Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrechte
Innsbrucker Hobbyfotograf unter Druck

Christian Niederwolfsgruber: Er fotografiert bei jeder Demo, bei etlichen Lesungen, Konzerten und Ausstellungseröffnung. Wo er nur kann, ist er mit seiner Kamera dabei. Jetzt flatterte ihm die Aufforderung einer Schadenszahlung ins Haus. Das erste Mal seit seiner 40-jährigen Tätigkeit als Hobbyfotograf.
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  • Christian Niederwolfsgruber: Er fotografiert bei jeder Demo, bei etlichen Lesungen, Konzerten und Ausstellungseröffnung. Wo er nur kann, ist er mit seiner Kamera dabei. Jetzt flatterte ihm die Aufforderung einer Schadenszahlung ins Haus. Das erste Mal seit seiner 40-jährigen Tätigkeit als Hobbyfotograf.
  • hochgeladen von Agnes Czingulszki (acz)

Ein Foto von einer Demo wurde für den Innsbrucker Christian Niederwolfsgruber zum Verhängnis.

INNSBRUCK. In einer Hand die Kamera, in der anderen die Tschick: Christian Niederwolfsgruber kennt man in Innsbruck nur so. Er geht auf Konzerte, Demonstrationen, Lesungen und anderen öffentlichen Kundgebungen, die er mit seiner Kamera dokumentiert und in einem Google-Fotos-Ordner veröffentlicht. Er ist eine Art Chronist der Stadt, der wöchentlich mehrmals Veranstaltungen besucht. Kein Geheimnis außerdem, dass er auch ein "Linker" ist. Nun wurde ihm die unangekündigte #freesugar-Demo vom 29. Juni vor der Polizeidirektion in Innsbruck zum Verhängnis. Hier demonstrierten zirka fünfzig Personen gegen die Schubhaft eines nigerianischen Flüchtlings. Wegen eines Bildes, das er von der Demo, die sich dann weiter Richtung Marktgraben bewegte, machte, bekam er eine Zahlungsaufforderung von Rechstanwalt und Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Niewo, wie Niederwolfsgruber er Gemeinhin genannt wird, habe die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten – einem Polizisten in Zivil – verletzt und wurde nun zu einer Strafzahlung von 2.250 Euro aufgefordert. 

"Ist mir in vierzig Jahren noch nie vorgekommen"

Niewo erklärt bei einem Treffen mit dem Stadblatt: "In den vierzig Jahren, in denen ich fotografiere, ist mir das noch nie passiert." Er führt es auf die verschärfte Datenschutzgrundverordnung und das darin verankerte Recht auf das eigene Bild zurück, das die Zeiten nun heikler geworden sind. "Im Grunde genommen kann ich so gar niemanden mehr fotografieren", meint er etwas bitter. Als er den Brief von Abwerzger öffnete, war er total überrascht und löschte das Bild sofort. Seither ist er in Gesprächen mit seinen Rechtsanwälten. "Die einen sagen, es ist ein sehr komplexer und komplizierter Fall, die anderen, dass ich ganz klar nichts zu fürchten habe, da das Foto im Sinne einer Veranstaltung dokumentiert worden ist, die im öffentlichen Interesse steht." Trotzdem will Niewo nicht den großen Helden spielen. Ihm wäre ein außergerichtlicher Vergleich am liebsten. Auch, wenn verschiedene Parteien und Privatpersonen ihm versichert haben, ihn finanziell zu unterstützen, falls es vor Gericht gehen wird. "Aber gegen die Polizei zu klagen... Das ist ein großes finanzielles Risiko und kostet Nerven." 

Eine Rechtstreitsfrage

Auf Anfrage bei der Polizei wird dem STADTBLATT mitgeteilt, dass das Filmen und Fotografieren von offiziellen Handlungen der Polizisten nicht dezidiert verboten ist. Da die einzelnen Polizisten aber auch ein Recht auf das eigene Bild haben, ist die Veröffentlichung eines Lichtbildes im Urheberrechtsgesetz verankert, das besagt, dass der Veröffentlicher eine Einwilligung der Person benötigt. Der gegebene Polizist hat die Schadensersatzforderung allerdings nicht als Beamter, sondern als Privatperson getätigt. Generell, erklärt die Pressestelle, ist die Tendenz PolizistInnen bei Amtshandlungen im öffentlichen Raum zu filmen steigend.
Eine Rechtsstreitsfrage, die bei Niewo eines jetzt schon erreicht hat: "Klar, es wird nicht mehr sein wie bisher. Eine Art Selbstzensur wird es bei mir künftig sicherlich geben"

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