Die Symptomgesellschaft - Von einer Krise, über die niemand spricht
Das Jammern gehört zu uns Österreichern wie die knapp 900 verschiedenen Titel, die man hier lt. Heinz Kasparovsky verliehen bekommen kann, wie auch das Wienerschnitzel und das gepflegte Seidl Bier dazu. Doch was ist wirklich dran am Volkssport "Permanent-Raunzing" der Menschen im Bezirk und in der übrigen Republik? Ist es ein natürlicher Zustand, der zum Leben dazugehört und mit dem man sich arrangieren muß oder gibt es eine einfache Abhilfe für die vermeintlich schlechte Laune? Wir gingen der Sache einmal unbefangen aus einem völligen anderen Blickwinkel nach. Teil 1
Die Autobranche hat es nicht leicht dieser Tage. So auch das bekannte Autohaus Bernd Marko in Leibnitz, das sich seit Jahrzehnten auf den Verkauf und Service von Peugeotwagen spezialisiert hat. Der Binnenmarkt ist mehr als nur gesättigt. Wir trafen den Geschäftsführer im Sommer diesen Jahres mit einem dezenten Lächeln im Gesicht hinter seiner eigens für Kunden eingerichteten kleinen Theke an. Im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, daß der Markt fast tot sei, es tue sich nichts, alles steht praktisch.
Die Kunden von Bernd schätzen die bodenständige, lockere Art des aufgeschlossenen Leibnitzers, an fehlender Kundentreue läge es also nicht, meint der Gewerbetreibende. "Es ändern sich die Umstände in dieser Branche überraschend schnell. Im Sommer fuhren die Kunden auf Angebote ab, jetzt haben wir eine Welle, wo Gebrauchte beliebt sind", meinte Bernd Marko, der gerade mit der Inventur seines Autohauses beschäftigt ist. Auf die Frage, ob dies Zufall sei oder eine Auswirkung geschickter Marketingstrategien der Werbeleute, gibt er sich erstaunt und ratlos: "Ich weiß nicht, wie die Verantwortlichen das hinbekommen, daß ihnen die Ideen nicht ausgehen. Die Marketingforscher tun ohnehin wirklich schon alles, was sie können, um den Markt am Leben zu halten".
Alles? - Der Versuch eines alternativen Lösungsansatzes
Was tut eigentlich so ein Marketingforscher den ganzen Tag? Sein täglich Brot ist es, die Leute zum Kauf zu bewegen. Wie bringt er die Menschen dazu? Indem er im potentiellen Kunden Verlangen weckt. Wie stellt er das an? Durch geschickt gestaltete und platzierte, psychologische Werbung, die im Kunden ein
Bild in den Kopf setzt das ihm sagt, daß er das Produkt unbedingt haben will um sich vollständig, glücklich zu fühlen. So läuft im Wesentlichen der ganze Vorgang von Verlangen und dessen Befriedigung seit Jahrhunderten stark vereinfacht dargestellt ab. Nicht nur in der Autobranche. Doch warum zögern die Kunden dennoch zu kaufen, abgesehen davon, daß heutzutage kaum noch ein Haushalt ohne Auto, kaum eine Österreicherin ohne Handy, kaum ein Österreicher ohne Internetanschluß lebt - sprich: der Markt gesättigt ist?
Vielleicht liegt es daran, daß dieses Bild schon überreizt ist. Die Menschen sind der vielen Dinge überdrüssig, die ihnen angepriesen werden. Sie wollen Tiefe, Bedeutung in Zeiten der Massenabfertigung. Dies wird umso deutlicher, je mehr Institutionen wie Kirchen und Glaubensgemeinschaften an Einfluß und Autorität verlieren, die dieses Bedürfnis nach Nähe zu Gott Jahrhunderte zuvor zum Métier hatten. Bis die Meinungsforscher jedoch diesen Problemansatz in ihren Fokus gerückt haben, wird es wohl noch eine Weile dauern. Mehr dazu im zweiten Teil dieser Berichterstattung.
Abwarten und Tee trinken? Was inzwischen die Geschäftsleute tun
Bernd Marko wäre aber nicht Bernd Marko, wenn er sich nicht auch etwas in Eigenregie einfallen hätte lassen. Als alter Bastler und Kind der blumigen 60er und 70er Jahre hat er in leidenschaftlicher Handarbeit und Liebe zum Detail einen Wurlitzer im Betty-Boop Retro-Stil angefertigt. Natürlich verraten wir hier nicht, daß er dem Wurlitzer eine Bluetooth-Anlage miteingebaut hat, sonst geht der nostaligsche Flair dem Betrachter verloren. "Man muß den Kunden einfach etwas Besonderes bieten, wenn sie dein Geschäft betreten", weiß er sein Unikat zu würdigen. Es bedarf neuer Impulse, daher unterstützte er auch gerne die Dreharbeiten zum Remake des Musikvideos "Nikita" vom Leibnitzer Drehteam der Gonisch Filme. Ein Zufall, der dem Umstand geschuldet ist, da er im Gegensatz zu seiner besseren Hälfte, seinem Bruder und Autohändler Mazda Marko, seine Zelte gegenüber der alten Hermannkaserne aufgeschlagen hat. Eine völlig ungewöhnliche Idee von Bernd ist die Erschließung neuer Kunden, die er mit herkömmlichen Werbemethoden nicht erreichen kann. Deshalb veranstaltet er auch hin und wieder einen Literaturabend mit regionalen Schriftstellern direkt in den Hallen seiner Verkaufsflächen am Kapellenweg, damit auch Menschen in ungezwungener Atmosphäre seine Räumlichkeiten betreten, die grundsätzlich kein Interesse an einem Gebrauchten oder Neuwagen haben.
Dort muß man nicht unbedingt warten, während man seinen Kaffee oder Tee von Bernd oder seiner attraktiven Gattin in gewohnter, gut gelaunter Manier serviert bekommt, sondern kann sich das reichhaltige Angebot seines Fuhrparks inzwischen näher zu Gemüte führen.
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