Nach den Reformen kommen die Zukunftsbilder

Nach dem Parteitag ist vor den Wahlen: Landeshauptmann Franz Voves im ganz persönlichen WOCHE-Interview.

Vorbei an einem Foto, das Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer bei einem gemeinsamen Auftritt zeigt, geht es ins Büro des Landeschefs. Der lehnt sich entspannt auf seiner Bürocouch zurück, denkt kurz nach und lächelt: "Wahnsinn, es ist schon wieder fast 13 Jahre her, seit ich in die Politik gekommen bin." Vom politisch unbeschriebenen Quereinsteiger hin zu einem der renommiertesten Landeshauptleute Österreichs, die erste Frage ist quasi aufgelegt:

Hätten Sie sich damals gedacht, dass jemals in Ihrem Vorzimmer das Foto eines ÖVP-Parteichefs hängen wird?
Das ist schon richtig, dass diese Zusammenarbeit möglich ist, ist schon etwas Historisches. Dafür muss halt auch die Chemie der beiden an der Spitze stimmen.

Wie geht's nach der Landtagswahl 2015 weiter?
Der Proporz ist ja dann Geschichte, wir werden erstmals eine Koalitionsregierung haben. Und wenn man sich darauf einlässt, ist für mich auch eines klar: Das braucht keine 200 Seiten starke Vereinbarung, wo da heruuminterpretiert werden kann.

Sondern?
Zwei Parteien, die gemeinsam und ganz klar ihre Ziele definieren. Und dann viereinhalb Jahre arbeiten. Danach ist Wahlkampf, aber ein anderer, als wir ihn gewohnt sind, einer der besseren Ideen. Wo ist der Sinn, wenn man sich gegenseitig beleidigt, wenn jeder nur überlegt, wie er noch gehässiger sein kann als sein Gegenüber …?

Zwei Parteien – das sind SPÖ und ÖVP, oder?
Ich würde es mir fürs Land wünschen, dass die beiden Großen weiterhin zusammenarbeiten. Wir müssen noch manches ins Ziel bringen und es gibt noch brennende Themen.

Zum Beispiel?
Gerade im Bereich von Landesrat Christopher Drexler – der einen ausgezeichneten Job macht –, bei den Spitälern und in der Pflege, braucht es noch strukturelle Veränderungen.

Klingt gefährlich ...
Nein! Niemand muss sich Sorgen um die Leistungen machen. Wir werden uns in Kombination von Fachärzten und Schwerpunkt-Krankenhäusern überlegen, wie wir den ländlichen Raum noch besser abdecken können als jetzt mit Kleinspitälern. Damit wollen wir höchste Qualität allen zugänglich machen.

Was steht in der nächsten Periode noch an?
All das, was wir jetzt in Gang gesetzt haben, müssen wir controllen und steuern. Jene Partner, die die Reformen gemacht haben, müssen auch schauen, dass diese greifen, dass sie budgetwirksam werden. Mir gefällt de Begriff, den Drexler dafür verwendet hat: Von der Reform- zur Zukunftspartnerschaft, das sollte das Motto der nächsten fünf Jahre sein.

Die Zukunft beginnt am 1. Jänner mit der Gemeindereform, einer neuen Landkarte. Bauchweh?
Das hätte ich vielleicht, wenn der Hermann Schützenhöfer und ich nicht hunderte Gespräche geführt hätten. Aber dadurch, dass wir so viel unterwegs waren, bin ich überzeugt: Es wird funktionieren.

Was waren die Knackpunkte?
Es war sehr oft ein ähnliches Bild: Überall hat man sehr schnell die Vorteile erkannt, die diese Fusionen mit sich bringen. Der Hemmschuh waren zumeist nur sehr verständliche menschliche Sorgen. Sobald das aber ausgeräumt ist, sobald klar ist: "Wir gehören jetzt zusammen", sprudeln die Ideen nur so, die Gemeinden haben großartige Pläne, wie sie sich in Bereichen der übergeordneten Infrastruktur neu organisieren können.

Weil ...?
Weil viele in den letzten Jahren damit beschäftigt waren, ihre Budgets irgendwie zu retten. Auch die 120 Millionen Euro an Bedarfszuweisungen waren nur da, um Löcher zu stopfen. Jetzt gibt es wieder Spielräume, die Gemeinderäte werden von Budgetrettern wieder zu Gestaltern. So wird Heimat erhalten, so werden auch die ländlichen Regionen attraktiviert. Wenn Kultur, Wohnen, Sport und Freizeit wieder aufleben, werden die Menschen wieder sagen: "Da will ich leben." Und nicht in eine Großstadt abwandern.

Stichwort Großstadt: Wie geht es Hinblick auf Fusionen mit Graz weiter?
Die Regionlakonferenz ist bereits am Arbeiten, ich gehe davon aus, dass es hier von Landesseite keinen Druck mehr braucht – die Ergebnisse sollten eigenverantwortlich und von selbst kommen. Das Miteinander von Graz und seinem Umland wird die große Aufgabe der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre sein.

Szenenwechsel: Sie haben am Parteitag höchste Zustimmung erfahren, aber ganz ehrlich: Wann ist die Entscheidung gefallen, dass Sie sich noch einmal an die Spitze der steirischen SPÖ stellen?
Das ist keine punktuelle Entscheidung, das war ein Prozess. Ich werde nächstes Jahr 63, ich kenne das Geschäft, ich weiß, was auf mich zukommt. Da stellt man sich ganz persönlich die Frage: Hab ich noch die Kraft und die Leidenschaft? Bin ich an der Spitze noch glaubwürdig, habe ich die Ausstrahlung noch, andere mitzureißen? Und das in einer immer schwieriger werdenden Zeit …

Ist das so?
Definitiv. Die Probleme von heute sind so herausfordernd wie sie es seit 1945 nicht mehr waren, das gemeinsame Europa droht uns verloren zu gehen, die digitale Revolution überrollt uns, dagegen war die industrielle Revolution eine Kleinigkeit. Und genau da habe ich mich gefragt: Glaubt mir die Social Media-Generation, dass ich mit meiner Vision einer Gesellschaft das Schiff noch in die richtige Richtung lenken kann?

Die Richtung wäre ...?
Studien sagen voraus, dass wir durch die digitale Revolution 140 bis 150 Millionen Arbeitsplätze weltweit verlieren werden. Das stellt unsere Wirtschaftsordnung auf den Kopf, das werden wir mit Konkurrenzdenken und Gewinnmaximierung nicht auf die Reihe bringen. Wir werden über Gemeinwohl-Ökonomie und Verteilungsgerechtigkeit nachdenken müssen.

Letzte Frage: Ihre Botschaft an die Steirer in der Vorweihnachtszeit?
Es ist die Zeit, die sich am besten eignet, um über wie wirklich wichtigen Dinge nachzudenken. Und Zeit zu haben, für seinen Partner, seine Familie, seine Freunde.

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