Schulpsychologe Josef Zollneritsch meint: "Summer Schools sind sinnvoll und wichtig!"

Gemeinsames Lernen mit Gleichaltrigen in Form von "Peer Learning" wird bereits an vielen Schulen erfolgreich praktiziert. | Foto: Yuri Arcurs/Fotolia
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  • Gemeinsames Lernen mit Gleichaltrigen in Form von "Peer Learning" wird bereits an vielen Schulen erfolgreich praktiziert.
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"Die Richtung stimmt zu hundert Prozent", ist die Reaktion von Josef Zollneritsch auf den Appell von AHS-Landesschulsprecher Felix Pressler, Summer Schools stärker zu fördern. In unserer letzten Ausgabe forderte Pressler dazu auf, auch andere Schulen mögen die letzten zwei Ferienwochen dazu nutzen, um den Vorjahresstoff zu wiederholen und so die Schüler fit für das kommende Schuljahr zu machen.

Lernpsychologisch sinnvoll

Diese Ansicht wird vom Abteilungsleiter der Schulpsychologie des Landesschulrates Steiermark, Josef Zollneritsch, geteilt. "Eine Wiederholung und Vertiefung des Lehrstoffes sowie die Aufarbeitung von Lücken in den letzten Ferienwochen ist aus lernpsychologischer Sicht enorm sinnvoll", erklärt Zollneritsch. In diesem Zusammenhang wiederholt der Experte seine in der WOCHE bereits geäußerte Forderung nach Kürzung der Sommerferien. "Die Ferienordnung sollte man maßvoll überdenken und die Ferien um eine oder zwei Wochen verkürzen", so der Psychologe, der sich zugleich für eine Ferienwoche im Herbst ausspricht. Eine Pause von neun Wochen sei aus lernpsychologischer Sicht zu lange.

Motivation entscheidend

Da die Nachhilfe für viele Eltern ein Thema ist und laut Zollneritsch viele inhaltlich und finanziell überfordert, sieht er in Summer Schools eine ideale Möglichkeit, Schülern unter die Arme zu greifen. "Das Wichtigste ist, dass die Verständnislücken geschlossen werden können, denn das ist auch ein Grund für die mangelnde Motivation", erklärt Zollneritsch und empfiehlt Summer Schools schon ab der Sekundarstufe. Das Bundesrealgymnasium Rein und das WIKU nennt er als Positivbeispiele und führt aus, dass alles realisierbar sei, wenn es einen Willen sowie eine impulsgebende und gute Leitung gibt. "Es ist alles eine Frage der Motivation und Vorbildwirkung und man sieht, was mit motivierten Lehrern und Schülern möglich ist", freut sich Zollneritsch, dass dies auch ohne Zwang umgesetzt wird.

Sozialer Zusammenhalt

"Das Peer-Learning mit Mitschülern ist doppelt wertvoll. Neben dem schulischen Aspekt wird auch der soziale Zusammenhalt gefördert, der gruppendynamisch wichtig ist", meint der Schulpsychologe, dass so der Lernerfolg aller Schüler zum Thema der ganzen Schule wird. Dabei können auch Schüler mit einer anderen Muttersprache als Deutsch bei ihrer Integration unterstützt werden. "Und auch für gute und hochbegabte Schüler sind Peer-Modelle gut, da sie neben dem Unterstützungsaspekt selbst auch ihr Wissen festigen können und zu noch höheren Leistungen animiert werden", so Zollneritsch abschließend.

Mit "Peer Learning" zum Erfolg: Modelle und Vorteile

Fachlich wie überfachlich: "Peer"-Systeme können im schulischen Bereich, aber auch darüber hinaus eingesetzt werden. Im März dieses Jahres hielt Florian Wallner vom ÖZEPS (Österreichisches Zentrum für Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen) eine Keynote zum Thema "Peer Learning". Dabei sprach er von zahlreichen Vorteilen, die sich durch das gemeinsame Lernen und Austauschen mit Gleichaltrigen ergeben würden: "Das ist eine der effizientesten Lernstrategien, bei der fachliche wie überfachliche Kompetenzen entwickelt werden und die Persönlichkeitsentwicklung gestärkt werden kann."

Verschiedene Einsatzgebiete
Neben dem fachlichen "Peer"-Tutoring-Programm, also dem gemeinsamen Erlernen des Lehrstoffes, kann dieses Konzept in vielen verschiedenen Modellen ausgelebt werden. Wallner nennt dabei Peers für kulturelle und interkulturelle Bereiche sowie Bewegungspeers, wo gemeinsame Aktivierungsübungen durchgeführt werden, als Beispiele.
Eine weitere Säule sind die Buddie-Modelle: Diese reichen von Buddies für die Schuleingangsphase über Bus-Buddies, die in der Gewaltprävention bereits erfolgreich sind, bis hin zu Lese-Buddies für Volksschulkinder.
Außerdem wird auch die "Peer-Mediation" zur Beseitigung von Konflikten regelmäßig eingesetzt.
"Die Modelle basieren auf Kooperation und führen zu großer Wertschätzung sowie zur Stärkung persönlicher und sozialer Kompetenzen", führt Wallner aus, dass die "Peers" durch institutionelle Unterstützung und Begleitung durch Pädagogen gut, kosteneffizient und erfolgsbringend eingesetzt werden können. 

WOCHE-WISSEN

Die Sommerferien variieren im Vergleich stark. Während Schüler in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und England 7 Wochen oder weniger frei haben, hat Österreich eine ähnliche Regelung wie Frankreich, Belgien, Norwegen oder Tschechien. Schweden, Finnland, Polen oder Kroatien haben 10 bis 11 Wochen Sommerpause, während es in Italien, Spanien, Portugal und der Türkei 12 bis 13 Wochen sind.

Gemeinsames Lernen mit Gleichaltrigen in Form von "Peer Learning" wird bereits an vielen Schulen erfolgreich praktiziert. | Foto: Yuri Arcurs/Fotolia
Josef Zollneritsch begüßt die Idee von Summer Schools. | Foto: KK
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