Gutachten-Streit
Willi spricht von „nicht brauchbaren" Mayer-Gutachten, Opposition bringt Klarstellung und spricht von Falschaussage

Bürgermeister Georg Willi und das Rechtsgutachten von Prof. Mayer sorgen erneut für viel Wirbel. | Foto: zeitungsfoto.at
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INNSBRUCK. In der Gemeinderatssitzung vom Dezember wurde Uschi Schwarzl als Vizebürgermeisterin abgewählt. Viel diskutiert wurde damals auch ein Rechtsgutachten von Prof. Heinz Mayer. Jetzt sorgen die unterschiedlichen Interpretationen und Aussagen rund um die Ausführungen des Professors neuerlich für viel Wirbel. Bürgermeister Georg Willi spricht von einem unbrauchbaren Gutachten, die Opposition mit Tom Mayer, Gerald Depaoli und Markus Lassenberger kontert mit einem Klarstellungs-Mail von Prof. Mayer.

Obsolet

Wie bekannt, haben die Fraktionen FPÖ, Liste Fritz und Gerechtes Innsbruck bei Prof. DDr. Heinz Mayer ein Gutachten zur temporären Begegnungszone in Auftrag gegeben. Der Inhalt wurde Anfang Dezember öffentlich verkündet. Das Gutachten beginnt so: „Mir wurde folgender Sachverhalt mitgeteilt: Im September 2020 hat die Innsbrucker Stadträtin Mag. Ursula Schwarzl Teile der Innsbrucker Innenstadt durch Verordnung zeitweilig zu einer Begegnungszone gem § 76c StVO erklärt. Ihre Zuständigkeit stützte die Stadträtin auf eine „Delegationsverfügung“ des Gemeinderates gem § 18 Abs 2 Innsbrucker Stadtrecht vom März 2012.“ „Ich habe Prof. Mayer darüber informiert, dass die betroffene Verordnung nicht von Uschi Schwarzl, sondern – wie es das Stadtrecht vorsieht – in meinem Namen mit der Fertigungsklausel ‚Für den Bürgermeister‘ verordnet wurde,“ berichtet BM Georg Willi und erklärt weiter: „Darauf hat er mitgeteilt, dass ich folgende Aussage öffentlich machen kann: ‚Wenn ein Gutachten auf falschen Grundlagen beruhen sollte – in diesem Fall, dass Uschi Schwarzl die Verordnungen selbst erlassen hätte – ist das Gutachten nicht brauchbar.‘“ Prof. Mayr bestätigt also mittlerweile selbst, dass sein Gutachten von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist und damit obsolet ist.

Entschuldigung

„Der ganze Wirbel, den die drei Oppositionsfraktionen mit dem Gutachten aufgeführt haben, ist also ein Schuss ins Leere – das Gutachten ist schlicht nicht brauchbar. Ich erwarte mir von den drei Fraktionen eine Entschuldigung bei StRin Uschi Schwarzl – die gesamte Argumentation für ihre Abwahl baute auf diesem – wie nun vom Verfasser selbst bestätigt – unbrauchbaren Gutachten auf,“ betont Bürgermeister Willi.

Taschenspielertricks

In einem Mail an die Innsbrucker Gemeinderäte widerlegen die Tom Mayer (Liste Fritz), Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck), Markus Lassenberger (FPÖ Innsbruck) diese Darstellung und sprechen von "Taschenspielertricks". (Anmerk. der Red.: Das Mail an die Gemeinderäte finden Sie am Ende des Beitrages.) Weiters halten die Oppositionspolitiker fest: "Diese unglaubliche Falschaussage und abschließende Verkürzung von Bürgermeister Willi veranlasste sogar den Gutachter Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer zu einer Klarstellung." und führen weiter aus: "Egal, ob Frau Schwarzl oder Herr Willi unterschrieben haben, weder die Stadträtin noch der Bürgermeister waren berechtigt, die zeitweilige Verordnung einer „Begegnungszone Innenstadt“ zu erlassen. Dazu wäre ausschließlich der Gemeinderat befugt gewesen. Da dieser jedoch ausgeschalten bzw. nicht befasst wurde, ist die gegenständliche Verordnung jedenfalls rechts- und verfassungswidrig zustande gekommen."   

