Familienflüsterer Dr. Streit
"Hilfe, mein Kind nimmt mich nicht ernst": Tipps vom Psychologen
Sie schimpfen und schimpfen … und Ihr Kind folgt nicht? Der Psychologe
Dr. Streit erklärt, wie Sie sich mehr Autorität verschaffen.
GRAZ. „Räum deine Sachen weg!“, „Mach deine Aufgabe!“ … du redest den ganzen Tag und dein Kind hört einfach nicht auf dich? So wie dir geht es vielen Eltern. Dein „Nein“ wird kaum gehört. Warum? Wir haben eine Kultur der „Nein-Bläschen“ installiert. Ein Beispiel: Dein Kind spielt um 20 Uhr Computer. Du sagst: „Schalte den Computer aus.“ Dein Kind: „Nein.“ Du: „Ausschalten!“ Dein Kind: „Nein.“ So beginnt eine Diskussion, du greifst zum Computer und schalten aus. Dein Kind schreit, du schreist zurück.
"Nein, nein, nein …"
Das, was Eltern so produzieren, sind „Nein-Bläschen“: Ihr Kind weiß, dass es bei den ersten fünf „Nein“, nicht reagieren muss. Dann folgt eine Auseinandersetzung. Hält es dich in einer Diskussion, geschieht nichts. Denn so lange du diskutierst, tust du nichts.
So wirst hilflos, vor allem, wenn du dich sich zu Eskalationen hinreißen lassen und dir ihre Reaktionen dann Leid tun. Stattdessen gilt es, einen „Nein-Anker“ zu setzen. Das ist ein Nein, das Gewicht hat.
Ruhig und konsequent sein
Dabei muss nicht sofort das passieren, was du willst- Ein Nein-Anker wirkt beharrlich und über die Zeit. Das Wichtigste: du sagst kontrolliert „Nein“ und widerstehst der Versuchung auszurasten. Das gibt deinem "Nein" Gewicht. Den Nein-Anker sollte man nur bei wichtigen Dingen, maximal einmal pro Woche nutzen.
Wie etablierst du nun einen Nein-Anker? Am Beispiel des Computers: Wenn dein Kind den Computer nicht abschaltet, kannst du erst am nächsten Tag in ruhigem Ton sagen: „Wir, dein Vater und ich, haben die Sache mit dem Computer besprochen und beschlossen, dass das nicht so weitergeht. Wir werden uns deinem Computerspielen widersetzen und uns geeignete Schritte ausdenken.“ Wenn dein Kind den Computer nicht zum Vereinbarten Zeitpunkt abschaltet, kannst du ihn für mehrere Tage sperren. Mache dies offen, sage: „Heute ist der Computer gesperrt.“ Du kannst auch das Modem entfernen und sagen: „Dein Vater hat es in die Arbeit mitgenommen.“
Das Kind einbinden
Das Kind wird möglicherweise rebellieren. Dann kannst du sagen: „Wir wissen, dass das eine Herausforderung ist. Du wirst Ideen haben, wie das zu lösen ist. Wir unterstützen dich gerne dabei.“ Das Kind merkt dann, dass du es ernst meint und auch, dass du dein Kind ernst nimmst. Wenn du den Nein-Anker sparsam, aber regelmäßig anwendest, bekommen auch Nein-Bläschen Gewicht.
Sieben Tipps: So verschaffst du dir Autorität
1. Lege für die Erziehung klare Rahmenbedingungen fest: Was passiert am Morgen, was am Abend? Vertrete das klar und souverän. Bleibe dabei.
2. Nicht jedes Nein muss sofort umgesetzt werden. Es ist gut, wenn es gelingt, wichtiger aber ist, dass dein Kind die Regeln kennt.
3. Wenn du Nein sagst, tu es ruhig und überlegt und nicht mit vielen Worten. Dein Kind soll merken, dass du es ernst meinst.
4. Organisiere dir Unterstützung. Ein gemeinsames Nein ist stärker als ein einsames Nein.
5. Wenn du Verbote aussprichst, dann ruhig und überlegt. Im Affekt können Machtkämpfe entstehen.
6. Setze bei Problemlösungen auf dein Kind. Signalisiere: „Komm mit deinen Ideen und wir finden eine Lösung.“ Vorschläge, die vom Kind kommen, können dauerhafter sein, als von Erwachsenen auferlegte Zwänge.
7. Behalte stets die Beziehung zu deinem Kind im Auge und vermittle: „Du bist mir wichtig.“
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Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das unter Tel. 0316 / 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.at
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