Heu, Heu, Heu!!!
Naturschutzverträgliche und biologisch gerechte Wirtschaftsweise im Grünland für Naturschutzbetriebe
Mag. Bernard Wieser
Seit dem heurigen Jahr, 2011, ist unser Verein im Umstellungsprozess auf die biologische Landwirtschaft. Dabei geht es uns nicht um die damit verbundenen Fördermöglichkeiten, welche ohnehin bis 2014 eingefroren wurden, sondern um eine Selbstverständlichkeit für Naturschutzbetriebe, im Einklang mit der Natur ihre Produkte zu produzieren. Die Richtlinien der biologischen Wirtschaftsweise verbieten Handelsdünger und Pestizide am gesamten Betrieb. Schon seit Jahren lassen wir unsere Ackerflächen von einem Biobauern anbauen und bewirtschaften. Unsere Wiesen werden ohnehin nicht gedüngt und wenn, dann nur mit Festmist von Weidetieren von Partnerbetrieben in abgesprochener Form. Auch diese Betriebe sind zum Teil schon in Umstiegsmodalitäten und wir bemühen uns, sie auch davon zu überzeugen. Was nicht von der biologischen Wirtschaftsweise verlangt wird, sind verspätete Mähtermine. Diese naturschutzrelevanten Auflagen werden über verschiedene andere Programme gefördert.
Mehr als 500 Grundstücksbesitzer in unserem Europaschutzgebiet nehmen daran teil. Insgesamt wird eine Fläche von 1200 ha Naturschutzkonform bewirtschaftet. Das sind ca. 3600 einzelne Feldstücke. Beinahe 10 % davon von unserem L.E.i.V.- Betrieb. Das man irgendwann auch mit der Mahd anfangen muss, ist klar. Es werden daher für alle Betriebe, die noch in der Wirtschaft stehen, frühe Termine für die Mahd zugelassen und auch die Düngbarkeit der Flächen mit Widerkäuer- Festmist ist gestattet. Auf früh gemähten Wiesen müssen seit ca. 2006 Altgrasstreifen zurück belassen werden, wenn sie eine Fläche von ca. 0,5 ha überschreiten. In diese können sich Insekten zurückziehen und ihren Entwicklungszyklus zu Ende bringen, ohne durch die Mahd eine ca. einmonatige Unterbrechung zu erleben. Untersucht haben wir diese Flächen schon, mit dem Ergebnis, dass sich dort vor allem größere Insektenarten aufhalten, die wiederum Nahrung für die Blauracke bedeuten. Trotzdem hängen die Menge der Insekten und die Artenzusammensetzung sehr vom Nährstoffgehalt und dem Artenreichtum der Wiesengräser und Wiesenkräuter ab. Auch die Strukturen auf den Wiesen und die Ränder der Bewirtschaftungsflächen sind wesentlich für den Artenreichtum. Dort leben seit Jahrhunderten relativ ungestört, heute noch sehr seltene Pflanzen und Tiere. Erst durch die Grundzusammenlegungen verschwinden diese wertvollen Habitate und das bedeutet auch das Ende für viele Vogelarten, wie die Blauracke, das Rebhuhn oder den Neuntöter.
Wann sollte nun gemäht werden? Unsere Wiesen sind zum Großteil von Natur aus 2mähdig. Damit man also 2x mähen kann und nicht zu spät in den Herbst hinein kommt, weil da die Tagestemperaturen für das Abheuen nicht mehr passen, muss man die erste Mahd so legen, dass sie mit dem Reifezeitpunkt der Wiesen zusammentrifft. Der ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. In den letzten 10 Jahren ist man davon abgegangen, fixe kalendarische Erntezeitpunkte vorzuschreiben, wie z. B.: den 15. Juni, weil der Erntereifezeitpunkt für die Südoststeiermark oder z. B.: für das Hartberger Gebiet ein völlig anderer ist. Man hat sich auf die Holunderblüte verlegt, weil diese sich an die Jahrestemperatur besser anpasst, als die meisten Pflanzen. Heuer war Holunder schon um den 20. Mai in Vollblüte und auch die Gräser waren zu diesem Zeitpunkt großteils reif. Natürlich reagieren nicht alle Pflanzen gleich auf die Jahrestemperatur, aber ein Großteil macht das schon und auch die Heumahd ist ab diesem Zeitpunkt möglich. Nachdem sowieso immer weniger Landwirte Heu arbeiten, ist auch die Gefahr nicht so groß, dass alle Wiesen auf einmal gemäht werden. Übrig und meist sehr spät gemäht bleiben die schwierigen Hangflächen. Für die Jägerei ist die frühe Mahd ein großes Problem. Die Rehe, Hasen und Fasane setzen, bzw. legen ihr Brut zu diesem Zeitpunkt ab. Eine Verständigung der Jäger einen Tag vor der Mahd macht es zu mindest möglich, dass sich diese um ein Vertreiben der Tiere aus den zu mähenden Flächen kümmern können. Natürlich sind auch die Jäger gefordert, zu den Wiesenbewirtschaftern Kontakt auf zu nehmen und ihr Anliegen dar zu bringen. Nur im guten Einverständnis kann es funktionieren.
Das Heu wird leider regional kaum mehr benötigt, weil die großen Viehbetriebe fast alle in der Ober- oder Weststeiermark liegen und auch die Molkereien abgewandert sind. Also sind oft weite Transporte für das Heu notwendig. Diese sind nur finanzierbar, wenn genug Heu auf einen Transporter kommt. Für Transporte über 20 Kilometer hinaus müssen schon einmal mindestens 10 Tonnen Heu verpackt werden, sonst wird das Heu zu teuer. Gutes Heu entsteht auf Wiesen, die im Frühjahr auch schon einer Pflegemaßnahme unterzogen werden. Die Erdhügel, welche von Maulwürfen aufgeworfen werden, müssen vor dem Anwachsen des Grases noch eingeebnet werden. Dies zerstört keine Tiere oder Pflanzen, aber es ist äußerst notwenig für ein hygienisch einwandfreies Heu.
Im Vorjahr gemulchte Wiesenflächen sind für Heu nicht zu gebrauchen und sollten vorerst einmal einer Kompostierung zugeführt werden. Erst der nächste Aufwuchs ist wieder einigermaßen ansprechend. Wir müssen uns um die Bewirtschaftung der Wiesenflächen auch in den Gebieten kümmern, in denen Viehwirtschaft keine große Rolle mehr spielt. Es geht um die genetische Artenvielfalt und um die Zukunft. Denn wer kann sagen, ob wir nicht einmal wieder zurück in Richtung Grünlandbewirtschaftung gehen werden, wenn Erdöl nicht mehr leistbar ist.
Wir wünschen noch allen Beteiligten viel Glück bei der heurigen Wiesenmahd und ein gutes Heu. Die Nachfrage ist heuer aufgrund der Trockenheit hoch wie schon lange nicht mehr, und ein guter Preis ist dafür auch zu erzielen.
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