Klarstellung von Prof. Mayer

In seinem Mail stellt Heinz Mayer am 12.1. klar: "Sie haben mir erzählt, dass eine Äußerung von mir offenbar zu Unklarheiten geführt hat. Daher in aller Kürze: Als mich vor einiger Zeit ein Journalist fragte, welche Konsequenzen es hätte, wenn nicht die Stadträtin, sondern der Bürgermeister, die gegenständliche Verordnung erlassen hätte, habe ich sinngemäß geantwortet, dass ein Gutachten, das sich auf einen nicht vorhandenen Sachverhalt bezieht nicht brauchbar ist. Dies gilt freilich nur insoweit, als sich die Aussage eines Gutachtens auf einen bestimmten - nicht existenten - Sachverhalt bezieht. Sollte es also tatsächlich so sein, dass die gegenständliche Verordnung nicht von der Stadträtin erlassen wurde - was ich nicht überprüfen kann - hätte sie also auch nicht rechtswidrig gehandelt. Ich habe in meinem Gutachten bei der Darlegung der Rechtslage aber auch darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Verordnung ausschließlich vom Gemeinderat zu erlassen gewesen wäre. Weder der Bürgermeister noch ein Stadtrat sind nach dem Innsbrucker Stadtrecht bzw. der Delegationsverordnung aus dem Jahre 2012 zuständig. Diese Aussage ist natürlich als allgemeine rechtliche Überlegung vom konkreten Sachverhalt unabhängig und weiterhin gültig. Ich hoffe, Ihnen gedient zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen, Heinz Mayer"

Umdeutung

GR Bejamin Plach (SPÖ) schreibt in einer Aussendung: „Die Umdeutung eines Gutachtens ändert nichts an einer unzulässiger Verordnung“ und meint weiter: Der Innsbrucker Bürgermeister verkündete, dass der angesehene Jurist Prof. Mayer ihm gegenüber sein Gutachten – besser gesagt: dessen reale Grundlagen – revidiert hätte, weil man ihm den Sachverhalt falsch geschildert habe. „Das entspricht aber so nicht der Wahrheit, die zentralen Aussagen des Gutachtens bleiben aufrecht“, hält SPÖ-Vorsitzender Benjamin Plach, der zugleich Vorsitzender des gemeinderätlichen Rechtsausschusses ist, fest. Aus einer persönlichen Korrespondenz mit Prof. Mayer weiß er es besser, „die Verordnung, die zur Abwahl der seinerzeitigen Vizebürgermeistern Ursula Schwarzl geführt hat, hätte vom Gemeinderat erlassen werden müssen: und zwar ausschließlich vom Gemeinderat!“ Des Weiteren führt Plach aus: „Somit bestätigt sich erneut die rechtlich falsche Vorgehensweise, die von unserer Seite bereits bei der Erlassung der Verordnung gegenüber der damaligen Vizebürgermeisterin angemerkt wurde.“ Ebenso verweist Plach nochmals darauf, dass bei der seinerzeitigen Verordnung, die ja den Ausschlag für die Abwahl gegeben hat, „die ihr zugrundeliegende Delegationsverordnung weder den Bürgermeister noch die Vizebürgermeisterin zur Erlassung dieser Verordnung ermächtigt hat.“ Plach meint abschließend: „Aus diesem Grund stellt sich die SPÖ-Innsbruck entschieden gegen die irreführenden Ausführungen des Bürgermeisters, die lediglich viel Lärm um nichts zur Folge haben, in ihrem Wesenskern jedoch einen substanziellen Mangel aufweisen“, fasst Plach zusammen. „Anstatt zu versuchen das Gutachten von Prof. Mayer umzudeuten, hätte Bgm. Willi die Zeit für klärende Gespräche in der Koalition nutzen sollen."

