Ende der Quarantänepflicht
Wien dagegen, Graz ortet Behördenmüdigkeit
Die kolportierte Aufhebung der Quarantänepflicht für Corona-Erkrankte, sorgt in der Wiener Stadtregierung für Unmut. In Graz betont man, gegen Bundesgesetze ohnehin nichts tun zu können – der Sommer sei aber "nicht wie erhofft" verlaufen.
WIEN/GRAZ. Die Meldung, dass man im Gesundheitsministerium plane, die Quarantänepflicht für Covid-Infizierte österreichweit aufzuheben, schlug erwartungsgemäß hohe Wellen. Wenig erfreut davon zeigte sich Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), der im Ö1-Interview von einer "Laissez-faire-Politik" der Bundesregierung sprach und Widerstand ankündigte.
Auf Nachfrage im Büro des Grazer Gesundheitsstadtrats Robert Krotzer (KPÖ), wie man in der steirischen Landeshauptstadt darauf reagieren will, verweist man ob dessen Urlaubs auf die Leiterin des städtischen Gesundheitsamts Eva Winter. Diese versteht die Bedenken Hackers, "aber das ist ein bundesgesetzliches Thema – gegen die Vorgaben des Ministeriums kann keine Stadt etwas machen". Möglich wäre nur – wie in Wien – "ein engermaschiges Testangebot" zu etablieren. Dafür brauche es aber Mithilfe der steirischen Landesregierung – "sonst haben wir keinen Spielraum".
"Zwei Herzen in meiner Brust"
Was Winter persönlich von der Abschaffung der Quarantäne hält? "In meiner Brust schlagen zwei Herzen und zwar das der Administratorin und das der Medizinerin." Die geltenden Regelungen seien immer schwieriger durchzusetzen, daher findet sie es höchst an der Zeit, "diese wesentlich zu entflechten und zu entkrampfen". Als Ärztin sehe sie dennoch das Bedrohungspotenzial durch Covid-19 für Risikogruppen – "da möchte man natürlich jede Ausbreitung verhindern". Zu diesem Zweck sei Quarantäne eine Maßnahme, "die das bringen kann".
Problematisch sieht sie neben dem Verwaltungsaufwand allerdings auch "die Müdigkeit der Bevölkerung, sich mit den Behörden abzugeben". Sie gehe davon aus, dass sich viele Covid-positive Menschen keinen Bescheid mehr holen, "weil sie sich das Theater nicht mehr antun wollen". Bleiben die Erkrankten daheim und halten sie sich von ansteckbaren Personen fern, habe dies aber ohnehin den gleichen Effekt wie eine staatlich verordnete Quarantäne – weshalb sie für Rücksicht plädiert.
"Am falschen Fuß erwischt"
Als Vorkehrungen der Stadt Graz für den befürchteten Infektionsanstieg im Herbst nennt die Gesundheitsamtsleiterin das "Feilen an Prozessen und Optimieren der Arbeit". Zudem sorge man für die notwendigen Personalreserven, "die wir aber jetzt schon brauchen". Die Hoffnung, dass es in Sachen Pandemie-Management in der warmen Jahreszeit "lockerer" werde, habe sich durch die sommerliche Infektionswelle jedenfalls zerschlagen – "das hat auch viele andere Städte wie Salzburg, Linz und Klagenfurt am falschen Fuß erwischt".
Die größte Herausforderung beim Bereitstellen des notwendigen Personals seien die enormen Belastungsschwankungen. Denn zu viel Arbeit für zu wenige Menschen sei ebenso wenig anzustreben wie umgekehrt. Allerdings mache es einen großen Unterschied, ob es am Tag 1.000 oder 25 neue Fälle gibt – und das könne sich, so Winter, "erschütternd schnell ändern".
Ob es angesichts der aktuellen Debatte ihrer Meinung nach ein Problem sei, dass Gesundheitsstadtrat Krotzer noch die nächsten zehn Tage Ferien macht? "Nein – das ist überhaupt keine Frage. Jeder braucht Erholung und die sei ihm herzlich gegönnt", so Winter und fügt hinzu: "Corona begleitet uns seit zwei Jahren und das wird weiterhin so sein – damit müssen wir alle leben und wir dürfen auch in Urlaub gehen."
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