In Verbindung mit NS-Verbrechen
Gesetz für Aberkennung von Ehrenzeichen

Die Vita der Personen, die Ehrenzeichen oder Ehrenringe des Landes Steiermark erhalten haben, aber in Zusammenhang mit den Gräueltaten des NS-Regimes stehen, wird untersucht. | Foto: Land Steiermark
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  • Die Vita der Personen, die Ehrenzeichen oder Ehrenringe des Landes Steiermark erhalten haben, aber in Zusammenhang mit den Gräueltaten des NS-Regimes stehen, wird untersucht.
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Das Tauziehen um die Möglichkeit, posthum Ehrenzeichen im Kontext nationalsozialistischer Verbrechen abzuerkennen, geht weiter – beziehungsweise gibt es nun eine Neuregelung. Nach dieser wird auf Initiative von Landeshauptmann Christopher Drexler eine Gesetzesnovelle über Ehrenzeichen sowie den Ehrenring des Landes Steiermark erarbeitet und dazu ein Begutachtungsverfahren eingeleitet.

STEIERMARK. 25 Jahre lang war Franz Fekete Bürgermeister der Stadtgemeinde Kapfenberg. Bei den Bürgerinnen und Bürgern beliebt, erhielt er unter anderem das "Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark" und das "Goldene Verdienstkreuz der Republik Österreich". Doch seine Person ist nicht umumstritten: Man weiß, dass er mit dem Anschluss Österreichs der Schutzstaffel beitrat; er gehörte der 3. SS-Totenkopfstandarte "Thüringen" am Standort Weimar-Buchenwald an, war in Warschau stationiert und wurde SS-Hauptscharführer. Und trotzdem wurde nach ihm das hiesige Stadion benannt. 

Das Kapfenberger Stadion, das Franz-Fekete-Stadion, wird umbenannt. | Foto: Paller
  • Das Kapfenberger Stadion, das Franz-Fekete-Stadion, wird umbenannt.
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Das ändert sich nun, denn eine im Vorjahr beauftragten Kommission bestehend aus Historikerinnen und Historikern hat sich seiner Vergangenheit angenommen – mit dem Ergebnis, dass das Stadion nun unbenannt wird. "Wir sind uns der Verantwortung und Sensibilität dieses Themas als Stadt bewusst. Deswegen war uns die wissenschaftliche Aufarbeitung durch Experten ein großes Anliegen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind Grundlage für die nächsten Schritte", sagt dazu der Kapfenbergs Bürgermeister Fritz Kratzer (alle Hintergrundinfos dazu: "Das Stadion in Kapfenberg wird umbenannt"). 

Klare Kriterien

So wie der Umgang der Stadtgemeinde mit den einstigen SPÖ-Bürgermeister nun erfolgte, wird es in naher Zukunft wohl auch andere betreffen. Das Land Steiermark legt nämlich eine neue Gesetzesnovelle vor. Damit will man ein Mittel zur Distanzierung von bestimmten Personen oder deren Verhalten in Bezug auf den Nationalsozialismus haben, die Ehrenzeichen oder Ehrenringe erhalten haben – und sich am nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt haben. "Es ist ein wichtiger Schritt, klare Regeln zu schaffen, Ehrenzeichen des Landes nicht nur widerrufen, sondern auch posthum aberkennen zu können. Insbesondere, wenn es um nationalsozialistische Verbrechen geht. Wer sich schuldig gemacht hat, darf kein Ehrenzeichen des Landes tragen", sagt Drexler.

Die Kommission gibt klare Kriterien vor – die wenigsten wissen um die Verbindung ihrer Heimatgemeinde und Personen mit dem Dritten Reich Bescheid. | Foto: Stadtarchiv Amstetten
  • Die Kommission gibt klare Kriterien vor – die wenigsten wissen um die Verbindung ihrer Heimatgemeinde und Personen mit dem Dritten Reich Bescheid.
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Konkret geht es im Gesetzesentwurf, dass ein Ehrenzeichen von der Landesregierung aberkannt werden kann, wenn die vom Land ausgezeichnete Person:

  • eine führende Rolle in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP),
  • der Schutzstaffel (SS),
  • der Sturmabteilung (SA),
  • dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK),
  • dem Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NSFK),
  • dem Nationalsozialistischen Soldatenring,
  • dem Nationalsozialistischen Offiziersbund,
  • der deutschen Wehrmacht,
  • in sonstigen Gliederungen der NSDAP,
  • ihr angeschlossenen Verbänden, anderen nationalsozialistischen Organisationen oder in der Verwaltung des nationalsozialistischen Regimes innehatte und
  • sich aktiv an den Planungen oder der Ausführung von nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligte.