Mail an die Gemeinderäte

Sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der Landeshauptstadt Innsbruck,
Liebe Kollegin, Lieber Kollege,

Die zeitweilige „Begegnungszone Innenstadt“ stand von Mitte September 2020 über drei Wochen in Geltung. Von wem diese Verordnung erlassen bzw. unterschrieben wurde, ist nach wie vor unklar. Dem Gemeinderat bzw. der Öffentlichkeit liegen inzwischen drei Versionen vor, die von Seiten der Grünen, hier vor allem von der abgewählten Bürgermeister-Stellvertreterin Mag. Ursula Schwarzl, dem Bürgermeister Georg Willi und Klubobfrau Dr. Renate Krammer-Stark, verbreitet wurden:

  1. Unterschrieben von Bürgermeister-Stellvertreterin Mag. Ursula Schwarzl (Version bis Dezember 2020)
  2. Unterschrieben von Bürgermeister Georg Willi (Version im Dezember 2020)
  3. Unterschrieben von einer Mitarbeiterin von Bürgermeister Georg Willi „Für den Bürgermeister“ (Version im Dezember 2020 und Januar 2021)

Wie ihr alle wisst, liegen uns als Gemeinderäten solche Verordnungen nicht vor. Und leider war es den beteiligten grünen Regierungspolitikern seit September 2020, also seit bald fünf Monaten (!), nicht möglich – trotz mehrmaliger Nachfrage – die unterschriebene Verordnung einfach an uns zu übermitteln bzw. zu veröffentlichen. Dann kann jeder sehen, wer nun diese Verordnung unterschrieben hat. Offensichtlich ist das von Seite der Grünen nicht gewollt.

Bürgermeister Georg Willi bedient sich stattdessen politischer Taschenspielertricks, wie sein Schreiben von vor ein paar Tagen an die Mitglieder der Stadtkoalition beweist.
Er schreibt darin:

"Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition,
bekanntlich hat der Verfassungsrechtler Prof. DDR. Heinz Mayer für die Fraktionen
- Innsbrucker Gemeinderatspartei Bürgerforum Tirol – Liste Fritz
- Innsbrucker Gemeinderatspartei Gerechtes Innsbruck
- Innsbrucker Gemeinderatspartei FPÖ – Rudi Federspiel
ein Rechtsgutachten über „Die Zuständigkeit zur Errichtung einer Begegnungszone (§ 76c StVO) nach dem Innsbrucker Stadtrecht“ erstellt.
Das Gutachten beginnt folgendermaßen:
I. Sachverhalt
Mir wurde folgender Sachverhalt mitgeteilt: Im September 2020 hat die Innsbrucker Stadträtin Mag. Ursula Schwarzl Teile der Innsbrucker Innenstadt durch Verordnung zeitweilig zu einer Begegnungszone gem. § 76c StVO erklärt. Ihre Zuständigkeit stützte die Stadträtin auf eine „Delegationsverfügung“ des Gemeinderates gem. § 18 Abs 2 Innsbrucker Stadtrecht vom März 2012.
Ich habe Prof. Mayer kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass die gegenständliche Verordnung nicht von der Vizebürgermeisterin und Stadträtin Frau Mag. Schwarzl, sondern – wie es das Stadtrecht vorsieht – vom Bürgermeister erlassen worden. Die Fertigungsklausel lautet:
„Für den Bürgermeister
Mag. Doris Stefanon“
Er hat mir daraufhin gestattet, dass ich - auch in der Öffentlichkeit - folgendes sagen darf: „Wenn ein Gutachten auf falschen Grundlagen beruhen sollte (= Uschi Schwarzl habe verordnet), ist das Gutachten nicht brauchbar.“
Damit ist für mich die Grundlage für die Abwahl von Uschi Schwarzl endgültig weggebrochen. Ich ersuche um Kenntnisnahme und erwarte mir, dass das auf die Gespräche in den kommenden Tagen entsprechende Auswirkungen hat.
Mit freundlichen Grüßen
Georg"

Der Bürgermeister behauptet also allen Ernstes, dass die „gegenständliche Verordnung […] – wie es das Stadtrecht vorsieht – vom Bürgermeister erlassen worden [sei]“.
Das Stadtrecht sieht dies aber in keinster Weise vor. Schon gar nicht die Delegationsverordnung aus dem Jahre 2012.

