Milchkühe töten für das Klima
"Bei uns nicht notwendig und nicht sinnvoll"

In Irland wird überlegt, Milchkühe für den Klimaschutz zu töten. Bei uns sind Wiederkäuer und Klimaschutz kein Widerspruch, ist Thomas Guggenberger überzeugt.  | Foto: HBLFA Raumberg-Gumpenstein
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  • In Irland wird überlegt, Milchkühe für den Klimaschutz zu töten. Bei uns sind Wiederkäuer und Klimaschutz kein Widerspruch, ist Thomas Guggenberger überzeugt.
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Irland überlegt, seinen Viehbestand drastisch zu reduzieren und argumentiert dies mit dem Klimaschutz. Nutztierexperte Thomas Guggenberger ist überzeugt, dass eine derartige Maßnahme bei uns nicht zielführend ist. 

STEIERMARK. Eine Meldung aus Irland sorgte kürzlich für Aufsehen: Die Regierung ziehe in Erwägung, den Viehbestand drastisch zu reduzieren. Konkret werde überlegt, bis zu 200.000 Milchkühe zu töten – und das für den Klimaschutz. Warum eine solch drastische Maßnahme hierzulande "nicht notwendig und auch nicht sinnvoll sind" und warum Wiederkäuer und Klimaschutz kein Widerspruch ist, das erläutert Thomas Guggenberger von der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft (HBLFA) Raumberg-Gumpenstein. 

"Ein guter Deal"

Betrachtet man Österreich von oben, so sieht man reichlich Grün: "Meistens sehen wir Wald oder Grünland, im Gebirge auch nackten Felsen in den Tälern und Hügellagen vereinzelt auch Äcker. Nur im Donautal und östlich bzw. südlich der Alpen gibt es große Ackerbaugebiete. Alle Flächen werden von der Land- und Forstwirtschaft bewirtschaftet", führt Guggenberger aus. Die Pflanzen auf den Feldern würden ohne Wasser rund 17 Millionen Tonnen wiegen, womit jede Person in Österreich pro Jahr 18 Tonnen an Pflanzen aus der Landwirtschaft nutzen könnte – pro Tag also rund fünf Kilogramm.

Leider gehe diese "Milchmädchen-Rechnung", wie Guggenberger sie bezeichnet, nicht auf. „61 Prozent der Pflanzenkönnen von Menschen nicht verdaut werden", erklärt der Experte. Seit dem Hochmittelalter wurden mit diesem "Futter" daher Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde gefüttert. Ihre Ausscheidungen wiederum wurden gesammelt, um die Ackerflächen in den Bergregionen fruchtbar zu machen. 

"Wenn wir von unseren fünf Kilogramm pflanzlicher Nahrung etwa drei Kilogramm an diese Tiere verfüttern, erhalten wir pro Tag mindestens 35 Gramm Butterfett, 29 Gramm Eiweiß und 29 Gramm Fleisch. Ein guter Deal!"
Thomas Guggenberger, Nutztierexperte der HBLFA

Wiederkäuer wegen des Klimaschutzes zu töten hält Thomas Guggenberger für falsch, unter anderem, weil wir wir die wertvollen Aminosäuren aus der Milch und dem Fleisch brauchen. | Foto: HBLFA Raumberg-Gumpenstein
  • Wiederkäuer wegen des Klimaschutzes zu töten hält Thomas Guggenberger für falsch, unter anderem, weil wir wir die wertvollen Aminosäuren aus der Milch und dem Fleisch brauchen.
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Methan vs. Kohlendioxid

Einen "guten Deal" sehen darin jedoch nicht alle, denn viele Menschen machen sich Sorgen um das Klima. Von Gegnerinnen und Gegnern der Nutztierhaltung wird als zentrales Argument meist das Treibhausgas Methan ins Treffen geführt, das von den Wiederkäuern ausgestoßen wird. "Im Zusammenhang mit der tatsächlichen Wirkung der Verbrennung fossiler Energie fällt diese Sorge schwach aus", attestiert der Nutztierexperte.

Betrachte man die physikalische Wirkung von Methan, sei dieses Gas zwar klimaschädlicher als etwa Kohlendioxid (CO2), bestätigt Guggenberger. "Doch wenn wir zur Wirksamkeit von Methan noch seine Kurzlebigkeit hinzufügen, sehen wir plötzlich, dass die Gesamtwirkung so lange gleichbleibt, solange die Futtermenge gleichbleibt", erläutert der Nutztierexperte. Methan könne im Gegensatz zu CO2 in der Atmosphäre verlässlich oxidiert werden. Zudem sei die absolute Menge innerhalb der österreichischen Grenzen seit 1880 gesunken. 

Sollten wir zukünftig weniger oder keine Nahrung von den Wiederkäuern erhalten, müsste das Ackerland kräftig intensiviert werden und das wiederum würde mehr zur Klimaerwärmung beitragen als die Methan-Emissionen der Wiederkäuer.  | Foto: HBLFA Raumberg-Gumpenstein/T. Guggenberger
  • Sollten wir zukünftig weniger oder keine Nahrung von den Wiederkäuern erhalten, müsste das Ackerland kräftig intensiviert werden und das wiederum würde mehr zur Klimaerwärmung beitragen als die Methan-Emissionen der Wiederkäuer.
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Intensivierung der Landwirtschaft weit schädlicher

Wenn wir uns trotzdem dazu entscheiden sollten, weniger oder keine Nahrung mehr von Wiederkäuern zu erhalten, müssten wir laut Guggenberger das Ackerland kräftig intensivieren. Dies wiederum würde viel CO2 aus dem Boden freisetzen und eine Menge an mineralischen Düngern benötigen. "Das würde mehr zur Klimaerwärmung beitragen als die Methan-Emissionen der Wiederkäuer ausmachen", ist der Experte überzeugt.

Sollten wir trotzdem handeln und auch diese Restwirkung zu senken? "Ja, aber dafür brauchen wir keine Wiederkäuer töten", meint dazu Guggenberger. Wie jeder andere Sektor habe auch die Landwirtschaft bessere Optionen. Am Wichtigsten sei es, alle die Emissionen aus fossiler Energie so rasch wie möglich stoppen. Sie seien der wahre Grund für den österreichischen Beitrag zur globalen Klimaerwärmung.

Einen Podcast mit Thomas Guggenberger zu diesem Thema findest du auf der Website der HBLFA

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