Medizin oder Mythos
Was du über die 10.000 Schritte-Regel wissen solltest

Mit regelmäßiger Bewegung sinkt das Risiko für Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Diabetes. Wie viele Schritte täglich nötig sind, um diese Gesundheitseffekte herbeizuführen, ist Gegenstand wissenschaftlicher Studien. | Foto: Pixabay
3Bilder
  • Mit regelmäßiger Bewegung sinkt das Risiko für Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Diabetes. Wie viele Schritte täglich nötig sind, um diese Gesundheitseffekte herbeizuführen, ist Gegenstand wissenschaftlicher Studien.
  • Foto: Pixabay
  • hochgeladen von Martina Schweiggl

Regelmäßige Bewegung dient der körperlichen und geistigen Gesundheit und kann vor vielen Krankheiten schützen. Doch müssen es für einen maximalen Gesundheitsnutzen 10.000 Schritte pro Tag sein? Mireille van Poppel, Professorin am Institut für Bewegungswissenschaften in Graz und internationale Public Health Expertin, klärt über die "magische" Fitness-Marke auf. 

STEIERMARK/GRAZ. 10.000 Schritte sollst du gehen: Egal ob bei Team-Challenges oder im Einzeltraining - die 10.000 Schritte-Marke hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte als Maßstab und Ausdruck eines gesunden Lebensstils etabliert. Aber müssen es wirklich 10.000 Schritte sein, oder zählt doch jeder einzelne Schritt?

Risiko für Herzkrankheiten reduzieren

"Die 10.000 Schritte-Marke geht wahrscheinlich auf einen der frühen wissenschaftlichen Pedometer aus den 60er-Jahren zurück. Damals wurde angenommen, dass diese Menge erreicht werden soll, um das Risiko für koronare Herzkrankheiten zu reduzieren", legt Mireille van Poppel, Professorin am Institut für Bewegungswissenschaften, Sport und Gesundheit der Karl-Franzens-Universität Graz dar. Heute wisse man jedoch, dass positive Gesundheitseffekte bereits deutlich früher eintreten, nämlich bei jedem weiteren Schritt pro Tag. 

Mireille van Poppel ist Vizerektorin für Internationalisierung und Gleichstellung an der Karl-Franzens-Universität Graz und als Professorin am Institut für Bewegungswissenschaften, Sport und Gesundheit tätig. | Foto: Uni Graz/Tzivanopoulos
  • Mireille van Poppel ist Vizerektorin für Internationalisierung und Gleichstellung an der Karl-Franzens-Universität Graz und als Professorin am Institut für Bewegungswissenschaften, Sport und Gesundheit tätig.
  • Foto: Uni Graz/Tzivanopoulos
  • hochgeladen von Martina Schweiggl

Keine Mindestzahl: Jeder Schritt zählt

"Das Programm '10.000 Steps a day", welches in Queensland (Australien) zwischen 2001 und 2003 durchgeführt wurde, war eines der ersten großen Interventionsprogramme, um die körperliche Aktivität auf Bevölkerungsebene zu fördern", gibt Mireille van Poppel weitere Einblicke in eines ihrer Forschungsfelder.

Neben dem Leitmotiv "10.000 Steps a day" habe es ein weiteres zentrales Motiv gegeben: "Every Step Counts". Damit werde auch deutlich, dass Gesundheitseffekte kontinuierlich mit jedem weiteren Schritt zunehmen. "Es gibt daher keinen Mindestwert, der erreicht werden muss", stellt die in den Niederlanden geborene medizinische Biologin klar. 

"Die 10.000 Schritte sollen nicht als tägliches Mindestziel angesehen werden, welches unbedingt erreicht werden muss. Dies wäre zu fordernd und auch nicht immer in den Alltag integrierbar. Neue, groß angelegte Studien zeigen, dass bereits mit wenigen Schritten erhebliche Vorteile für die Gesundheit herbeigeführt werden können." 
Mireille van Poppel, Karl-Franzens-Universität Graz

Mehr Schritte, geringeres Sterberisiko

So präsentiere z.B. auch eine neu erschienene Meta-Analyse mit fast 50.000 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, dass eine höhere Anzahl an Schritten pro Tag mit einem fortschreitend niedrigeren Risiko der Gesamtmortalität verbunden ist. "Das Sterberisiko war bei Erwachsenen ab 60 Jahren bis etwa 6.000 bis 8.000 Schritte pro Tag und bei Erwachsenen unter 60 Jahren bis etwa 8.000 bis 10.000 Schritte pro Tag progressiv niedriger", informiert van Poppel.

10.000 Schritte pro Tag: Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass ältere Menschen bereits mit weniger Schritten ihren maximalen Gesundheitsnutzen erreichen. | Foto: Pixabay
  • 10.000 Schritte pro Tag: Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass ältere Menschen bereits mit weniger Schritten ihren maximalen Gesundheitsnutzen erreichen.
  • Foto: Pixabay
  • hochgeladen von Martina Schweiggl

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Nutzen für die Sterblichkeit, insbesondere bei älteren Erwachsenen, schon bei einer geringeren Schrittzahl als der weit verbreiteten Referenz von 10.000 Schritten pro Tag zu beobachten ist, so die Wissenschafterin. Ältere Erwachsene erreichen also bereits mit weniger Schritten ihren maximalen Gesundheitsnutzen. Kinder und Jugendliche können jedoch durchaus mehr als 10.000 Schritte pro Tag anstreben, um ihren Gesundheitsnutzen zu maximieren.

Andere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine größere Anzahl von Schritten pro Tag (bis zu etwa 10.000) mit einem geringeren Risiko für die Gesamtmortalität, für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für die Inzidenz von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sein könnte. Zudem könnte eine höhere Schrittintensität (höhere Gehgeschwindigkeit) zusätzliche Vorteile bieten. Gehen und andere Formen der körperlichen Aktivität tun darüber hinaus unserer psychischen Gesundheit gut. Studien belegen positive Effekte auf das Wohlbefinden, die Selbstwirksamkeit, das Stressempfinden und das Ausmaß an depressiven Verstimmungen.

20.000 Schritte am Tag? 

Und was "passiert", wenn man jeden Tag 20.000 Schritte geht? "Der Gesundheitsnutzen hat ab 10.000 Schritten eine Sättigung", informiert van Poppel.
Das heißt: Mehr als 10.000 Schritte pro Tag sind zwar immer noch zusätzlich positiv für die Gesundheit, die ersten 5.000 bis 7.000 - im Vergleich zu gar keiner körperlichen Bewegung - aber mit Abstand die wichtigsten. 

Diese Beiträge könnten dich ebenso interessieren: 

Nun geht‘s vom Schlemmen zum Verzichten
Die billigsten Tankstellen in der Steiermark
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.