Diese unglaubliche Falschaussage und abschließende Verkürzung von Bürgermeister Willi veranlasste sogar den Gutachter Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer (das gesamte Gutachten liegt Ihnen vor.) zu folgender Klarstellung:

„Als mich vor einiger Zeit ein Journalist fragte, welche Konsequenzen es hätte, wenn nicht die Stadträtin, sondern der Bürgermeister, die gegenständliche Verordnung erlassen hätte, habe ich sinngemäß geantwortet, dass ein Gutachten, das sich auf einen nicht vorhandenen Sachverhalt bezieht nicht brauchbar ist. Dies gilt freilich nur insoweit, als sich die Aussage eines Gutachtens auf einen bestimmten - nicht existenten - Sachverhalt bezieht. Sollte es also tatsächlich so sein, dass die gegenständliche Verordnung nicht von der Stadträtin erlassen wurde - was ich nicht überprüfen kann - hätte sie also auch nicht rechtswidrig gehandelt.
Ich habe in meinem Gutachten bei der Darlegung der Rechtslage aber auch darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Verordnung ausschließlich vom Gemeinderat zu erlassen gewesen wäre. Weder der Bürgermeister noch ein Stadtrat sind nach dem Innsbrucker Stadtrecht bzw. der Delegationsverordnung aus dem Jahre 2012 zuständig. Diese Aussage ist natürlich als allgemeine rechtliche Überlegung vom konkreten Sachverhalt unabhängig und weiterhin gültig.“

Im Klartext heißt das:
Egal, ob Frau Schwarzl oder Herr Willi unterschrieben haben, weder die Stadträtin noch der Bürgermeister waren berechtigt, die zeitweilige Verordnung einer „Begegnungszone Innenstadt“ zu erlassen. Dazu wäre ausschließlich der Gemeinderat befugt gewesen. Da dieser jedoch ausgeschalten bzw. nicht befasst wurde, ist die gegenständliche Verordnung jedenfalls rechts- und verfassungswidrig zustande gekommen.

Nehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Bürgermeister!

Die grünen Nebelgranaten sind ein reines Ablenkungsmanöver. Es geht um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Es ist erschreckend und abschreckend, dass der grüne Bürgermeister und die grünen Regierungspolitiker ihren Fehler nicht einsehen wollen, die rechtlichen Darlegungen ins Gegenteil verkehren und die Fakten stur abstreiten.

Im Dezember 2020 hat eine große Mehrheit von 27 Gemeinderäten (FPÖ, FI, ÖVP, SPÖ, FRITZ, GERECHT, TSB) die grüne Vizebürgermeisterin auf Grund von Fehlleistungen abgewählt. Sie hat folglich auch ihr Verkehrsressort verloren. Anstatt diese demokratische Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und sich endlich um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in Innsbruck zu kümmern, werden sogar Tatsachen verdreht. Einsicht ist ein erster und guter Weg zur Besserung: Die rechtswidrige Verordnung war ein Fehler. Daraus kann man auch lernen, es das nächste Mal besser zu machen. Wie es grundsätzlich transparenten Handelns bedarf, bedarf es auch transparenten Regierens. Die Macht ist nur „geliehen“.

Es steht für die Bürgerinnen und Bürger dieser liebens- und lebenswerten Stadt Innsbruck zu viel am Spiel. Wir haben unglaubliche Herausforderungen, wie die Coronakrise, die Wirtschaftskrise, die drohende Sozialkrise, die Erhaltung von Arbeitsplätzen, die Bewahrung unserer Umwelt, ein vernünftiges Budget, endlich leistbares Wohnen etc. anzugehen. Dafür braucht es uns alle, jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns.

Vielen herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit.
Mit kollegialen Grüßen
Tom Mayer, Gerald Depaoli, Markus Lassenberger

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