Sozialpartnerschaft auf dem Prüfstand
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl weist Kritik an Sozialpartnern vehement zurück.
ÖSTERREICH. Für Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), ist das Motiv für die Kritik an der Pflichtmitgliedschaft klar: "Im Wahlkampf will man politisches Kleingeld schlagen", sagt er zu meinbezirk.at. Doch er sei bereit, die Sozialpartnerschaft auf den Prüfstand zu stellen, denn er sei überzeugt, dass die Errungenschaften überwiegen. "Das Wichtigste, was sie sichert, ist sozialer Frieden. Österreich ist ein streikfreies Land", so Leitl.
Solidargemeinschaft als Voraussetzung
Die Beziehungen zwischen den vier Sozialpartnern seien gut und man habe viele Treffer gelandet, die das Land weitergebracht haben. Er räumt ein, wie im Falle der Arbeitszeitregelung, nicht immer Erfolge erzielt zu haben. Doch die Pflichtmitgliedschaft schaffe eine Solidargemeinschaft und nur mit dieser sei es der WKÖ möglich, 300.000 Menschen bei Aus- und Weiterbildung und 30.000 Firmengründer jedes Jahr zu begleiten sowie 3.000 Firmen neu in den Export zu bringen.
Kammerreform bringt Beitragssenkung
Leitl rechnet vor, dass zwischen 2000 und 2015 die Steuern und Abgaben bei einer Inflationsrate von 38 Prozent pro Kopf um 52 Prozent gestiegen seien. Die WKÖ-Beiträge seien hingegen im gleichen Zeitraum infolge einer umfangreichen Kammerreform um 18 Prozent gesunken. 2019 werden die Mitglieder mit der nächsten Etappe der Kammerreform erneut mit einer Beitragssenkung von 100 Millionen entlastet. Erreicht werden die Senkungen durch digitale Technologien und mehr Kooperation zwischen den Kammern. Würde die Regierung diesem Beispiel folgen, seien auch die von ÖVP-Chef Sebastian Kurz angepeilten Einsparungen von zehn bis zwölf Milliarden Euro in fünf Jahren möglich, ist Leitl überzeugt.
Für EU-Kommissarin Thyssen ein Vorbild
Seit der Nachkriegszeit gilt die Sozialpartnerschaft als Garant für den sozialen Frieden in Österreich und ist in dieser Form einzigartig. Die Interessen der Arbeitnehmer werden durch die Arbeiterkammer und den Österreichischen Gewerkschaftsbund vertreten, die der Arbeitgeber und Landwirte durch die WKÖ und die Landwirtschaftskammer. Für EU-Kommissarin Marianne Thyssen ist die Institution ein Vorbild für Europa. Kritiker sehen in der Pflichtmitgliedschaft in Wirtschafts- und Arbeiterkammer jedoch einen Zwang.
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