformularen in Papier, weil sich die Menschen mit dem Computer sehr schwertun", so die Zentrumsleiterin. Derartige Hilfestellung gehöre nicht nur bei ihr, sondern auch in anderen Stadtteilzentren wie dem "Nanet Floßlend" zur Arbeit.
Insbesondere habe man das gemerkt, als es 2017 zu Umstellungen bei der SozialCard kam, sodass man den Heizkostenzuschuss extra online beantragen musste. Hierdurch seien viele Menschen durch den Rost gefallen, wie Hufnagl sagt: "Stadtrat Hohensinner hat damals gemeint, dass die Einsparungen zeigen, dass nicht alle Sozialunterstützungsempfänger das Geld brauchen. Das war zynisch und hat mich persönlich sehr gestört." Immerhin: Unter der neuen Rathauskoalition wurde die Regelung heuer wieder rückgängig gemacht.
Auch abseits der Ämter
Während der Zeit von Homeschooling und Lockdown sei der Drucker zudem heiß gelaufen, damit die Kinder aus der Gegend ihre Hausübungen machen konnten, denn: "Selbst wenn man sich damit auskennt, hat nicht jeder einen Laptop. Ein paar hundert Euro sind für viele Familien nicht zu stemmen und für Mindestpensionisten sowieso nicht."
Soziale Hürden verortet Elisabeth Hufnagl aber nicht nur beim Magistrat. So werde Kunden Online-Banking regelrecht aufs Auge gedrückt: "Um die älteren Menschen kümmert sich keiner mehr. Ansprechpartner wie früher sind verschwunden, deshalb gehe ich öfters mit zur Bank und helfe beim Überweisungsgerät."
Als weiteren Kritikpunkt nennt sie die Reduzierung von Briefkästen: "Es gibt Leute, die haben noch nie ein E-Mail geschrieben und werden das auch nie tun. Jetzt müssen sie zum Postamt im Citypark, was mit einem Rollator schon fast ein Tagesausflug ist." Trotz ständig wachsender Herausforderung lässt sich die Projektleiterin, die seit rund zwölf Jahren im Stadtteil tätig ist, aber nicht aus der Ruhe bringen: "Wer Hilfe braucht, dem greifen wir unter die Arme."
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