Experten sind nun am Zug

Um sozusagen herauszufinden, welche Personen unter diese Kriterien "fallen", werden Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Zeitgeschichte und der entsprechenden Fachrichtungen hinzugezogen. "Das Ehrenzeichen des Landes Steiermark ist eine Auszeichnung für große Verdienste um unser Bundesland. Daher darf niemand dieses Zeichen tragen, der sich beispielsweise nationalsozialistischen Verbrechen schuldig gemacht hat", sagt Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang

Den Ehrenzeichenträger des Landes, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, soll zukünftig diese Würde aberkannt werden. Hier auf dem Foto: Hans Kloepfer. | Foto: Privat
  • Den Ehrenzeichenträger des Landes, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen, soll zukünftig diese Würde aberkannt werden. Hier auf dem Foto: Hans Kloepfer.
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Wird die Ehrung aberkannt, ergeht die Aufforderung seitens der Landesregierung, die Dekoration und die dazugehörige Urkunde innerhalb einer Frist zurückzustellen. Bei bereits Verstorbenen hat die Landesregierung die Aberkennungsvoraussetzung festzustellen und dies auf der Homepage des Amtes der Landesregierung zu veröffentlichen. Neu in das Gesetz aufgenommen wurden auch Strafbestimmungen für das unbefugte Tragen sowie die Nicht-Rückstellung von Ehrenzeichen.

Weitere Namen genannt

Der Schlussbericht der Kommission (in Kapfenberg) gibt nicht nur Aufschlüsse darüber, wie die Beteiligten an das Thema herangehen, sondern auch, wie mit den "belastenden Namen" umzugehen sein könnte. Darunter fällt der Name

  • Hans Kloepfer: Der Arzt und weststeirische Mundartdichter war NSDAP-Mitglied. Über ihn heißt es (u.a.): "Den von ihm lang ersehnten 'Anschluss' Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 hieß Kloepfer mit dem Gedicht Steirischer Bergbauerngruß willkommen und für die sogenannte Volksabstimmung über den bereits vollzogenen Anschluss an das Deutsche Reich am 10. April 1938 rief er die steirischen Bauern mit dem propagandistischen Wahlaufruf Warum der Leitenbaucher ‚Ja‘ sagt, Bauern dazu auf, mit 'Ja' zum 'Anschluss' zu stimmen. Im September 1938 war er Ehrengast auf dem Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg. In der Folge wurden seine Werke mehrfach aufgelegt und vom NS-Regime gefördert." ("Dunkle Flecken beim Erinnern in Kapfenberg NS-belastete Straßen und Ehrungen Schlussbericht", Heimo Halbrainer, S. 34). 

oder

Unterschiedlichen historischen Persönlichkeiten sind hierzulande Straßennamen gewidmet. Zusatztafeln helfen, Geschichte zu verstehen. | Foto: Astrid Kompan/Stadt Villach
  • Unterschiedlichen historischen Persönlichkeiten sind hierzulande Straßennamen gewidmet. Zusatztafeln helfen, Geschichte zu verstehen.
  • Foto: Astrid Kompan/Stadt Villach
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  • Ottokar Kernstock: Der Priester und Schriftsteller war zwar nirgendwo Mitglied, so die aktuelle Erkenntnis, doch seine Person steht mit der NS-Ideologie in Zusammenhang. Über ihn heißt es (u.a.): "Da Kernstock Verfasser des 1923 für die Ortsgruppe der Nationalsozialisten von Fürstenfeld geschriebenen Hakenkreuzliedes ist, wird er immer wieder auch als 'Nazi-Dichter' bezeichnet. [...] Die Nationalsozialisten, die von Beginn an offen rassistische, antisemitische, antidemokratische und kriegsverherrlichende Inhalte vertraten, verwendeten das Hakenkreuzlied in der Folge beispielsweise unter anderem im Wahlkampf in den sudetendeutschen Gebieten der Tschechoslowakei. [...] Kernstock war kein Nationalsozialist im Sinne eines Parteimitglieds. In seinen Werken kann eine bestimmte Nähe zu Teilen des nationalsozialistischen Gedankenguts allerdings nicht bestritten werden." (ebda, S. 59ff.)

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